Vertreter von Kirche und Politik kritisieren PID-Entscheidung

"Diese Tür wird nicht mehr zugehen"

Bischof Losinger, SPD-Bundestagsvize Thierse, die CDU-Politiker Klöckner und Vogel – alle eint ihr Bedauern über das deutliche PID-Votum des Bundestages. Und betonen gegenüber domradio.de: Die begrenzte Zulassung der embryonalen Selektion ist erst der Anfang.

Autor/in:
Michael Borgers
 (DR)

Der Augsburger Weihbischof Anton Losinger, der auch Mitglied im Deutschen Ethikrat ist, sagte am Freitag (08.07.2011) im Interview mit domradio.de, der jetzt eingeschlagene Weg bedeute keine Lösung der Probleme, sondern werfe neue auf.



So stelle sich die Frage, "welches Menschenbild des behinderten Menschen werden wir generieren".  Die Entscheidung der Parlamentarier bringe eine neue Menschenrechtsdebatte in Gang. "Wo ist die Grenze?", fragt der katholische Bischof weiter.



Der Bundestag hatte am Donnerstag beschlossen, Gentests an Embryonen in bestimmten Fällen gesetzlich zu erlauben, um Tod- oder Fehlgeburten sowie die Weitergabe schwerer Erbkrankheiten zu vermeiden. Entscheiden soll in jedem Einzelfall eine Ethikkommission.



Vogel verteidigt Union

Auch der ehemalige rheinland-pfälzische und thüringische Ministerpräsident Bernhard Vogel warnt gegenüber domradio.de vor den unabsehbaren Folgen der nun geschaffenen Möglichkeit "auszuwählen und auszusondern". Obwohl er es bedauere, wundere ihn das Ergebnis aber nicht, verteidigt der CDU-Politiker, dass auch Unionspolitiker für die Zulassung stimmten.



Eine einheitlich ablehnendes Votum "sollte man nicht erwarten, wenn die beiden christlichen Kirchen in Deutschland schon nicht einer Meinung sind". Die katholische Kirche hatte sich geschlossen gegen eine PID-Zulassung ausgesprochen, in der evangelischen Kirche gab es auch Befürworter, wie den EKD-Ratsvorsitzenden Präses Nikolaus Schneider.



"Weitere ethische Wanderdüne"

Julia Klöckner, Vorsitzende der CDU-Fraktion im rheinland-pfälzischen Landtag, spricht gegenüber domradio.de davon, "dass die Tür geöffnet worden ist für eine weitere ethische Wanderdüne".  Dafür habe es in der Vergangenheit andere Beispiele gegeben, wie die embryonale Stammzellforschung und die Spätabtreibung. "Diese Tür wird nicht mehr zugehen", so Klöckner.



Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse erklärt im Interview mit domradio.de die Entscheidung des Parlaments zu einem  "Einschnitt in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland". Bisher habe der  Schutz des menschlichen Lebens von Anfang an gegolten. "Nun wird dieser Schutz des menschlichen Lebens abgestuft."