Weihbischof Koch beklagt "Elend" der Debatte

Strahlkraft des Zölibats

Der Kölner Weihbischof Heiner Koch hat davor gewarnt, den Zölibat als "Disziplinierungsinstrument" misszuverstehen. Eine solche "falsche Betonung" verdecke die "geistige Strahlkraft" des Zölibats, sagte er der "Rheinischen Post". Auch der Regensburger Bischof Gerhard Müller hatte erklärt, die Bischöfe sollten sich um tiefere Einsicht in die spirituelle Dimension der zölibatären Lebensform bemühen. Von einer Aufhebung des Zölibat brauche man nicht auszugehen, so Müller weiter.

 (DR)

Weihbischof Heiner Koch beklagt das "Elend einer spezifisch deutschen Zölibats-Diskussion", in der die Pflicht zur Ehelosigkeit hauptsächlich als Instrument der Disziplinierung römisch-katholischer Geistlicher gesehen werde. Dagegen habe der Zölibat einen großen Zeugnischarakter dafür, dass "wir an einen persönlichen Gott und seine Liebe glauben, der ein menschliches Leben erfüllen kann", so der Weihbischof. Durch eine falsche Sichtweise vom Zölibat würden Menschen jedoch nicht begeistert, diese Lebensform als Priester und Ordensleute zu leben.

Der Regensburger Bischof Gerhard Müller hatte sich am Montag entschieden gegen Spekulationen um eine mögliche Abkehr der katholischen Kirche vom Priesterzölibat gewandt. Von einer Aufhebung des Zölibats brauche man "weder jetzt noch in Zukunft" auszugehen, erklärte Müller am Montag in Regensburg. Das sei und bleibe die Linie der katholischen Kirche entsprechend dem Zweiten Vatikanischen Konzil.

Müller und Weihbischof Koch reagierten damit auf ein am Sonntag veröffentlichtes Interview, das der neue Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" gegeben hatte.
Zollitsch hatte darin gesagt, die Verbindung zwischen Priestertum und Ehelosigkeit sei theologisch nicht notwendig. Zu dem Spiegel-Gespräch merkte Müller an, in einem "schnellen Interview" habe zum Thema Priestertum und Zölibat nicht alles so differenziert gesagt werden können, "wie es theologischen Ansprüchen genügt".

Bischof Müller äußerte zugleich seine Wertschätzung gegenüber den verheirateten Priestern, die es in den Ostkirchen legitimerweise gebe. Dennoch halte die römisch-katholische Kirche an der Verbindung Priesteramt und "ehelosem keuschen Lebens um des Himmelsreiches willen" fest. Wörtlich heißt es in Müllers Presseerklärung: "Statt einer Neuauflage alter Zölibatsdebatten, bei denen alles schon einmal und von allen gesagt worden ist, werden wir uns als Bischöfe verstärkt um die Weckung von Priesterberufungen und die tiefere Einsicht in die spirituelle Dimension der zölibatären Lebensform bemühen."

Müller ist neben dem ehemaligen Vorsitzenden Kardinal Karl Lehmann einer der profiliertesten Theologen unter den deutschen Bischöfen. Papst Benedikt XVI. hat ihn am 20. Dezember 2007 in die Römische Glaubenskongregation berufen.

Christus nachahmen
Aus Sicht des vatikanischen Lehramts sprechen bedeutende Gründe für die Beibehaltung der Zölibatsvorschrift, auch wenn die Verpflichtung zur Ehelosigkeit theologisch in einer anderen Kategorie anzusiedeln ist als Lehraussagen über Christus oder das Wesen der Kirche.
Kurienkardinal Claudio Hummes, Leiter der Kleruskongregation hatte diese Gründe vor einem Jahr erläutert. Der Priester solle mit seinem Eheverzicht Christus nachahmen, der ebenfalls unverheiratet blieb. Der Zölibat symbolisiere die Hingabe an Christus als dem "mystischen Bräutigam der Kirche". Schließlich gehe es um die Enthaltsamkeit "um des Himmelreichs willen", also den Verweis auf eine kommende Welt, in der Zeugung und Tod aufgehoben sein sollen, so der Kardinal Hummes im Dezember 2006.

Nachwuchssorgen durch den Zölibat?
Ferner führen Theologen praktisch-pastorale Argumente an: Dazu zählen die 100-prozentige Verfügbarkeit eines Priesters für seinen Dienst, leichtere Versetzbarkeit oder auch eine sichtbares Zeichen dafür, dass seelsorgliche Beziehungen nicht weiter führen dürfen. Eine Aufhebung des Zölibats wäre nach Auffassung des Vatikan auch kein Weg, um die dringend benötigten Neupriester zu gewinnen. In den Konfessionen, die verheiratete Pfarrer kennen, sehe es nicht besser aus, heißt es. Das Problem liege nicht im Eheverbot, sondern in der allgemeinen Entchristlichung der Gesellschaft.

Das gilt zumindest für die evangelische Kirche in Deutschland nicht.
120 Pfarrer und Pfarrerinnen im Wartestand zählt allein die evangelische Kirche im Rheinland. Eine ganze Generation von angehenden Pfarrerinnen und Pfarrern drohe unbeschäftigt zu bleiben, heißt es in einer Presseerklärung vom Januar 2008.

Das Erzbistum Köln dagegen, plant zur Zeit gravierende Umstrukturierungen, um dem kommenden Priestermangel begegnen zu können.

Die Zölibatsvorschrift
Die Zölibatsvorschrift, die ihre endgültige Gestalt erst unter Papst Innozenz III. (1198-1216) fand und die auch innerhalb der katholischen Kirche nur für den römischen Klerus, aber nicht für die katholischen Ostkirchen gilt, ist kein Dogmar sondern eine Disziplinarnorm. Wie andere Kirchenrechtsvorschriften kann sie grundsätzlich geändert werden. Grundsätzlich, denn in der lehramtlichen Praxis bedingt das Gewicht einer Jahrhunderte alten Tradition immer auch eine viele Generationen überdauernde Trägheit gegenüber Veränderungen.

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