Bruder Paulus rät Joshua Kimmich zu einer Pause

Ungeimpfter Bayern-Star

Fußball-Profi Joshua Kimmich ist nicht gegen Covid-19 geimpft und spricht darüber. Er ist Idol vieler junger Menschen. Beides zusammen macht es problematisch, erklärt Kapuzinerpater Bruder Paulus Terwitte und gibt ihm einen Rat. 

Fußballprofi Joshua Kimmich / © Sven Hoppe (dpa)
Fußballprofi Joshua Kimmich / © Sven Hoppe ( dpa )

DOMRADIO.DE: Wenn so ein bekannter Fußballer in einem Interview betont, er sei nicht geimpft, weil er die Langzeitwirkungen einer Impfung nicht einschätzen kann, welche Auswirkungen hat so etwas dann auf die Gesellschaft?

Bruder Paulus Terwitte (Kapuzinerpater und katholischer Medienbeobachter): Herr Kimmich ist eine öffentliche Person, Vorbild für viele Menschen. Und Fußballspieler stehen ja für Fairness, Kampfeskraft und dafür, dass sie Gemeinschaft zusammenhalten. Dann ist es natürlich schwierig, wenn ein einzelner Fußballer, obwohl er darum weiß, dennoch für sich persönlich entscheidet, dass er sich nicht in Verantwortung gegenüber seinem Körper impfen lassen will. Das ist eine Spannung, die darf aber sein.

DOMRADIO.DE: Ist das nicht ein bisschen egoistisch?

Bruder Paulus: Ob das selbstsüchtig ist, weiß ich nicht. Ich bin sehr vorsichtig, Menschen Selbstsucht zu unterstellen, die mal eine andere Meinung als ich haben.

Ich verstehe auch nicht, warum er sich nicht impfen lässt. Die Argumente sind für mich nicht schlüssig. Aber ich weiß aus ethischen Beratungen, dass Menschen Dinge, die ich für nicht schlüssig halte, sehr wohl für schlüssig halten. Und da gilt zunächst mal der Respekt.

DOMRADIO.DE: Die Langzeitfolgen sind ein bekanntes Narrativ der Impf-Skeptiker, die schon mehrfach von der Wissenschaft abgeräumt wurden. Warum hört man denn diese Aussagen immer noch und dann von sehr bekannten Menschen, die ja eigentlich auch als Fußball-Profis recht gut beraten sein sollten?

Bruder Paulus: Zunächst einmal hat sich Herr Kimmich ja sogar für eine Impfkampagne eingesetzt. Da ist er aufgetreten und hat für das Impfen geworben. Aber es geht natürlich gar nicht, Wasser zu predigen und Wein zu trinken. Bei ihm war es ein bisschen nach dem Motto: "Fußballer müssen fürs Impfen werben, also muss ich auch dafür werben". Da war er nicht gradlinig genug, und das fällt ihm jetzt auf die Füße.

Bei dem Argument mit den Langzeitfolgen weiß ich aus der ethischen Beratung, dass Menschen trotz allerlogischster und wissenschaftlicher Argumente dagegenhalten. Es gibt auch Menschen, wie vielleicht in diesem Fall, die Zweifel vor einer ungefährlichen Impfung nennen, weil sie die wirklichen Gründe nicht nennen wollen. Es kann ja sein, dass jemand einfach Angst vor der Nadel hat.

DOMRADIO.DE: Oder dass jemand einfach aus purem Trotz dagegenhält?

Bruder Paulus: Richtig. Dieser Trotz gegen das Impfen ist etwas ganz Kindliches und Kindisches. Man nimmt das Impfen zum Thema, meint aber was ganz anderes wie den Staat oder sonst etwas, was ja fatal ist. Eine Gesellschaft mit einer Impfung zu schützen ist Körperverletzung. Das ist natürlich schon eine Entscheidung. Diese Körperverletzung darf ich nur zulassen, wenn ich damit einen höheren Wert erreichen will, also in diesem Fall die Erhaltung meiner Gesundheit. Und wenn man das anzweifelt, dann könnte ich ja noch sagen: Ich lass mich trotzdem impfen, weil ich der Gesellschaft einen Schutzschild geben will.

DOMRADIO.DE: In den Fußballstadien gilt die sogenannte "2G-Regel", also es kommen nur Geimpfte oder Genesene rein. Für die Spieler gilt das aber nicht, weil sie dort ihrem Beruf nachgehen. Können Sie diese Regel nachvollziehen?

Bruder Paulus: Ich kann diese Regel nicht nachvollziehen. Für den Gottesdienst bei uns hier gilt das 1,5-Meter-Abstand-Gebot. Es gilt also keine sogenannte 3G-Regel (Geimpfte, Genesene oder Gestete, Anm.d. Red.), aber im Restaurant sehr wohl. Was diese Regelungen angeht, verstehe ich manches nicht.

Von daher würde ich auch dem Herrn Kimmich raten: Aus Solidarität mit den Zuschauern sollte er auch den Rasen im Stadion erst mal nicht mehr betreten. Denn wie soll das um Himmels Willen jetzt ein Vater seinen Kindern erklären, dass im Stadion allgemein diese Regeln gelten und unten auf dem Rasen wieder andere Regeln einzuhalten sind. Das kann kein Mensch mehr jemandem erklären. Ich rate Herrn Kimmich zu einer Pause.

Das Interview führe Jann-Jakob Loos. 

Paulus Terwitte OFMCap

Bruder Paulus wurde als Bernhard Gerhard Terwitte 1959 im westmünsterländischen Ahaus geboren. Nach dem Abitur lernte er den Kapuzinerorden kennen. Mit 19 Jahren trat er in den Orden ein, studierte Theologie in Münster und Graz und wurde am 11. Mai 1985 in Münster zum Priester geweiht.

Bruder Paulus Terwitte im Portrait / © Norbert Demuth (KNA)
Bruder Paulus Terwitte im Portrait / © Norbert Demuth ( KNA )
Quelle:
DR
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