Ungarns Primas Kardinal Erdö wird 70 Jahre alt

"Ratzingerianer" und Mann des nüchternen Wortes

Ungarns Primas Kardinal Erdö wird 70. Das Getöse der Sozialen Medien ist seine Sache nicht. Und über die Gesellschaft seiner ungarischen Heimat spricht er schnörkellos: Der Kommunismus habe den "bürgerlichen Anstand ausgelöscht".

Autor/in:
Alexander Brüggemann
Papst Franziskus begrüßt Kardinal Peter Erdö im Mai 2016 (Archivbild) / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Papst Franziskus begrüßt Kardinal Peter Erdö im Mai 2016 (Archivbild) / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )

Er zählt zu den profiliertesten Kirchenvertretern in Mittel- und Osteuropa. Von 2006 bis 2016 war er Vorsitzender des Rates der Europäischen Bischofskonferenzen (CCEE) - und als theologisch hochgebildeter Anhänger von Benedikt XVI. (2005-2013) durchaus ein Kandidat für das Papstamt.

An diesem Samstag (25. Juni) wird der katholische Primas von Ungarn und Erzbischof von Esztergom-Budapest, Kardinal Peter Erdö, 70 Jahre alt.

Mann des Wortes und der Wissenschaft

Als intellektuell und theologisch beschlagener Jurist und Kirchenrechtler bringt Erdö ein klares Verständnis für Strukturen sowie politisches Kalkül mit. Das Konkordat zwischen dem postkommunistischen Ungarn und dem Heiligen Stuhl, das der Kirche heute wieder ein breites Engagement im Bildungs- und Sozialwesen ermöglicht, trägt auch seine Handschrift.

Kardinal Peter Erdö / © David Klammer (KNA)
Kardinal Peter Erdö / © David Klammer ( KNA )

Kirchenpolitisch und theologisch gilt Erdö als "Ratzingerianer". Der sprachbegabte Primas ist vor allem ein Mann des Wortes und der Wissenschaft, nicht der großen Öffentlichkeit. Dennoch hat er hat sich in seinen Ämtern zu zahlreichen gesellschaftlich und kirchlich relevanten Themen geäußert: Postkommunismus, Habgier, Ausländerfeindlichkeit, Sekten.

Studium in Jura und Theologie

Über die Gesellschaft seiner ungarischen Heimat spricht Erdö schnörkellos: Der Kommunismus habe den "bürgerlichen Anstand ausgelöscht"; die freiwillige Befolgung von Rechtsnormen sei sehr niedrig. Heute seien die Menschen viel stärker durch Bilder und elektronische Medien zu manipulieren als durch ein Parteiprogramm oder eine durchdachte Rede zu überzeugen.

Geboren am 25. Juni 1952 in Budapest als erstes von sechs Kindern, studierte Erdö in kommunistischer Zeit in Budapest und Rom Jura und Theologie. Eine Anwaltskarriere war ihm als Angehöriger einer bekannterweise religiös lebenden Familie verwehrt.

In den 80er Jahren lehrte Erdö Theologie in Esztergom und an der päpstlichen Universität Gregoriana. Nach dem Sturz des Kommunismus wurde er Dekan und später Rektor an der katholischen Peter-Pazmany-Universität Budapest, an deren Wiederaufbau er maßgeblichen Anteil hatte.

Mit 50 Jahren überraschend Erzbischof

2003 wurde Erdö mit nur 50 Jahren überraschend Erzbischof von Esztergom-Budapest und Primas von Ungarn. Im selben Jahr nahm ihn Johannes Paul II. als damals jüngstes Mitglied ins Kardinalskollegium auf. Von 2005 bis 2015 leitete Erdö als Vorsitzender die nationale Bischofskonferenz. Im Vatikan hat er eine Vielzahl von Funktionen inne, war unter anderem Richter am höchsten Gericht, Mitglied der Bildungs- und der Gottesdienstkongregation sowie im Päpstlichen Kulturrat.

Erdös Vater war ein katholischer Ungar aus dem heute rumänischen, orthodox und protestantisch geprägten Siebenbürgen; seine Mutter stammte aus dem heutigen Grenzland zur Slowakei. Bis heute sei es dumm, einen Osteuropäer nach seiner Nationalität zu fragen, sagt Erdö - denn über Jahrhunderte sei es dort gang und gäbe gewesen, auch über ethnische Grenzen hinweg zu heiraten. Auch heute gelte es, über Grenzen hinweg zu leben und zu denken.

Katholische Kirche in Ungarn

Die Geschichte Ungarns ist eng mit der katholischen Kirche verknüpft. Der heiliggesprochene König Stephan I. (997-1038) begründete nicht nur den ungarischen Staat, sondern auch zehn Bistümer und mehrere Benediktinerabteien, darunter auch die heutige Erzabtei Pannonhalma, deren Abt Vollmitglied der Bischofskonferenz ist.

Ungarische Flagge / © Savvapanf Photo (shutterstock)
Quelle:
KNA