Zeitungsbericht vor Innenminister-Konferenz

Scientology-Verbot wohl vom Tisch

Wenige Tage vor der nächsten Innenminister-Konferenz wird ein Verbotsverfahren gegen die Scientology-Organisation immer unwahrscheinlicher. Nach Medienberichten bietet ein entsprechender Geheimdienst-Bericht wenig Anhaltspunkte für ein Verbot.

 (DR)

Das Lagebild sei lückenhaft, das Prozessrisiko erheblich, und ein Scheitern könne zum Ansehensverlust des Staates führen, schreibt die "Welt am Sonntag" unter Berufung auf das vertrauliche Dossier.

"Wir sind zu dem Ergebnis gekommen, dass ein Verbotsverfahren nicht zielführend ist", sagte der amtierende Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Jörg Schönbohm (CDU), der Zeitung: "Wer ernsthaft glaubt, wir würden von 5.000 Scientologen gefährdet, ist in meinen Augen hasenfüßig." In Deutschland werde ganz generell zu schnell über Vereinsverbote diskutiert.

"Scheinbar karitative und unpolitische Kirche"
Ende letzter Woche hatte das Verwaltungsgericht (VG) Ansbach entschieden, dass Scientology in Bayern ein eingetragener Verein bleibt und damit seine Rechtsfähigkeit behält. Ein Sprecher der Organisation äußerte sich erfreut, dass man auch den letzten zu dieser Frage anhängigen Prozess in Deutschland gewonnen habe. In der Vergangenheit hatten mehrere deutsche Gerichte wie das VG Ansbach entschieden. Scientology darf aber weiter vom Verfassungsschutz beobachtet werden. Eine Klage der Organisation gegen ein entsprechendes Urteil des VG Köln hatte das nordrhein-westfälische Oberverwaltungsgericht im Februar zurückgewiesen.

Nach Einschätzung des baden-württembergischen Verfassungsschutzes geht Scientology immer mehr auf Kinder und Jugendliche zu. Kampagnen und Werbematerial würden zunehmend auf diese Zielgruppe zugeschnitten, heißt es in einem aktualisierten Bericht. Die Darstellung als "scheinbar karitative und unpolitische Kirche" sei nur ein Ablenkungsmanöver, um "über die wahren, extremistischen Ziele hinwegzutäuschen".