Gibt es noch irgendwelche Verfahrensfragen, von denen wir nichts wissen? Muss am ersten Abend überhaupt der Rauch aus der Sixtinischen Kapelle kommen? Oder war schlicht und einfach der Ofen kaputt?
All diese Theorien geisterten am immer später werdenden Mittwochabend durch die Besuchermassen auf dem Petersplatz. Nachdem die 133 Papstwähler gegen 16.30 Uhr feierlich in die Sixtinische Kapelle eingezogen sind, wurde ab 19 Uhr das Ergebnis erwartet. Weißer Rauch galt nahezu als ausgeschlossen. Als die Menschen aber nach mehreren Stunden immer noch kein Lebenszeichen der Kardinäle gesehen hatten, gingen die Spekulationen los.
Ging die Predigt zu lange?
Wurde zu lang gepredigt? Der inzwischen zum Kardinal ernannte Raniero Cantalamessa war bis zum Tod von Franziskus Hausprediger des Vatikans. Er war einer der letzten, der die Sixtinische Kapelle vor dem Wahlgang verlassen hat. Obwohl er inzwischen selbst im Kardinalsrang ist, gehört er mit 90 Jahren nicht zu den Papstwählern. Nachdem die Öffentlichkeit mit dem "Extra omnes" der Sixtina verwiesen wurde, wandte er sich in einer Predigt an seine Mitbrüder. Man sagt, dass Cantalamessa durchaus dazu neigt, längere Predigten zu halten.

Ist vielleicht der Schornstein kaputt? Dieser Gedanke scheint durchaus schlüssig, da der Schornstein der Sixtina das letzte Mal vor zwölf Jahren angefeuert wurde, bei der letzten Papstwahl. Der Schornstein ist nicht dauerhaft auf der Kapelle montiert, sondern wird extra für das Konklave eingebaut. Das wurde am vergangenen Freitag von der vatikanischen Feuerwehr durchgeführt, die auch die Funktionstüchtigkeit überprüft hat.
Wurde überhaupt gewählt?
Muss es überhaupt weißen oder schwarzen Rauch geben? Diese Frage haben sich selbst erfahrene Vatikanbeobachter am Mittwochabend gestellt, als die Uhr immer weiter vorrückte. Auch die Menschen auf dem Petersplatz wurden mit den Stunden unruhiger und auch ein wenig frustriert. Klar ist: Wenn keine erfolgreiche Wahl stattfindet, werden die Stimmzettel verbrannt, mit schwarzem Rauch. Wenn der ausbliebe, würde das größere Gründe haben, als nur eine gescheiterte Papstwahl.
Die wahrscheinlichste Variante: Die Abstimmung hat länger gedauert als gedacht. Im Moment findet das größte Konklave der Kirchengeschichte statt. Mit 133 Papstwählern sind es noch mal knapp 20 mehr als 2013. Über 100 von ihnen nehmen zum ersten Mal an einem Konklave teil. Franziskus war es wichtig, mit seinen Kardinalsernennungen auch geografisch "an die Ränder" zu gehen. Das heißt viele Papstwähler kommen aus Regionen, in denen es keine große katholische Tradition gibt. Sprich: Es ist durchaus wahrscheinlich, dass sich einige mit dem Prozedere der Papstwahl im ersten Anlauf etwas schwer getan haben.

Schon beim Einzug und dem Eidsversprechen, das noch live per TV und Internet übertragen wurde, war zu sehen, dass sich einige Kardinäle mit den lateinischen Worten der Eidsformel schwer getan haben. Wenn man das nun auf den komplexen Prozess von Abstimmung, Auszählung, Prüfung und Verbrennung der Zettel hochrechnet, ist es durchaus verständlich, dass es zu Verzögerungen kommt.
Eine wirkliche Antwort darauf, warum sich der Rauch nun verzögert hat, werden wir wahrscheinlich nie bekommen. Zumindest wenn sich die Kardinäle an ihr Verschwiegenheitsversprechen halten. Vielleicht ist die Erkenntnis aber auch, dass sich die Welt – und das Konklave – nicht an den minütlich durchgetakteten Zeitplan halten, den wir uns manchmal wünschen würden.