In Südafrika formiert sich die neue Partei "Volkskongress"

Konkurrenz für den ANC

Früher oder später würde es passieren: Dass die geschlossene Front des regierenden "Afrikanischen Nationalkongresses" (ANC) in Südafrika einmal bröckelt, wurde allgemein erwartet. Doch die derzeitige Abspaltung überrascht selbst Experten. Am Sonntag kommt der neue "Congress of the People" (Volkskongress) zum Gründungsparteitag in Bloemfontein zusammen.

Autor/in:
Corinna Arndt
 (DR)

Zum ersten Mal muss der altehrwürdige und mächtige ANC echte Konkurrenz fürchten, wenn auch nicht den Verlust der Macht bei den Wahlen 2009. Der neue ANC-Chef Jacob Zuma hat jubelnden Anhängern noch vor wenigen Monaten versichert, man werde regieren, bis Jesus zur Erde zurückkehre. Die Konkurrenz ist dem ANC aus den eigenen Reihen erwachsen, als Folge des Machtkampfes zwischen Zuma und seinem Amtsvorgänger, dem entmachteten ehemaligen Partei- und Staatspräsidenten Thabo Mbeki.

Auch den Parteinamen "Volkskongress" sieht der ANC als Angriff auf sein historisches Erbe und zog dagegen vor Gericht. Doch das kann die die neue Partei mit Abkürzung COPE nicht stoppen, die nach eigenen Angaben bereits 428.000 Mitglieder hat. Ein Blick auf das vorläufige Parteiprogramm lohnt sich: "COPE ist eine fortschrittliche demokratische Partei", heißt es da. Von einem "Neuen Weg" wird gesprochen und von einer "Politik des Fortschritts".

Sie stehen für eine sozialdemokratische Agenda
In Südafrikas politischer Kultur sind das Zauberwörter, die eine eher links angesiedelte Wählerschaft hören will. Sie stehen für eine sozialdemokratische Agenda, die ohne die Rhetorik des Unabhängigkeitskampfes auskommt und sich an europäischen Maßstäben orientiert. Für südafrikanische Verhältnisse ist das ein Ruck nach Rechts. Und tatsächlich sind es ja nicht etwa - wie lange erwartet - die ANC-Linken, die sich abspalten, sondern paradoxerweise die Konservativen, die alte Machtelite aus der Regierungszeit Mbekis, die der neuen, linken ANC-Führung um Zuma noch einiges nachträgt.

Die ehemalige Nähe zur Macht könnte der neuen Partei aber einiges an Glaubwürdigkeit kosten. So kritisiert der "Volkskongress" etwa die umstrittenen Quoten-Gesetze für Schwarze in der Wirtschaft, die lediglich eine kleine Elite von superreichen schwarzen Geschäftsleuten produziert habe, statt die arme Mehrheit wirkungsvoll an Aufstieg und Aufträgen zu beteiligen.

Die Ironie dabei: Die Parteiführung ist voll mit Nutznießern dieser Quoten, die mit lukrativen Regierungsaufträgen ihr Glück gemacht haben. Kein Wunder, dass man nun Wert legt auf den "Schutz von Eigentumsrechten und Landbesitz", was Kommunisten und Gewerkschafter am Kap gelegentlich infrage zu stellen wagen.

COPE verspricht zudem, entschlossen den Kampf gegen Aids aufzunehmen - und unterschlägt dabei, dass einige ihrer Prominenten jahrelang in Mbekis Kabinett saßen und die fatale Aidspolitik des Ex-Präsidenten stillschweigend unterstützten. Staatspräsident Mebki war im September 2008 zum Rücktritt gezwungen worden.

Sammelbecken für entmachtete Mbeki-Getreue
Die neue Partei will dafür sorgen, dass die massiven Probleme Südafrikas in der Nach-Apartheid-Ära künftig nicht mehr unter den Teppich gekehrt werden können. Dazu gehören die politische Instrumentalisierung von Polizei, Geheimdienst und Verwaltungsapparat, die Ineffizienz der Beamten, die Kriminalität und die Kluft zwischen Arm und Reich, die immer weniger mit der Hautfarbe zu tun hat.

Ob der "Volkskongress" mit klaren Worten auch Wahlen gewinnen kann, muss er noch beweisen. Bisher ist die neue Partei ein Sammelbecken für entmachtete Mbeki-Getreue, enttäuschte ANC-Mitglieder, in Ungnade gefallenen Kommunisten - und natürlich auch von Opportunisten unterschiedlichster Couleur. Die Schlammschlachten zwischen alter und neuer Partei haben schon begonnen. Umso mehr wird der Wahlkampf 2009 wird zum Prüfstein für Südafrikas Demokratie.

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