Zwei Wochen Sozialproteste in Ecuador

Kirche ruft zu Dialog auf

Mit einer Spritpreissenkung versucht Ecuadors konservativer Präsident Lasso auf die Forderungen von Demonstranten einzugehen. Die Opposition dringt auf seine Amtsenthebung; die Kirche ruft zu Dialog auf.

Autor/in:
Tobias Käufer
Proteste in Ecuador / © Dolores Ochoa/AP (dpa)
Proteste in Ecuador / © Dolores Ochoa/AP ( dpa )

Ecuadors Präsident Guillermo Lasso hat als Reaktion auf die seit zwei Wochen anhaltenden Proteste des Indigenen-Verbandes CONAIE eine Reduzierung des Spritpreises um zehn Dollar-Cent angekündigt. Das wäre etwa ein Preisrückgang von vier Prozent. Die Preise für Benzin pro Gallone (umgerechnet 3,78 Liter) würden von 2,55 auf 2,45 Dollar (2,41 Euro) sinken, für Diesel von derzeit 1,90 auf 1,80 Dollar (1,70 Euro), berichtet die Zeitung "El Comercio".

Guillermo Lasso, Präsident von Ecuador / © Presidencia Ecuador (dpa)
Guillermo Lasso, Präsident von Ecuador / © Presidencia Ecuador ( dpa )

In einer am Sonntagabend ausgestrahlten Ansprache erklärte Lasso, der Staat werde mit aller Härte des Gesetzes jene Kräfte bestrafen, die mit Gewalt die Demokratie im Land außer Kraft setzen wollten. Er sei im Dialog mit vielen Vertretern von Zivilgesellschaft, Kommunen, indigenen Organisationen und Kirche. "Sie alle teilen die gleiche Botschaft: Wir müssen zur Normalität zurückkehren; wir müssen Gewalt verbannen; wir wollen arbeiten; wir wollen reisen und in Frieden leben", so Lasso. Die Indigenen-Organisation CONAEI teilte via Twitter mit, der Streik werde fortgesetzt. Die Delegation bleibe in Quito, bis ihre zehn Forderungen erfüllt werden.

Parlament diskutiert über Amtsenthebung

Unterdessen debattiert das Parlament seit dem Wochenende über einen Antrag der linksgerichteten Opposition, die eine Amtsenthebung Lassos anstrebt. Der sozialistische Ex-Präsident Rafael Correa forderte Lasso auf, vorgezogene Neuwahlen auszurufen. Lasso wirft dem in Belgien lebenden Correa wiederum vor, mit Hilfe der CONAEI-Führung einen Putsch in Ecuador anzustreben und sich einem in Ecuador drohenden Korruptionsprozess entziehen zu wollen.

Bei den Protesten, zu denen der Indigenen-Verband CONAEI aufgerufen hatte, kam es zu teils gewaltsamen Zusammenstößen mit der Polizei.

Proteste in Ecuador

Zu den gewalttätigen Protesten indigener Gruppen gegen soziale Missstände in Ecuador und der Verhängung des Ausnahmezustands in dem südamerikanischen Land schreibt die spanische Zeitung "El País" am 23. Juni 2022:

Indigene Demonstranten protestieren gegen die Regierung von Präsident Lasso in Quito / © Rafael Rodríguez (dpa)
Indigene Demonstranten protestieren gegen die Regierung von Präsident Lasso in Quito / © Rafael Rodríguez ( dpa )

Menschenrechtsorganisationen wie Human Rights Watch und Amnesty International kritisierten das Vorgehen der Sicherheitskräfte und warfen der Polizei unverhältnismäßige Gewalt vor. Umgekehrt behauptet auch die Regierung, die Demonstranten setzten gezielt Gewalt ein, um Chaos zu stiften.

Der Indigenen-Verband fordert neben einer Reaktion auf die hohen Spritpreise auch eine Zahlungspause für Bankkredite von Kleinbauern, eine Preiskontrolle für Agrarprodukte, mehr Arbeitsplätze, die Aussetzung von Bergbaukonzessionen in indigenen Gebieten und mehr Investitionen für Gesundheit, Bildung und Sicherheit. Insgesamt legte CONBAIE der Regierung einen Forderungskatalog von zehn Punkten vor.

Papst nimmt Stellung

Auch Papst Franziskus nahm am Wochenende im Rom zur Lage in Ecuador Stellung. "Ich bin dem Volk nahe und ermutige alle Parteien, Gewalt und extreme Positionen aufzugeben", so Franziskus. Nur durch Dialog könne sozialer Frieden geschaffen werden, mit besonderem Augenmerk auf die benachteiligten Bevölkerungsschichten. Es müssten immer die die Rechte aller respektiert werden, ebenso die Institutionen des Landes.

Ähnlich äußerte sich der Lateinamerikanische Bischofsrat CELAM: "Dialog ist der intelligenteste und brüderlichste Weg, um Versöhnung und Frieden mit sozialer Gerechtigkeit voranzutreiben." Bei den Sozialprotesten 2019 gegen die damalige Regierung von Präsident Lenin Moreno hatte eine Vermittlung der katholischen Kirche und der UN zu einer Verhandlungslösung geführt.

Der Rektor der Salesianer-Universität, Juan Cardenas, forderte im Interview der Zeitung "El Universo" beide Parteien auf, sich umgehend an einen Tisch zu setzen; es sei schon zu viel Zeit verloren gegangen. Ein solcher Dialog müsse durch konkrete Maßnahmen zustande kommen; es sei nicht förderlich, alles in die Länge zu ziehen.

Mehrere kirchliche Hochschulen bieten den indigenen Demonstranten ihren Campus als temporäre Unterkunft an.

Quelle:
KNA