Theologe Beinert fordert Gleichberechtigung bei Weihe

Reform oder Rückzug?

Wenn es in der Kirche nach Jesus ginge, würden Frauen geweiht werden, sagt der Theologe Wolfgang Beinert und warnt vor einem Niedergang der Kirche auf der Nordhalbkugel. Nur mit zeitgemäßen Reformen könne das Christentum aufblühen.

Frauen halten Schilder mit der Aufschrift (Auszüge) "Predigerinnen", und "Frauenweihe - Nichts ist unmöglich" am 8. September 2022 während der vierten Synodalversammlung am Infostand der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd)  in Frankfurt. / © Julia Steinbrecht (KNA)
Frauen halten Schilder mit der Aufschrift (Auszüge) "Predigerinnen", und "Frauenweihe - Nichts ist unmöglich" am 8. September 2022 während der vierten Synodalversammlung am Infostand der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) in Frankfurt. / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Der 92-jährige Theologe Wolfgang Beinert sagte am Sonntag im Interview mit dem schweizerischen katholischen Internetportal kath.ch: "Wenn sich herausstellt, dass nach Jesu Willen Frauen und Männer gleichgestellt, gleichberechtigt und von gleicher Erlöstheit sind, dann kann man auch die Frauenordination nicht mehr behindern."

Der emeritierte Regensburger Dogmatiker erläuterte, "genau genommen, wären sonst Frauen nicht erlöst worden". Denn Erlösung meine christusförmig zu werden, also auch in persona Christi handeln zu können. "Darin besteht nach kirchenamtlichen Aussagen das Wesen der Weihe", sagte Beinert. Der Theologe betonte, da die Kirche "aus dem nachösterlichen Zusammenschluss der Jesus-Leute" entstanden sei, gebe die Botschaft Jesu die Form vor, die seine Gemeinschaft haben müsse. Jede Reform müsse also auf Jesus Christus ausgerichtet sein.

Kirche ist keine Demokratie?

Das oft gehörte Argument gegen Beteiligung aller in der Kirche, Kirche sei keine Demokratie, beruht nach Beinert auf einer Verwechslung. Demokratie sei zunächst eine Staatsform - anders als die Kirche. Mit Demokratie könne man aber auch bestimmte Verfahrensnormen bezeichnen, die die gleichnamige Staatsform vornehmlich benutze. "So ist schon immer die Mehrheitsentscheidung, die Wahl, die Einbeziehung der Subjekte in die Entscheidungsfindung eine angemessene Möglichkeit der Leitung von Gemeinschaften - ebenso wie Dekrete der obersten Autorität oder Gremienentscheidungen", so Beinert.

Die Kirche habe bereits jetzt demokratiegenerierte Leitungsinstanzen. "Man könnte auch von Synodalität sprechen", erklärte der Theologe. Die daraus erwachsenden Möglichkeiten und Notwendigkeiten sind laut ihm noch lange nicht am Ende: "Ich glaube, dass der Gedanke von Synodalität in der Kirche nicht mehr unterdrückt werden kann."

Das Christentum sieht Beinert auf der nördlichen Halbkugel am Scheideweg: "Ohne Reformen im tiefen Sinn kann sie durchaus marginalisiert oder minimalisiert werden, so wie es in der Antike dem afrikanischen Christentum ergangen ist." Doch der Theologe sieht einen Ausweg: Wenn die Kirche bereit sei, "zeit-gemäss" zu handeln, könne sie "erneut blühen und zum Segen werden".

Kirchen und Frauenordination

Bis ins 20. Jahrhundert stimmten die Kirchen darin überein, dass das geistliche Amt gemäß der Bibel und der Tradition Männern vorbehalten ist. Die römisch-katholische Kirche sowie alle orthodoxen Kirchen halten bis heute daran fest. In den reformatorischen Kirchen wurde diese Sicht in den vergangenen Jahrzehnten revidiert. Vorläufer gab es bereits Mitte des 18. Jahrhunderts vereinzelt in der Herrnhuter Brüdergemeine, in methodistischen Kirchen sowie im 19. Jahrhundert in der Heilsarmee.

 V.l.: Kantorin KMD Marie-Luise Schneider, der katholische Dompropst Praelat Tobias Przytarski, die Pfarrerin der Kirche St. Petri - St. Marien, Corinna Zisselsberger / © Christian Ditsch (epd)
V.l.: Kantorin KMD Marie-Luise Schneider, der katholische Dompropst Praelat Tobias Przytarski, die Pfarrerin der Kirche St. Petri - St. Marien, Corinna Zisselsberger / © Christian Ditsch ( epd )
Quelle:
KNA