Transparenzinitiative der Hilfsorganisationen - Ein Neun-Punkte-Plan

Mehr Durchblick für Spender

Als Konsequenz aus der UNICEF-Krise haben die Kindernothilfe und die Deutsche Welthungerhilfe haben einen Neun-Punkte-Plan für eine bessere Transparenz von Entwicklungsorganisationen initiiert. Ziele sind mehr Offenheit, Kontrolle, Wirtschaftlichkeit, Qualität, Ehrlichkeit und Vergleichbarkeit für Spender und öffentliche Geldgeber. Wir dokumentieren den Plan in gekürzter Fassung.

 (DR)

"Es gibt in Deutschland einige hundert Hilfsorganisationen der Entwicklungszusammenarbeit, die sehr unterschiedlich in Größe und Handlungsmöglichkeiten sind. ...Die Diskussion über Standards, Rechenschaft und Transparenz, Qualität und Wirkung unserer Arbeit sowie über nachvollziehbare Berichterstattung führen wir seit Jahren, etwa im Rahmen des Verbandes Entwicklungspolitik deutscher Nichtregierungsorganisationen (VENRO) sowie mit dem Deutschen Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI). ...Diese Transparenzinitiative ist deshalb sinnvoll und notwendig, weil der Staat  etwa durch die Abschaffung der Sammlungsgesetze  die Aufsicht über diesen Sektor verringert hat...

1. Wir wollen mehr Transparenz aller Hilfsorganisationen: Wir machen uns auf den Weg zur "gläsernen" Organisation. Wir unterstützen alle Anregungen und externen Initiativen, die zu größerer Offenheit und Nachvollziehbarkeit der (finanziellen) Geschäftstätigkeit unserer Organisationen führen. Weil wir Spendengelder erhalten und einsetzen, müssen wir höheren Transparenzstandards genügen als andere gesellschaftliche Institutionen.

2. Wir wollen mehr Vergleichbarkeit unter den Hilfsorganisationen:
Einheitliche Standards können dabei helfen. Wir unterstützen Initiativen, die verständliche und nachprüfbare Standards für die Arbeit von Hilfsorganisationen formulieren (etwa die Internet-Datenbank Guide Star). Nur so haben Spender die Möglichkeit, etwa die Höhe von Werbe- und Verwaltungsausgaben sowie Arbeitsschwerpunkte wirklich miteinander zu vergleichen.

3. Wir wollen mehr Kontrolle der Hilfsorganisationen: Das DZI muss gestärkt werden. Wir unterstützen das DZI mit aller Kraft dabei, die Kriterien des Spendensiegels zu erweitern und  wo nötig und sinnvoll  zu verschärfen. ... Ziel muss sein, dass die Kontrolle durch das DZI für alle Hilfsorganisationen verpflichtend wird. So können Spender geschützt und die wenigen unseriösen Organisationen identifiziert werden. Zur Stärkung der Unabhängigkeit des DZI fordern wir dessen solide und langfristige öffentliche Finanzierung, damit es seine wichtige Kontrollaufgabe auch wahrnehmen kann.

4. Wir wollen mehr Wirtschaftlichkeit der Hilfsorganisationen: Die soziale Investition muss sich auch rechnen. Wir müssen mit VENRO und dem DZI über eine niedrigere Obergrenze für Verwaltungs- und Werbeausgaben debattieren. Darüber hinaus müssen Kriterien entwickelt werden, die auch die Projektausgaben in Bezug zur erzielten Wirkung setzen. Es muss klarer werden, welche Organisationen ökonomisch arbeiten  und welche weniger. Das bedeutet auch, dass er- leichternde Faktoren ...(etwa ein hoher Anteil öffentlicher Zuwendungen, Nutzung von Kirchenstrukturen) ebenso kenntlich gemacht werden müssen wie erschwerende Faktoren (etwa die hohe Abhängigkeit von Spenden).

