Kardinal Meisner kritisiert PID-Entscheidung des Bundestags

Gegen Leben und Würde

Der Kölner Kardinal Joachim Meisner hat die Bundestagsentscheidung für eine Zulassung der Präimplantationsdiagnostik (PID) kritisiert, da sie "sich gegen das Leben und seine unantastbare Würde" wende. Auch die Bischöfe von Münster und Essen meldeten sich kritisch zu Wort.

Erzbischof Joachim Kardinal Meisner / © Robert Boecker (DR)
Erzbischof Joachim Kardinal Meisner / © Robert Boecker ( DR )

In einer Stellungnahme zur Bundestagsentscheidung zur Präimplantationsdiagnostik (PID) hat der Kölner Erzbischof Joachim Kardinal Meisner sein Bedauern zum Ausdruck gebracht. Das Votum der Abgeordneten für eine begrenzte Zulassung der PID sei falsch und wende sich "gegen das Leben und seine unantastbare Würde". Meisner nannte die Argumentation der Befürworter, dass durch die PID Elternglück gefördert und Leid vermieden werde, eine Aufrechnung "völlig unterschiedlicher Werte". Zwar seien Glück und Gesundheit zweifelsfrei hohe Werte, aber sie dürften "doch nicht mit der Tötung menschlichen Lebens erkauft werden".



Das unantastbare Lebensrecht könne durch keine Gewissensentscheidung von Eltern oder Ärzten aufgehoben werden. Der Kardinal erwartet einen "gesellschaftlichen und moralischem Klimawandel" in Deutschland. Die Erfahrung lehre, dass alle Regeln, die als Einschränkung und Ausnahme gedacht seien, binnen kurzer Zeit als Gewohnheitsrecht und Anspruch betrachtet würden. Mit der Entscheidung sei "ein weiterer Stein aus dem Fundament gebrochen, auf dem die Menschenwürde" ruhe.



Schwaderlapp: Kultur des Todes

Auch der Kölner Generalvikar Dr. Dominik Schwaderlapp bedauert das Berliner Votum. In seinem Gebet zum Wochenende für domradio.de bittet er stellvertretend für die Verantwortlichen dieser "fatalen Entscheidung" um Verzeihung.  Ein weiteres Mal würden sich Menschen "als Herren über Leben und Tod aufspielen" und meinen, selbst entschieden zu können, wer das Recht hat zu leben und wer nicht, so Schwaderlapp. Diese "Kultur des Todes" sei bedauernswert.



Der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck nannte die Auswahl menschlicher Embryonen einen "Verstoß gegen die personale Würde, die jedem Menschen zukomme". Overbeck mahnte an, nun klare Grenzen bei der Anwendung der PID festzulegen. "Ich habe Verständnis dafür, dass Eltern sich ein gesundes Kind wünschen, aber ein Recht darauf kann es nicht geben." Genn sagte, die Entscheidung lasse ihn nicht resignieren. Vielmehr mache sie ihn "noch wacher im Hinblick auf eine Verwirrung des Denkens und noch entschiedener, ihr mit christlichem Freimut zu begegnen". Jetzt komme es darauf an, eine "Zivilisation des Todes" zu verhindern und eine "Zivilisation der Liebe" aufzubauen.



Kirchen in Ablehnung einig

Münster Bischof Felix Genn sieht in ihr einen "Dammbruch". Menschen hielten sich für ermächtigt, "menschliches Leben als unzumutbare Belastung, als unserer Gesellschaft und des Lebens nicht geeignet und würdig zu beurteilen". Bereits am Donnerstag kurz nach der Entscheidung hatte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch die Entscheidung kritisiert. Die Selektion von menschlichen Embryonen verstoße gegen "das Achtungsgebot der Menschenwürde, die jedem Menschen von Anbeginn zuteil ist". Der Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Präses Nikolaus Schneider, erklärte in Düsseldorf, das Gesetz sei zu weitgehend. Er hätte eine Zulassung der PID nur für den Ausnahmefall einer mit großer Wahrscheinlichkeit drohenden Tot- oder Fehlgeburt persönlich vorgezogen.



Die begrenzte Zulassung der Präimplantationsdiagnostik hatte am Donnerstag nach teils emotionaler Debatte eine parteiübergreifende Mehrheit im Bundestag gefunden. Bei der PID werden Embryonen aus künstlicher Befruchtung in einem sehr frühen Stadium auf Erbkrankheiten oder Behinderungen untersucht. Nur gesunde Embryonen werden in den Mutterleib eingesetzt, die anderen sterben ab.



Mit der Ergänzung des Embryonenschutzgesetzes reagierte das Parlament auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs. Dieser hatte im Juli 2010 der vorherrschenden Auffassung widersprochen, dass PID verboten sei. Die katholische Kirche hatte sich im Vorfeld vehement für ein Verbot der PID ausgesprochen.