Aspekte zur Geschichte der Jüdischen Gemeinde Frankfurt

"NS-Zeit machte dem jüdischen Leben der Stadt den Garaus"

Die Jüdische Gemeinde Frankfurt am Main hat eine lange Tradition. Die Anfänge gehen zurück bis ins 12. Jahrhundert, als sich in dem Gebiet um den heutigen Dom eine erste jüdische Gemeinde bildete.

Ein jüdischer Mann mit einer Kippa / © Nelson Antoine (shutterstock)
Ein jüdischer Mann mit einer Kippa / © Nelson Antoine ( shutterstock )

Auch in Frankfurt kam es zu Verfolgungen von Juden. 1464 wurde ihnen schließlich ein Areal an der Stadtgrenze zugewiesen, wo später die Judengasse, das Frankfurter Ghetto, entstand. Nach der bürgerlichen Gleichstellung im Jahr 1864 zogen Juden auch in andere Stadtteile.

Vor der Schoah war Frankfurt einer der wichtigsten Schauplätze für die Geschichte des liberalen Judentums. Bekannte Reformrabbiner wie Caesar Seligmann und Georg Salzberger wirkten in der Stadt. Aufseiten der Orthodoxie war ein weiterer bedeutender Rabbiner in Frankfurt tätig: Samson Raphael Hirsch, Gründer der modernen Orthodoxie.

Viele Juden hatten zu unterschiedlichen Zeiten wichtige Funktionen in der Frankfurter Kultur- und Politikszene. Institutionen wie die Johann Wolfgang Goethe-Universität oder die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" gehen auf jüdische Stiftungen und Gründungen zurück.

Bis 1933 hatte die Frankfurter Gemeinde mehr als 30.000 Mitglieder. Die NS-Zeit machte dem jüdischen Leben der Stadt den Garaus. Viele Gemeindemitglieder flohen, rund 12.000 Frankfurter Juden kamen in den Lagern ums Leben.

Im Juli 1945 wurde Rabbiner Leopold Neuhaus, der in Theresienstadt inhaftiert gewesen war, von der amerikanischen Militärregierung mit der Gründung einer jüdischen Gemeinde beauftragt. Wenige überlebende Frankfurter Juden gehörten zu den Gründern der Gemeinde, überwiegend waren es polnische Holocaust-Überlebende.

1949 nahm die Gemeinde mit rund 800 Mitgliedern den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts an. Bis zum Zuzug von Juden aus der zerfallenden Sowjetunion ab den 1990er Jahren hatte die Gemeinde etwa 4.500 Mitglieder. Heute sind es 6.500 bis 7.000 Menschen.

Die Jüdische Gemeinde weist darauf hin, dass sie durch politische Auseinandersetzungen oft auch in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses gerückt ist: zum Beispiel 1985 im Streit um die Aufführung des Theaterstückes "Der Müll, die Stadt und der Tod" von Rainer Werner Fassbinder oder 1998 während der Kontroverse zwischen Ignatz Bubis, der damals an der Spitze des Zentralrats der Juden stand, und dem Schriftsteller Martin Walser.

Diese Auseinandersetzung hatte sich an der Rede Walsers anlässlich der Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels in der Paulskirche und seinem Wort von Auschwitz als "Moralkeule" entzündet. (kna/12.05.2021)