Sekten-Aussteiger: Scientology verliert an Führungsmitgliedern

Ein Eisberg schmilzt von oben

Der frühere Scientology-Mitarbeiter Marc Headley sieht einen deutlichen Rückgang von Scientology-Führungsmitgliedern. Bei seinem Ausstieg aus der Organisation 2005 seien es noch rund 500 hochrangige Mitarbeiter gewesen gegenüber 2.000 in früheren Jahren, sagte der US-Amerikaner am Donnerstag vor Journalisten in Hamburg.

 (DR)

Dennoch sei die «Kirche» sehr gefährlich und agiere menschenverachtend. Viele Mitglieder, die aussteigen wollten, unterließen dies aus Angst davor, durch Scientology von ihren Angehörigen isoliert zu werden, erklärte Headley, der in den 15 Jahren seiner Mitgliedschaft eng mit Scientology-Chef David Miscavige zusammenarbeitete.

Headley äußerte sich mit drei weiteren Sekten-Aussteigern zu aktuellen Entwicklungen bei der Organisation in den USA. Das Gespräch fand unter massiven Sicherheitsvorkehrungen statt. Vor dem Gebäude verteilten Scientology-Aktivisten Flugblätter, in denen sie die scientology-kritische Organisation «Anonymous» sowie die Podiumsteilnehmer der Lüge bezichtigten.

«Die letzten zehn Jahre waren die unglücklichsten meines Lebens», erklärte der Hollywoodschauspieler Jason Beghe, der vor wenigen Monaten Scientology verließ. Nachdem er der «Kirche» 800.000 Dollar bezahlt hatte, um «in Ordnung zu bringen, was bei mir nicht richtig war», habe er erkannt, dass das nie geschehen würde. Nach seinem Ausstieg sei er zunächst völlig orientierungslos wie alle Ex-Scientologen gewesen. Er persönlich halte die Organisation für weniger mächtig als sie sich darstelle.

Scientology wolle eine «verfassungsfeindliche Ideologie» weltweit verbreiten, sagte Ursula Caberta, seit 1992 Leiterin der Arbeitsgruppe Scientology der Hamburger Innenbehörde. Laut Gründer L. Ron Hubbard (1911-1986) könne die Organisation nur drei bis fünf Prozent der Menschheit nicht erreichen, da sie psychisch krank seien. Diese sollten in Lager verbracht werden. «Wir in Deutschland wissen ja, was wir von einer solchen Ideologie zu halten haben», so Caberta. Sie wertete es als Erfolg, dass Scientology heute «als neue Form des politischen Extremismus» anerkannt sei und laut einem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster weiter vom Verfassungsschutz beobachtet werden dürfe.