Was ist Eucharistie?

"Es ist und bleibt ein ganz großes Geheimnis"

Im Zentrum des Fronleichnamsfestes steht die Eucharistie. Aber was hat es mit der wahrhaften Gegenwart des Gottessohns auf sich? Und was passiert bei der eucharistischen Anbetung? Der Kölner Weihbischof Dominik Schwaderlapp erklärt.

Autor/in:
Ina Rottscheidt
Ein Priester hält eine Hostie / © Corinne Simon (KNA)
Ein Priester hält eine Hostie / © Corinne Simon ( KNA )

DOMRADIO.DE: Was wird eigentlich an Fronleichnam gefeiert?

Weihbischof Dominikus Schwaderlapp / © Beatrice Tomasetti (DR)
Weihbischof Dominikus Schwaderlapp / © Beatrice Tomasetti ( DR )

Weihbischof Dr. Dominikus Schwaderlapp (Weihbischof im Erzbistum Köln): Fronleichnam ist die österliche Nachfeier des Gründonnerstags. Dafür muss man ein bisschen ausholen. Gründonnerstag feiern wir die Einsetzung der heiligen Eucharistie, das letzte Abendmahl, bei dem Christus Brot und Wein genommen und gesagt hat: "Das ist mein Leib, das ist mein Blut, tut dies zu meinem Gedächtnis." 

Das war der Beginn der Eucharistie, der Beginn des Priestertums. Aber Gründonnerstag ist überschattet vom Leiden, das am gleichen Abend und in der gleichen Nacht beginnt. Und nun, einige Wochen nach Ostern und Pfingsten, auch an einem Donnerstag, feiern wir Fronleichnam in österlicher, ungetrübter Freude das Geschenk der Heiligen Eucharistie: Das Hochfest des Leibes und Blutes Christi, wie es offiziell heißt. 

DOMRADIO.DE: Eucharistie ist das zentrale Thema von Fronleichnam, ein abstrakter Begriff. Wie erklären Sie "Eucharistie" kirchenfernen Menschen oder Kommunionkindern?

Dominikus Schwaderlapp

"Christus ist Mensch geworden und hat einen Leib angenommen, weil er uns begegnen und mit uns auf Augenhöhe kommunizieren will."

Schwaderlapp: Wir sind Menschen mit Leib und Seele. Das heißt, was wir im Herzen fühlen, empfinden, denken, müssen wir durch unseren Leib ausdrücken. Ich könnte nicht mit Ihnen sprechen, wenn ich nicht Stimmbänder hätte, die das ausdrücken. An Gesichtsausdrücken sehen wir, ob jemand froh oder traurig ist. Der Leib ist so etwas wie das Fenster zur Seele, das Instrument, das die Seele zum Klingen bringt. 

Und darum ist Christus Mensch geworden und hat einen Leib angenommen, weil er uns begegnen und mit uns auf Augenhöhe kommunizieren will. Die Eucharistie ist die Fortsetzung dessen, nach seiner Auferstehung und seiner Heimkehr zum Vater: Christus bleibt sichtbar unter uns, in seinem Leib und seinem Blut, in den Gestalten von Brot und Wein. Denn wir glauben, dass das wirklich Jesus ist und nicht nur ein Zeichen für ihn. 

Kindern erkläre ich es manchmal so: Wenn dich deine Eltern gernhaben, dann nehmen sie dich in den Arm, denn jemanden zu drücken bedeutet, dass man ihm nahe sein, mit ihm eins sein möchte. Und so ist es mit der heiligen Eucharistie: Gott umarmt uns, er möchte uns ganz nah sein. Und er umarmt uns nicht nur, sondern er gibt sich uns zur Speise, was wir nicht begreifen können. 

DOMRADIO.DE: Brot und Wein sind also nicht nur ein Symbol, sondern Katholiken glauben an die Realpräsenz von Christus, dass er in Brot und Wein wirklich gegenwärtig ist. Allerdings ist das für viele Menschen schwer zu verstehen, da sich die sichtbaren Eigenschaften von Brot und Wein nicht verändern. Eine Umfrage unter US-Katholiken ergab, dass sieben von zehn praktizierenden Gläubigen nicht daran glauben, dass bei der heiligen Kommunion Brot und Wein gewandelt werden. Wie kann man das ihnen erklären?

