Thema steht laut Vatikan aber derzeit nicht zur Debatte

Kurienkardinal: Zölibat kein Dogma

Der Vatikan hat Spekulationen über eine Aufhebung des Zölibats zurückgewiesen. Kurienkardinal Claudio Hummes betonte am Montag in einer offiziellen Vatikan-Erklärung, die Ehelosigkeitspflicht für katholische Priester stehe nicht auf der Tagesordnung der Kirchenleitung. Zuvor hatte er in einem Zeitungsinterview betont, der Zölibat sei kein Dogma. Die Kirche könne sich in wichtigen Fragen verändern, wenn dies nötig sei. Der Ende Oktober zum Klerus-Chef ernannte 72-jährige Franziskaner übernimmt im Vatikan künftig die Verantwortung für weltweit 270.000 Diözesanpriester.

 (DR)

Hummes präzisierte nun, bei der Weltsynode der Bischöfe im Oktober 2005 habe die Mehrzahl der Teilnehmer die Auffassung vertreten, dass eine Lockerung des Zölibats keine Lösung für den Priestermangel wäre. Dessen Ursache lägen vor allem in der säkularisierten Gegenwartskultur. Das zeige auch die Erfahrung anderer christlicher Konfessionen, die verheiratete Priester oder Pfarrer zuließen.

Nicht Dogma, sondern Disziplinarnorm
Hummes betonte weiter, in der Kirche sei immer klar gewesen, dass es sich bei der Verpflichtung zur Ehelosigkeit für Priester nicht um ein Dogma, sondern um eine Disziplinarnorm handele. Diese gelte für die lateinische Kirche, aber nicht für die katholischen Ostkirchen, wo es verheiratete Priester gibt. Ebenso sei aber klar, dass sich der Zölibat auf eine alte Tradition sowie gewichtige theologisch-spirituelle und praktisch-pastorale Gründe stütze.

Hummes warnte im Interview mit der brasilianischen Zeitung "Estado de Sao Paulo" vor voreiligen Entscheidungen. Eine Aufgabe des Zölibats angesichts des Priestermangels sei kein einfacher Schritt, über den schnell entschieden werden könne. Zunächst müsse die Kirche darüber diskutieren, ob es grundsätzlich notwendig ist, die Fragen der Ehelosigkeit neu zu regeln.

Der Kardinal erinnerte auch daran, dass der Zölibat nicht von Anfang an kirchliche Vorschrift gewesen sei, sondern erst später üblich wurde. Auch mehrere Apostel seien verheiratet gewesen. Zugleich betonte Hummes, dass Männer und Frauen, die sich zur Ehelosigkeit verpflichtet haben, zentral zur "katholischen Geschichte und Kultur" gehörten.

Vatikan-Jurist Herranz erwartet keine Änderung
Der vatikanische "Justizminister" Kardinal Julian Herranz zeigte sich dagegen davon überzeugt, dass auch eine neue Debatte nichts am Zölibat für katholische Priester ändern werde. "Er ist immer wieder diskutiert worden, aber man ist stets zu dem Schluss gekommen, ihn zu erhalten", so der Präsident des Päpstlichen Rates für die Interpretation von Gesetzestexten im Interview der italienischen Tageszeitung "Il Giornale" (Montag).

Auch Herranz betonte in dem Interview, das Priesteramt verlange nicht von seiner Natur her eine ehelose Lebensform. Das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) habe aber die "Angemessenheit"
des Zölibats für römisch-katholische Priester bekräftigt. Dabei gehe es um die Nachahmung Christi, um die uneingeschränkte Hingabe für den kirchlichen Dienst. Der Zölibat bedeute keineswegs die Verleugnung einer menschlichen Seite. Der Sexualtrieb werde "sublimiert" und der Eros in eine andere Form von Liebe "transformiert", sagte der Kirchenjurist und Psychiater.