Einige Schweizergardisten steigen wegen Impfpflicht aus

Wo hört der Wille zum "Papstschutz" auf?

Schweizergardisten müssen neuerdings gegen Corona geimpft sein. Ein negativer Testnachweis reicht da nicht. Einigen Schweizergardisten ging das zu weit, sie quittierten ihren Dienst. Ist die Impfung der jungen Männer zu viel verlangt?

Schweizergardisten / © Stefano dal Pozzolo/Romano Siciliani (KNA)
Schweizergardisten / © Stefano dal Pozzolo/Romano Siciliani ( KNA )

DOMRADIO.DE: Die Corona-Pandemie beschäftigt uns schon seit über anderthalb Jahren. Momentan geht es vor allen Dingen um Menschen, die sich nicht impfen lassen möchten, denn vielerorts gilt die 3G-Regelung, also geimpft, genesen oder getestet. Die vatikanischen Richtlinien sehen ähnlich aus, mit Ausnahme der Schweizergardisten. Für diese gelten verschärfte Regeln, quasi eine Impfpflicht, die nun für Kündigungen sorgte. Für Gottesdienst-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer im Vatikan gelten dagegen relativ lockere Regelungen, oder?

Ulrich Nersinger (Vatikan-Experte): Ja, das ist auch in meinen Augen ein kleines Problem oder vielleicht sogar ein größeres Problem. Ich verstehe natürlich, dass man die Gläubigen zu den Gottesdiensten zulassen möchte. Das ist eine ganz natürliche Sache. Aber manchmal denke ich, dass man dort vielleicht auch ein stärkeres Augenmerk auf Sicherheit legen muss.

Ich sehe häufig, dass die Masken nicht richtig sitzen. Darauf muss man hinweisen. Das ist wirklich ein schwieriger Komplex, aber man muss einfach ein Höchstmaß an Sicherheit für die Gläubigen einrichten.

DOMRADIO.DE: Also, es gibt keine 3G-Regelung bei den Gottesdiensten. Wer aber jetzt als Besucher in den Vatikan kommt, muss die 3G Regelung erfüllen. Auch die vatikanischen Mitarbeitenden brauchen den Nachweis, sonst hat das sogar arbeitsrechtliche Konsequenzen.

Nersinger: Das ist eine ganz selbstverständliche und auch eine begrüßenswerte Sache. Die einzige Ausnahme gibt es, wenn jemand aus gesundheitlichen Gründen keine Impfung empfangen kann. Da muss man natürlich Möglichkeiten schaffen, den Betroffenen zu helfen.

Aber generell würde ich sagen, gibt es keine Gründe für einen Katholiken, eine Impfung zu verweigern. Auch bei ethische Begründungen, die man oft vorträgt, was die einzelnen Impfstoffe angeht, haben wir eine ganz klare Aussage der Glaubenskongregation, die von einer Unbedenklichkeit spricht. Da sollte es keine Ausnahme geben, außer bei medizinischen Gründen.

DOMRADIO.DE: Ohne "Green Pass", also ohne ein entsprechendes Impfzertifikat, bekommen die Mitarbeitenden im Vatikan ab dem 1. Oktober keinen Lohn mehr. Die Schweizergarde ist die Armee des Papstes und von den Gardisten wird grundsätzlich schon immer mehr verlangt, oder?

Nersinger: Ja, aber das ist ja im Grunde auch selbstverständlich. Denn man muss erst ein mal bedenken, dass jeder junge Schweizer, der nach Rom kommt, um dem Heiligen Vater zu dienen, das freiwillig macht. Er geht auch freiwillig den Eid ein, den er leistet. Dieser Eid ist ganz klar und unmissverständlich. Er fordert, sich für den Schutz des Papstes einzusetzen. Es ist ja eine Leibwache und ich betone mal das Wörtchen "Leib". Sie muss wirklich den Papst schützen.

In meinen Augen ist das die DNA der Schweizergarde, denn das ist ihr Zweck. Das inkludiert auch, dass man Maßnahmen befürwortet, die zum Schutz des Papstes, der Gardisten selber und der ganzen Umgebung nötig sind. Von daher sehe ich da keine Möglichkeit, warum man das nicht tun soll. Man muss sich einfach radikal dafür entscheiden.

DOMRADIO.DE: Sechs Gardisten sind es, die eine Impfung abgelehnt haben. Drei von ihnen haben freiwillig gekündigt, so die Aussage eines Sprechers. Aber auch die anderen werden dort nicht mehr arbeiten können. Mutet der Vatikan der Schutztruppe an diesem Punkt nicht zu viel zu?

Nersinger: Nein, das ist eine Selbstverständlichkeit. Es ist die Aufgabe der Schweizergarde, den Papst, den Leib des Papstes zu schützen. Da sehe ich eigentlich kein Problem, das zu tun. Es ist ja nicht so, dass die Impfung ein Eingriff in Privilegien oder in Rechte ist, die nicht mit diesem Eid vereinbar sind.

DOMRADIO.DE: Das sehen wahrscheinlich die Impfgegner anders. Beim Thema Impfung scheiden sich ja auch viele Geister. Es wird viel Verschwörerisches verbreitet. Das begegnet einem auch immer wieder im Netz, auch mit religiösen Bezügen.

Nersinger: Das ist eigentlich das wirklich Schlimme und da sehe ich auch Rom, die Bischöfe, die Ordensoberen gefordert. Ich merke das vor allen Dingen bei Priestern, bei denen das Spektrum dieser Impfverweigerung oder der Kämpfe gegen die Impfung schon fast Dimensionen annimmt, die man nicht mehr begreift. Es kommt dermaßen religiöser Unfug dabei heraus, das überschreitet schon die berühmten Aluhut-Träger. Das geht so weit, dass man sagt, Bill Gates würde den Leuten Chips einpflanzen, Dämonenblut habe ich sogar gelesen. Also, der Unfug wird immer größer, man baut apokalyptische Fantasien auf und da muss man handeln.

Ich sehe zum Beispiel einen Weihbischof aus Osteuropa, der eigentlich bei uns gar nichts zu tun hat. Der unterstützt Leute sogar mehr oder weniger dabei, dass sie ihre Arbeit nicht weiter erfüllen. Das sind Sachen, bei denen man einfach eingreifen muss, weil man den Leuten schadet, wenn man sie vom impfen abhält. Leute, die das machen wollen, dürfen nicht von anderen an ihrer Gesundheit gehindert werden. Das kann in meinen Augen bis hin zur unterlassenen Hilfeleistung führen.

Das Interview führte Tobias Fricke.


Vatikanexperte Ulrich Nersinger (EWTN)
Vatikanexperte Ulrich Nersinger / ( EWTN )
Quelle:
DR
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