Altar mit Brot und Wein / © Harald Oppitz (KNA)
Altar mit Brot und Wein / © Harald Oppitz ( KNA )

Schwaderlapp: Das geht über unser Verstehen hinaus. Die Worte: "Das ist mein Fleisch, das mein Blut", sind entscheidend und tatsächlich so zu verstehen. Es gibt da keine symbolische Deutung, die das zum Tragen bringt. Im Johannesevangelium sagt Jesus mit deutlichen Worten: "Wer nicht mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, kann nicht gerettet werden!" Das empörte die Menschen: Wie kann er uns sein Fleisch zu essen geben? Das ging sogar so weit, dass ihn viele verließen. Und Jesus sagte zu seinen Jüngern: "Wollt auch ihr gehen? – Dann geht!" Petrus antwortete: "Herr, wohin sollen wir gehen? Du hast Worte ewigen Lebens!" Das heißt, verstehen konnte er es auch nicht, aber er konnte glauben. 

Das ist, glaube ich, das Entscheidende. Wenn wir versuchen, es auf unseren begrenzten Verstand herunterzubrechen, dann machen wir die Eucharistie klein. Es geht darum zuzulassen, dass es etwas Größeres gibt, als wir verstehen können, vergleichbar ist mit dem Geheimnis der Schöpfung. 

Man kann es mit einem Videocall vergleichen, auch wenn dieser Vergleich natürlich hinkt. Wenn ich mit meinen Freunden in Afrika telefoniere, dann sehe ich sie und kann mit ihnen reden, aber sie sind natürlich nicht wirklich in meinem Handy. Aber es ist der Zugang, dass man mit Menschen, die weit entfernt sind, reden kann. Wenn wir Christus in der Hand haben, dann sehen wir ihn nicht, wie ich im Handy meine Freunde sehe. Aber wenn ich den Glaubensschritt tue, dann ist es viel mehr, als wenn ich mit jemandem rede und ihn über ein Video sehe. Ich halte wirklich Christus in den Händen. Es ist und bleibt ein ganz großes Geheimnis. 

DOMRADIO.DE: Ist das der zentrale Unterschied zu evangelischen Christen, die das Abendmahl eher als symbolische Handlung betrachten? 

Dominikus Schwaderlapp

"Christus wird im Tabernakel aufbewahrt, in einem Tresor, weil er für uns wichtiger ist als alle Goldgefäße, weil er selbst es ist."

Schwaderlapp: Es gibt in der evangelischen Christenheit unterschiedliche Deutungen der Eucharistie. Wir glauben an die bleibende Gegenwart des Herrn glauben. Christus wird im Tabernakel aufbewahrt, in einem Tresor, weil er für uns wichtiger ist als alle Goldgefäße, weil er selbst es ist. Und diesen Glauben können evangelische Christen, ganz allgemein, so nicht teilen. 

Darüber habe ich mich einmal mit einem evangelischen Landespräses unterhalten. Wenn wir die Heilige Messe feiern und mehr Menschen zur Kommunion als erwartet kommen, dann müssen wir irgendwann sagen: Wir haben uns verschätzt, es wurden nicht genügend Hostien gewandelt. Mein evangelischer Kollege kann dann einfach in die Sakristei gehen und noch mehr Hostien holen und verteilen. 

Das ist der Glaube, der uns trennt: Wir glauben an die Wesensverwandlung. Dass in dem Augenblick, wo der Priester sagt: "Das ist mein Leib, das ist mein Blut" sich an den Gestalten etwas tut. Und diesen Glauben kann die evangelische Christenheit so nicht teilen. 

DOMRADIO.DE: Ist es auch Grund, warum es keine gemeinsame Eucharistie von Katholiken und evangelischen Christen gibt?

Kardinal Woelki bei der Wandlung / © Beatrice Tomasetti (DR)
Kardinal Woelki bei der Wandlung / © Beatrice Tomasetti ( DR )
Kardinal Woelki bei der Wandlung (Archivbild)

Schwaderlapp: Da hängt natürlich noch mehr dran. Wenn ich die heilige Kommunion spende, dann bestätigt der Gläubige mit seinem "Amen", dass das wirklich der Leib Christi ist. Wir glauben, dass dieser Leib Christi nur dadurch zustande kommt, dass ein Priester die Wandlungsworte spricht, dass dieser Priester geweiht ist und sozusagen in der Vollmacht Jesu Christi handelt. Das heißt, dass er Christus die Stimme leiht und das Brot wandelt. 

