Wie Don Bosco Mondo in der Ukraine hilft

"Das ganze alltägliche Leben ist lahmgelegt"

Die Salesianer Don Bosco haben 57 Waisenkinder vor den russischen Angriffen gerettet und in die Slowakei gebracht. Wie geht es den Kindern jetzt, wie ist die Lage in der Ukraine und was hilft den dort Betroffenen nun am meisten?

Ukraine, Uzhhorod: Kinder sind in einem Zug während der Evakuierung von Flüchtlingen, die aus ukrainischen Städten unter Beschuss der russischen Armee geflohen sind (dpa)
Ukraine, Uzhhorod: Kinder sind in einem Zug während der Evakuierung von Flüchtlingen, die aus ukrainischen Städten unter Beschuss der russischen Armee geflohen sind / ( dpa )

DOMRADIO.DE: Wir haben es Mitte der Woche bei DOMRADIO.DE gemeldet: 57 Waisenkinder aus der Ukraine wurden von den Salesianern Don Bosco in die Slowakei und damit in Sicherheit gebracht. Wie geht es den Waisenkindern jetzt?

Silvia Cromm (Don Bosco Mondo): Den 57 Kindern geht es gut. Zurzeit ist gerade der Leiter des Hauses in der Slowakei bei ihnen. Die jüngsten Kinder konnten in Familien untergebracht werden, was natürlich eine intensivere Betreuung ermöglicht. 

Es sind fünf Erzieherinnen bei ihnen, die mit ihnen gegangen sind, die auch dafür zum Teil ihre Familien in der Ukraine zurücklassen mussten. Die Kinder sagen, sie sind froh, dass sie in Sicherheit sind. Sie werden auch wieder ruhiger. Aber sie sagen auch, sie warten auf den Frieden, denn sie wollen zurück, sie wollen nach Hause.

Silvia Cromm, Leiterin Programme & Projekte bei Don Bosco Mondo

"Die Kinder fühlen sich in Sicherheit, aber sie wollen eigentlich nach Hause."

DOMRADIO.DE: Haben Sie Informationen darüber, was die Kinder alles erzählt haben?

Cromm: Die Kinder waren sehr traumatisiert, denn sie haben die ersten Nächte in Schutzkellern verbracht. Wir haben damals kurze Videos bekommen, die zeigten, wie sie ihre Sachen packten und dann ganz still und leise in die Keller gehen. Das war sehr, sehr bedrückend.

Jetzt haben die Erzieherinnen gesagt, die Kinder sind bereits wieder deutlich ruhiger und entspannter. Sie fühlen sich in Sicherheit, aber sie wollen eigentlich nach Hause. Sie warten sozusagen darauf, dass ihr Land wieder Frieden bekommt und sie nach Hause können.

Don Bosco Mondo

1980 aus einer kleinen Initiative entstanden, unterstützt der gemeinnützige Verein Don Bosco Mondo Bildungsprojekte der Salesianer Don Boscos und der Don Bosco Schwestern in über 130 Ländern weltweit.

Der Verein unterstützt laut eigenen Angaben weltweite Bildungsprojekte "mit Spenden, Fördermitteln, Stiftungsgeldern, Know How und dem Engagement weitsichtiger Kooperationspartner." Zielgruppe der Förderung sind etwa Straßenkinder, ehemalige Kindersoldaten, misshandelte, ausgebeutete oder kriminalisierte Jugendliche.

Glückliche Kinder / © ESB Professional (shutterstock)

DOMRADIO.DE: Don Bosco Mondo hilft weiter in der Ukraine. Wie denn?

Cromm: Wir sind in der Ukraine an acht Standorten mit Einrichtungen für Kinder und Jugendliche tätig – in Lemberg und Kiew, unter anderem in Dnipro. Und wir nehmen in diesen Einrichtungen jetzt Binnenflüchtlinge auf und versorgen sie. Ein Teil dieser Menschen ist auf der Flucht ins Ausland und nur für einige Tage bei uns. Aber es gibt auch bereits Menschen, die keine Kontakte im Ausland haben, die dann längerfristig in unseren Einrichtungen sind. Wir versorgen diese Menschen mit allem Lebensnotwendigen, aber wir versorgen auch die lokale Bevölkerung an diesen Standorten – soweit das uns möglich ist – mit Medikamenten, Lebensmitteln, Wasser. Und natürlich versuchen wir die Salesianer zu unterstützen.

Wir sind gerade dabei, eine Lieferung von Medikamenten aus Deutschland zu organisieren. Das ist alles logistisch nicht ganz einfach mit den Transporten. Im Moment ist es so, dass man in Lemberg zum Beispiel Lebensmittel noch gut einkaufen kann. Das sieht in Kiew schon ganz anders aus. Die Stadt ist abgeschirmt und da gibt es sehr große Versorgungsengpässe im Moment.

DOMRADIO.DE: Sie sagen, es ist nicht so leicht. Was genau macht die Hilfsaktionen und die Logistik so schwierig?

Cromm: Zum einen ist es so, dass Lebensmittel wie in Kiew sehr schwer erhältlich sind. Dann ist es so, dass die Leute durch die Bombenalarme viel Zeit in den Schutzräumen verbringen. Zudem gibt es Ausgangssperren und das ganz normale wirtschaftliche Leben ist lahmgelegt. Es ist schwierig, irgendetwas zu transportieren. Auch das Bankensystem ist nicht mehr in Betrieb. Wir müssen zum Beispiel die Spendengelder über andere Wege ins Land bringen. Von daher ist das ganze alltägliche Leben im Moment nicht mehr funktionsfähig.

DOMRADIO.DE: Es gibt eine große Solidarität, eine große Hilfsbereitschaft, auch hier in Deutschland. Leute sammeln privat schon alles Mögliche für die Ukraine. Andere sagen, das sei nicht zielführend. Welche Hilfe ist für Sie bei Don Bosco Mondo wirklich zielführend? Was können die Menschen machen?

Silvia Cromm, Leiterin Programme & Projekte bei Don Bosco Mondo

"Ich empfehle eher mit Spenden zu unterstützen, damit man gezielt das beschaffen kann, was die Menschen brauchen."

Cromm: Ich kann bestätigen und das ist das Schöne daran, dass man wirklich eine riesige Solidarität spürt. Die Menschen wollen helfen und etwas tun. Wir empfehlen sehr, tatsächlich mit Spenden zu helfen und wir sind auch wirklich sehr dankbar für jede Spende, die wir jetzt bekommen, um den Menschen in der Ukraine zu helfen. Mit Auslieferungen ist es relativ schwierig. Man muss schon einen Ansprechpartner vor Ort haben und auch sehr genau wissen, was die Leute jetzt brauchen. Denn wenn man gesammelte Sachtransporte irgendwo an die Grenze bringt, funktioniert es häufig nicht, dass diese dann auch wirklich zu den Menschen kommen, die es brauchen könnten.

Also ich empfehle eher mit Spenden zu unterstützen, damit man gezielt das beschaffen kann, und soweit möglich auch noch vor Ort, was die Menschen jetzt brauchen. Wir haben das Glück, dass wir auch in den Nachbarländern überall Partnerorganisationen haben, sodass wir auch dort Mittel beschaffen können und die Logistik an den Grenzen aufbauen. Wir sind jetzt zum Beispiel in Polen dabei, ein Versorgungslager an der Grenze aufzubauen.

Das Interview führte Martin Mölder. 

HINWEIS: Spenden auf der Homepage von Don Bosco Mondo

 

 

Quelle:
DR
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