Frankfurt gilt vielen Leuten als "jüdischste Stadt" Deutschlands

Von Synagogen und einer Rabbinerin

Der Ökumenische Kirchentag in Frankfurt nimmt auch das Judentum in den Blick. Eine gute Gelegenheit, die Mainmetropole und das jüdische Leben dort einmal näher zu erkunden. Dabei gibt es wahrlich vieles zu sehen.

Autor/in:
Leticia Witte
 Illuminierte Synagoge Frankfurt / © Bert Bostelmann (KNA)
Illuminierte Synagoge Frankfurt / © Bert Bostelmann ( KNA )

Der hessische Antisemitismusbeauftragte Uwe Becker hat einmal gesagt, Frankfurt am Main sei die "jüdischste Stadt" Deutschlands. Die jüdische Gemeinde der Metropole zählt laut eigenen Angaben mit 6.500 bis 7.000 Mitgliedern zu den vier größten Gemeinden bundesweit und hat eine lange Tradition.

An den Main soll auch ein wichtiges Projekt des Zentralrats der Juden in Deutschland kommen: die Jüdische Akademie, eine bundesweite Denkfabrik und Bildungsstätte. Der geplante Neubau gilt als Pendant zu den Katholischen und Evangelischen Akademien.

Jüdische Tradition aktiv leben

In Frankfurt ist es möglich, jüdische Religion und Tradition aktiv zu leben - eingebettet in eine Infrastruktur, wie es sie ähnlich auch in einigen weiteren Städten mit großen Gemeinden wie Berlin und München gibt, in vielen anderen Teilen Deutschlands aber eben nicht.

Die Frankfurter unterhalten etwa ein Gemeindezentrum mit koscherem Restaurant, zwei Kindergärten, Krippen, eine Kindertagesstätte, die I.E. Lichtigfeld-Schule mit Grundschule und gymnasialer Oberstufe, ein Alten- und ein Jugendzentrum. Auch gibt es jüdische Friedhöfe.

Darüber hinaus hat die Bildungsabteilung des Zentralrats ihren Sitz in der Stadt, ebenso finden sich dort unter anderen auch der Jüdische Turn- und Sportverband Makkabi, die Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland und das Jüdische Museum, das im Herbst vergangenen Jahres nach einer Sanierung und Erweiterung wieder eröffnet wurde.

Ist jüdisches Leben in Frankfurt also etwas "ganz Normales"? "Normalität würde bedeuten, dass man das jeweils andere kennt", sagt Michaela Fuhrmann, Leiterin für politische Beziehungen der Gemeinde.

Viele Menschen hätten jedoch selbst in Frankfurt kaum Berührung mit der Gemeinde. Diese biete gleichwohl Veranstaltungen an, die auch von Nichtjuden angenommen würden. "Wir laden alle ein, die Unkenntnis zu überwinden und jüdisches Leben kennenzulernen und zu erleben", betont Fuhrmann.

Polizisten schützen Gemeinde

Auch am Ökumenischen Kirchentag, der vom 13. bis 16. Mai in Frankfurt und vor allem digital stattfindet, hätten sich Gemeindevertreter eingebracht - in der Vorbereitung und bei geplanten Veranstaltungen zum Gedenken an die Opfer der Schoah, zum Thema Antisemitismus oder ethische Fragen sowie im interreligiösen Dialog.

Judenfeindschaft geht auch an der Frankfurter Gemeinde nicht spurlos vorüber. "Ich kenne glücklicherweise kein Gemeindemitglied, das Angst hat, auf die Straße zu gehen", so Fuhrmann. Jedoch müssten Polizisten und anderes Sicherheitspersonal für den Schutz der Gemeinde sorgen.

"Die Kosten für die Sicherheit sind mit 1,2 Millionen Euro pro Jahr einer der größten Posten in unserem Haushalt", erklärt Fuhrmann.

Geld, das an anderen Stellen fehle. "Das ist eine absurde Realität, die zu einer jüdischen Normalität geworden ist, die wir nicht hinnehmen wollen."

Einheitsgemeinde

Die Frankfurter Gemeinde ist eine Einheitsgemeinde. Das bedeutet, dass Gottesdienste für eine streng orthodoxe bis hin zu einer liberalen Ausrichtung angeboten werden. Geleitet wird das Rabbinat von Avichai Apel und Julian-Chaim Soussan, die beide auch hohe Posten in der Orthodoxen Rabbinerkonferenz Deutschland bekleiden.

Eine Besonderheit ist der Egalitäre Minjan als Synagogengemeinschaft der liberalen Juden mit Rabbinerin Elisa Klapheck. Minjan bedeutet zehn gezählte Personen, die Mindestzahl für eine Gemeinde, und egalitär, dass Männer und Frauen gleichberechtigt gezählt werden. Es gibt mehrere Synagogen, die größte ist die Westend-Synagoge.

Am Flughafen in Frankfurt stehen jüdischen Reisenden darüber hinaus Gebetsräume zur Verfügung. Und ebenfalls am Airport: ein Automat mit koscheren Lebensmitteln. Denn das Angebot an Speisen und Produkten, die den jüdischen Speisegeboten folgen, gehört zur Infrastruktur der Mainmetropole. Vorhanden sind Einkaufsmöglichkeiten, Restaurants und selbst eine Eisdiele, die koschere Sorten im Programm hat.

Der ÖKT fällt in das Festjahr zu "1.700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland", das unter anderem dazu anregen möchte, sich mit dem zeitgenössischen jüdischen Leben hierzulande vertraut zu machen. Wer neugierig ist, kann das zum Beispiel in Frankfurt tun - auch wenn gerade kein ÖKT ist.


Quelle:
KNA
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