5. Wir wollen mehr Qualität in der Arbeit von Hilfsorganisationen:
Wirksame Hilfe braucht Expertise...Wir nutzen die enorme Expertise Ehrenamtlicher und beziehen sie in die Qualitätssicherung ein.
Besondere Bedeutung kommt der guten Führung und Leitung (Governance) unserer Organisationen zu. Wir unterstützen daher die Entwicklung eines Governance-Kodexes für entwicklungspolitische Nichtregierungsorganisationen durch VENRO. Entwicklungshelfer, Fundraiser und Finanzcontroller sind hoch spezialisierte Experten, die gut ausgebildet und ordentlich bezahlt werden müssen. Eine externe Beratung durch Agenturen und Freiberufler ist dann sinnvoll, wenn sie Kosten senken hilft oder wenn Aufgaben anfallen, die nicht zum Tagesgeschäft gehören und eine dauerhafte Beschäftigung von Mitarbeitern nicht rechtfertigen.

6. Wir wollen mehr Wirkung in der Arbeit der Hilfsorganisationen: Der gute Wille allein reicht nicht, das Ergebnis zählt. Wir intensivieren Anstrengungen, den Erfolg und die Wirkung unserer Projektarbeit durch externe Gutachter zu evaluieren  auch wenn das Zeit und Geld kostet.
...Spender sind vor allem daran interessiert, dass ihr Geld ankommt und die versprochene Wirkung erzielt. Hilfsorganisationen müssen sich daran messen lassen.

7. Wir wollen mehr und bessere Informationen über die Arbeit der
Hilfsorganisationen: Spender haben ein Recht auf Klarheit. Wir werden Spender und die Öffentlichkeit allgemein noch intensiver und transparenter als bisher über die eigene Arbeit informieren  und zwar sowohl über die Projektarbeit als auch über den Einsatz der Gelder für Verwaltungsaufwand und Spendenwerbung ...Wir dokumentieren Erfolge und  stärker als bisher  auch Misserfolge und machen sie öffentlich!

8. Wir wollen mehr Ehrlichkeit in der Kommunikation der
Hilfsorganisationen: Ohne Werbung keine Hilfe. Wir informieren Spender und Öffentlichkeit aktiv und kontinuierlich darüber, dass gute Projektarbeit, gutes internes Management und Spendenwerbung Geld kosten und dieses Geld aus Spendenmitteln aufgebracht wird.
Spendenwerbung ist unverzichtbar, denn ohne sie gäbe es erheblich weniger Geld für Hilfsprojekte. Unredliche "Versprechen" wie etwa eine 100-prozentige Mittelweiterleitung in die Projekte sind kritisch zu hinterfragen.

9. Wir wollen mehr Verständnis für die Arbeit von
Hilfsorganisationen: Transparenz darf nicht missbraucht werden. Wir wünschen uns von den Medien eine fundierte, objektive und kritische Berichterstattung über die Arbeit von Hilfsorganisationen  ohne pauschale und skandalisierende Kritik. Wir wünschen uns insbesondere mehr Aufmerksamkeit für chronische und vergessene Krisen jenseits der bildstarken Katastrophen. Dazu öffnen wir unsere Projekte und Verwaltungen noch stärker als bisher für die Recherche von Journalisten.

Unser gemeinsames Ziel: Mehr bürgerschaftliches Engagement. ...Nur vier von zehn Deutschen beteiligen sich jedoch durch Spenden an gesellschaftlich oft bitter notwendigen Aufgaben  deutlich weniger als etwa in Österreich und der Schweiz. Wir rufen alle Mitbürgerinnen und Mitbürger dazu auf, einen Beitrag für das Gemeinwohl zu leisten und sich stärker als bisher für gesellschaftliche Aufgaben zu engagieren  und zwar finanziell und/oder durch ehrenamtliche Tätigkeit... Wir brauchen in Deutschland einen neuen Aufbruch an bürgerschaftlichem Engagement  und wollen dies durch vorbildliches eigenes Handeln attraktiver machen und wirksam fördern."