Dann sind wir ganz schnell auch bei den Bischöfen und beim Bischofsamt, bis hin zum Papst. Dieses "Amen" betrifft also nicht nur die heilige Kommunion und die Art und Weise der Gegenwart, sondern da hängt die ganze Wirklichkeit der Kirche dran. Das ist der Schmerz, dass wir auch da im Glauben noch nicht eins sind. 

DOMRADIO.DE: Sie haben gerade erklärt, warum die Katholiken an die Realpräsenz glauben. Das steht in engem Zusammenhang mit der eucharistischen Anbetung. Was ist das? 

Schwaderlapp: Ein Beispiel: Menschen, die einander gernhaben, freuen sich, wenn sie zusammen sind und wenn sie voneinander Abschied nehmen müssen, tut das weh. In der heiligen Eucharistie haben wir die dichteste Form des Zusammenseins mit Jesus Christus. Wir hören sein Wort und wir sind mit ihm in der heiligen Kommunion zusammen. 

Die Eucharistische Anbetung verlängert das Zusammensein mit Jesus. Wir sehen Christus in der Hostie durch den Glauben und sind mit ihm zusammen. So wie es leichter ist mit einem Menschen in Verbindung zu sein und zu kommunizieren, wenn ich ihm gegenüberstehe, als wenn wir telefonieren. 

Und so ist es auch mit der eucharistischen Anbetung. Das ist eine Form, die mir persönlich sehr hilft, in Gespräche mit Jesus Christus zu kommen. Und sie macht mir auch immer wieder deutlich, wer derjenige ist, den ich da bei der Heiligen Messe in Händen halten darf. 

DOMRADIO.DE: Und worum geht es bei der Eucharistischen Anbetung? Eine Bestärkung im Glauben, eine tiefere Verbundenheit zu Jesus Christus oder ist das so individuell, wie die Gläubigen unterschiedlich sind? 

Dominikus Schwaderlapp

"Ich bin aber persönlich der festen Überzeugung, dass Christus in der Eucharistie wirkt, wenn wir in seiner Nähe sind."

Schwaderlapp: Es dient der Vertiefung der Freundschaft mit Christus in allen ihren Dimensionen, eine Stärkung, eine Ermutigung und die Menschen bringen ihre unterschiedlichen Voraussetzungen und Anliegen mit. Für viele ist das vielleicht auch komisch und sie wundern sich, warum wir vor einem Stück Brot niederknien. 

Ich bin aber persönlich der festen Überzeugung, dass Christus in der Eucharistie wirkt, wenn wir in seiner Nähe sind. Ich kann es nicht beweisen, aber ich bin sicher, dass er verändert. Es gibt viele Beispiele von Menschen, die ohne zu wissen, was da eigentlich vorgeht, eine Zeit des Gebetes so verbringen und die wirklich im Herzen verändert und berührt sind und manchmal so zum Glauben gefunden haben, auf eine mir nicht erklärliche Weise. 

DOMRADIO.DE: Wie bewegt oder verändert Sie persönlich bei der eucharistischen Anbetung? 

Schwaderlapp: Ich versuche, einmal am Tag meine persönliche Gebetzeit vor dem Tabernakel zu halten. Dann bin ich auch nicht immer auf Wolke Sieben, sondern habe auch viele – manchmal banale – Dinge im Kopf: Was muss du noch einkaufen? Was predigst du eigentlich bei der Firmung? Kleine Problemchen und größere Sorgen, für die es keine Lösung gibt, bringe ich dorthin mit. 

Und wenn ich rausgehe, stelle ich fest: Das eine oder andere Problem entpuppt sich als gar nicht so groß. Manchmal tun sich unerwartet Lösungen auf oder auch nur einfach das Bewusstsein: Du bist nicht allein. Du musst das alles nicht alleine lösen. Und auch bei den Dingen, die du jetzt nicht lösen kannst, gibt es jemanden, der seine Hand darüber hält.

Das Interview führte Ina Rottscheidt.

Fronleichnam

Am zweiten Donnerstag nach Pfingsten feiert die katholische Kirche das Fest Fronleichnam. Der Name bedeutet übersetzt so viel wie "Fest des Leibes und Blutes Christi". Er leitet sich ab aus dem Althochdeutschen. Dabei steht "vron" für "Herr" und "licham" für "Leib".

 © Beatrice Tomasetti (DR)
© Beatrice Tomasetti ( DR )
Quelle:
DR

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