DOMRADIO.DE: Was macht die christliche Hoffnung aus?
Katharina Hauser (Theologin aus dem Bistum Passau): Ich glaube, die christliche Hoffnung ist etwas anderes als das, was man vielleicht weltlich gesehen von der Hoffnung denkt. Die christliche Hoffnung ist keine vage Erwartung, dass schon alles irgendwie gut wird oder ein Optimismus, dass das Glas halb voll, alles gar nicht so schlimm ist und wir die positive Seite sehen müssen. Ich glaube, die christliche Hoffnung ist eine innere Gewissheit, in der man stehen kann, eine Kraft. Sie kommt daher, dass wir wissen, dass Gott mit uns durch dieses Leben geht, egal ob es Höhen oder Tiefen in unserem Leben gibt.

DOMRADIO.DE: Wir erleben gerade eine politische Multikrise. Wirtschaftlich läuft es nicht. Rechtsextreme Parteien haben in Europa Zulauf. Russland ist eine Bedrohung und Donald Trump unberechenbar. Kommen wir mit dieser inneren Kraft als Christen besser durch solche Krisen?
Hauser: Das glaube ich auf jeden Fall. Wir leben in einer Zeit, in der viele in Unsicherheit leben. Viele Menschen sind hoffnungslos. Es ist nicht schwer, in dieser Zeit hoffnungslos zu sein. Es ist eine Kunst, die Hoffnung zu bewahren. Wir Christen können da ein gutes Vorbild sein. Was können wir tun? Wir dürfen Hoffnung nicht nur predigen, sondern wir müssen sie leben.
Es geht darum, dass wir diese Hoffnung auf die Straße bringen, in der Weise, wie wir mit anderen Menschen umgehen und wie wir mit den Problemen dieser Welt umgehen. Hoffnung gibt es immer, aber eben auch diese innere Gewissheit, dass wir nicht alleine sind in dieser Welt, sondern dass Gott immer mit uns ist.
DOMRADIO.DE: Andererseits geht auch die Kirche selbst gerade durch schwierige Zeiten. Wie sieht es da mit Hoffnung auf bessere Zeiten aus?
Hauser: Sie sprechen etwas Wichtiges an. Auch in Deutschland ist es nicht schwer, hoffnungslos zu sein, wenn man auf die Kirche und die Austrittszahlen schaut. Mir persönlich hilft immer ein Blick auf die Weltkirche, wo ich sehe, dass es da ganz viel Hoffnung für die Kirchen gibt. Da gibt es Menschen, die neu in die Kirche kommen wollen. Es gibt Aufbrüche, Leute, die ganz begeistert sind vom Glauben. Auch bei uns in unserem Land kann ich das hier und dort sehen.
Man muss die Augen aufmachen und sehen. Es gibt Hoffnung, es gibt junge Leute, die sich für das Evangelium begeistern lassen. So eine Veranstaltung wie "Kommt und seht" ist ein schöner Ort, um das zu erleben und zu sehen, dass es viele gibt, die gläubig sind und die gemeinsam den Glauben feiern möchten.
DOMRADIO.DE: Wie hilft der Blick auf historische Figuren? Welche gab es da, die christliche Hoffnung verbreiten konnten und damit ein bisschen die Welt verbesserten?
Hauser: Wir verehren in der katholischen Kirche viele Heilige, sie sind große Hoffnungsträger. Wenn man auf das Weltgeschehen schaut, kann man Personen nennen wie Johannes Paul II., der ganz entscheidend für die Politik war, indem er die Hoffnung gelebt hat. Auch eine Mutter Teresa ist ein Beispiel, die da, wo sie hingestellt war, versucht hat, die Hoffnung auf die Straße zu bringen und den Nächsten zu dienen. Oder Martin Luther King, der sich für die Gleichberechtigung aufgrund seiner christlichen Hoffnung eingesetzt hat.
Es gibt ganz viele Beispiele von christlichen Menschen, die durch ihre Hoffnung und ihre Gewissheit, dass Gott mit uns ist und am Ende alles gut wird, diese Welt positiv mitgestaltet haben. Sie haben nicht vor dem Leid dieser Welt die Augen verschlossen.
Das Interview führte Heike Sicconi.