Theologin warnt vor antidemokratischen Kräften in Kirchen

"Kirchen müssen sich entschieden positionieren"

Ökumene ist die Einheit der Christen über die Konfessionsgrenzen hinweg. Sie gilt vielen als erstrebenswertes Ziel. Aber was ist, wenn sich Christen verschiedener Konfessionen im Kampf gegen Demokratie und Moderne einig sind?

Johanna Rahner / © Fabian Mondl (KNA)
Johanna Rahner / © Fabian Mondl ( KNA )

Die katholische Theologin Johanna Rahner warnt vor einem Rückfall christlicher Kreise aller Konfessionen in Zeiten eines antidemokratischen und antimodernistischen Kulturkampfs.

"Diese neue ökumenische Leitkultur scheut nicht davor zurück, die säkulare Welt der späten Moderne pauschal als eine Kultur der Unwahrheit zu denunzieren und in ihr nur Untergang und Verfall zu vermuten", sagte sie am Freitag in Augsburg bei der Jahrestagung der Gesellschaft katholischer Publizistinnen und Publizisten (GKP).

Konservative Kreise in allen Konfessionen

Als Beispiel verwies die in Tübingen lehrende Professorin auf den russisch-orthodoxen Patriarchen Kyrill und dessen Glorifizierung des russischen Angriffs auf die Ukraine, den er immer wieder mit angeblichem Werteverfall oder "Gay-Pride-Paraden" zu legitimieren versuche. Beim Blick auf solche "menschenverachtenden und unerträglichen Entgleisungen" dürfe man aber nicht vergessen, dass es solche gefährlichen Tendenzen auch hierzulande gebe.

Patriarch Kyrill I. / © Mikhail Metzel (dpa)
Patriarch Kyrill I. / © Mikhail Metzel ( dpa )

Rahner verwies auf konservative Kreise in allen Konfessionen, die in den vergangenen Jahren - etwa bei Kongressen wie "Freude am Glauben" - solche Haltungen wie die von Kyrill "nicht nur hofiert, sondern explizit unterstützt" hätten. Das gelte auch für Bestrebungen, sich gegen angebliche Angriffe auf die traditionelle Familie wehren zu müssen.

Hier würden Säkularismus, liberaler Zeitgeist und angeblicher Werteverfall als gemeinsame Feinde identifiziert - verbunden mit Kampfbegriffen wie "Genderwahn" oder "Zwang zur political correctness".

Kirchen müssen sich entschieden positionieren

Dieses Wiedererstarken fundamentalistischer und antidemokratischer Elemente des Anti-Modernismus dürfe nicht unwidersprochen bleiben, forderte die Theologin. Insbesondere dann, wenn solche Tendenzen auch noch religiös unterfüttert würden: "Die Synergieeffekte zwischen identitären politischen Programmen und entsprechenden religiösen Einstellungen sind heute in allen Konfessionen zu finden und generieren brisante transkonfessionelle Allianzen."

Johanna Rahner, Professorin für Dogmatik, Dogmengeschichte und Ökumenische Theologie an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Eberhard Karls Universität Tübingen / © Fabian Mondl (KNA)
Johanna Rahner, Professorin für Dogmatik, Dogmengeschichte und Ökumenische Theologie an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Eberhard Karls Universität Tübingen / © Fabian Mondl ( KNA )

Die Kirchen, so Rahner weiter, müssten sich entschieden positionieren gegen eine Tendenz in gewissen christlichen Kreisen zu einem "reaktionären und identitären Traditionalismus in einer Übereinstimmung mit politisch-reaktionären Positionen nationalistisch-populistischer Kräfte, die sich nicht nur in Europa als demokratiegefährdend erweisen".

Bei der GKP-Jahrestagung befassen sich noch bis Samstag rund 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit Fragen der Ökumene. Zu den Gästen zählen leitende Geistliche verschiedener christlicher Kirchen aus Deutschland und Schweden.

Gesellschaft Katholischer Publizisten (GKP)

Die Gesellschaft Katholischer Publizisten (GKP) ist ein Zusammenschluss von aktuell rund 520 Medienschaffenden. Sie versteht sich als Netzwerk von Katholikinnen und Katholiken, die in allen Bereichen weltlicher und kirchlicher Medien arbeiten.

Der Verband wurde 1948 gegründet als eine Art Schulterschluss der verbleibenden katholischen Publizisten nach dem Zweiten Weltkrieg.
Auf christlicher Grundlage will er zur Meinungsbildung in der Öffentlichkeit beitragen.

Die Bedeutung von professionellem Journalismus ist hoch / © Frank Molter (dpa)
Die Bedeutung von professionellem Journalismus ist hoch / © Frank Molter ( dpa )

 

Quelle:
KNA