Vor 400 Jahren Heiligsprechung des Ignatius von Loyola

Der Feuereifrige aus dem Baskenland

Heiligkeit ist nicht Leben nach der gängigen Norm. Es braucht Zähigkeit und Unangepasstheit, um die Welt derart zu verändern wie Ignatius von Loyola. Der baskische Sturkopf brauchte eine Schlacht, um zu Gott zu finden.

Autor/in:
Alexander Brüggemann
Ignatius von Loyola / © Maria Irl (KNA)
Ignatius von Loyola / © Maria Irl ( KNA )

Die interessanten Heiligen sind jene, die lange gesucht haben; die angeeckt sind und selbst ihre Ecken und Kanten behalten haben: Franz von Assisi, Mutter Teresa, Bernhard von Clairvaux, Charles de Foucauld. Der heilige Ignatius von Loyola hat weiß Gott mit Leidenschaft gesucht - und sich darüber beinahe umgebracht. Sein Werk hat die Welt verändert. Sein Gedenktag ist der 31. Juli; heiliggesprochen wurde er im März 1622, vor 400 Jahren.

Ignatius von Loyola / © Morphart Creation (shutterstock)
Ignatius von Loyola / © Morphart Creation ( shutterstock )

1491 wurde Inigo Lopez de Onaz de Loyola als 13. Kind einer baskischen Landadelsfamilie geboren. Sein Name bedeutet "der Feurige"; und tatsächlich waren sein Temperament und die Symbole des Baskenlandes - Eisen und Eiche - Garanten für seine spätere Energie als Ordensgeneral. Der junge Inigo wuchs ohne seine Mutter auf, die bald nach seiner Geburt starb. Eher stolz als reich, hing er einem schwärmerischen Ritterideal an.

Erst Militärkarriere

Bei der französischen Belagerung von Pamplona 1521 durchschlug eine Kanonenkugel sein rechtes Bein. Mehrere Operationen retteten zwar sein Leben; doch seine Militärkarriere war dahin. Während seiner Genesung auf der elterlichen Burg fand er keine ritterlichen Aventüren mehr zu lesen; nur die Lebensgeschichte Jesu und eine populäre Darstellung von Heiligenleben. Inigo wechselte die Pferde - und wollte fortan Heiliger statt Ritter sein. Papst Franziskus, selbst ein Jesuit, rief zum 500. Jahrestag seiner Bekehrung ein weltweites "ignatianisches Jahr" 2020/21 aus.

Wieder zu Kräften gekommen, verließ Inigo Loyola; er legte eine mehrtägige Lebensbeichte ab und strebte als Pilger Richtung Heiliges Land. Doch schon im nahegelegenen Dorf Manresa blieb er stecken und verbrachte dort ein Jahr als Einsiedler. Fast geißelte er sich - Heiliger in spe - zu Tode; er wollte sein Glück erzwingen, verrannte sich aber und versank in tiefe Depression.

Neuorientierung in den 30ern

Seine geistliche Rettung war es zu begreifen, dass es bei der Heiligkeit um die Ehre Gottes ging und nicht um ihn, Inigo de Loyola. Diese Erkenntnis hat ihn nie wieder verlassen. Frucht seiner Zeit als Einsiedler sind seine "Geistlichen Übungen", die er als Notizen niederschrieb und immer wieder überarbeitete. Sie gehören bis heute zu den Grundlagen jesuitischen Denkens und Ausbildung.

Nach seiner Pilgerfahrt ins Heilige Land 1523/24 musste sich der Mittdreißiger neu orientieren. Er wollte Seelsorger sein, "den Seelen helfen"; der Klerus seiner Zeit war ungebildet und in vollem Niedergang. Nach ersten Studien in mehreren spanischen Städten ging Inigo in die Kaderschmiede Paris.

Zeit der Ordensgründung

Der ärmlich gekleidete und "brennende" Spanier fiel dort auf. In seiner WG mit den weit jüngeren Kommilitonen Peter Faber und Franz Xaver entstanden Visionen für die Zukunft. Von ihrem Gelübde 1534 auf dem Pariser Montmartre, als Missionare ins Heilige Land zu gehen, blieb die Mission: nach Indien, Japan, China, Lateinamerika, aber auch in fast alle Länder Europas.

Ignatianisches Jahr

Vor 500 Jahren erlitt der baskische Adelige Ignatius von Loyola – der spätere Gründer des Jesuitenordens – eine schwere Verwundung, die dazu führte, dass er seine militärische Karriere beenden musste und über Wochens ans Bett gefesselt war. Dies setzte bei ihm einen Prozess der Bekehrung in Gang, bei dem lernte, nicht mehr sich selbst, sondern Gott in den Mittelpunkt zu stellen und offen zu sein für die Bedürfnisse der Menschen. "Alles in Christus neu sehen", so lautet daher das Motto eines Ignatianischen Jahres, das die Gesellschaft Jesu und die Ignatianische Familie begehen.

Ignatius von Loyola bei Gelübdefeier im Montmartre 1534 (KNA)
Ignatius von Loyola bei Gelübdefeier im Montmartre 1534 / ( KNA )

Die Geschichte der Ordensgründung der "Gesellschaft Jesu" (Societas Jesu, SJ) 1540 ist oft aufgeschrieben worden; auch die Mission des Franz Xaver nach Indien und Japan und der gravierende Unterschied der Jesuiten zu den bisherigen Orden: das Fehlen der Ordenstracht und der gemeinsamen Gebetszeiten, um stattdessen rund um die Uhr und weltweit als Priester einsatzbereit zu sein. Ignatius - wie er sich nun, latinisiert, nannte - wirkte fortan in Rom als erster "Ordensgeneral" der rasant expandierenden Gemeinschaft. Er nutzte das gerade erst entstehende Postwesen, um die Brüder weltweit brieflich miteinander zu vernetzen.

Größte Revolution im Ordenswesen

Seine größte Revolution stand jedoch noch bevor. Die Entscheidung, in großer Zahl "Schulen für alle" zu gründen, für Arm und Reich, war für das bisherige Ordenswesen völlig neu. Diese Art von Volksbildung im Sinne des katholischen Glaubens, der Gegenreformation und des Humanismus brachte die Jesuiten mitten in die Geschäfte der Welt: in die Physik, Alchimie, Literatur, ins Theater, die Astronomie und Architektur - und an die schnöde Geldbeschaffung. Denn da sie kein Schulgeld verlangten, mussten die mitunter riesigen Komplexe anderweitig finanziert werden. "Wer nicht in die Welt passt, passt auch nicht zu den Jesuiten", sagte Ignatius einmal - wohl auch in Abgrenzung zur Weltflucht in manchen traditionellen Orden.

Die "Gesellschaft Jesu" breitete sich mit Tempo über ganz Europa aus und war bald so angesehen wie beneidet. Ignatius von Loyola war der Macher, zugleich geistlicher Vater und Wächter. Mehr als 1.000 Mitglieder in 100 Niederlassungen gab es bei seinem Tod 1556. Unfassbar, wie er sein Werk auf Kurs bringen und in den letzten Lebensjahren halten konnte, trotz Nierensteinen und den Folgen seiner Kriegsverletzung. Der stolze Baske starb allein in seiner Kammer. Die Brüder hatten gedacht, es gehe ihm besser.

Quelle:
KNA