Zunächst lächelt David (gespielt von Mark Waschke) noch liebevoll amüsiert, als ihm seine kleine Tochter eröffnet, sie habe im Kindergarten geheiratet. Als sie jedoch erklärt, dass sie ihre Freundin Sabrina geheiratet hat, fängt sie sich eine Ohrfeige. Der Vater wird ernst: Gleichgeschlechtliche Ehe, erklärt er streng, sei Sünde, selbst im Spiel.
David und seine Frau Esther (gespielt von Bettina Zimmermann) sind Mitglieder einer evangelikalen Freikirche. Ihre vier Kinder erziehen sie streng religiös. Der Film "Gotteskinder" erzählt ihre Geschichte eine scheinbar modernen, harmonischen Familie in der sich alles um Lobpreis, Keuschheit und das Gebet dreht.
Die älteste Tochter Hannah (gespielt von Flora Li Thiemann) bereitet sich gerade auf ein Ritual vor, bei dem sie vor ihrem Vater und der Gemeinschaft geloben will, bis zur Ehe keusch zu bleiben. Ihr Bruder Timotheus (gespielt von Serafin Mishiev) steht kurz vor seiner Taufe und arbeitet fleißig an seinem selbstverfassten Bekenntnis zu Jesus.
Strenge Regeln mit Folgen
Doch schnell wird klar: Wer die Regeln übertritt, dem droht der Ausschluss aus der Gemeinschaft. Die überzeugte und engagierte Christin Hannah, muss irgendwann zu ihrem eigenen Erschrecken entdecken, dass sie Gefühle für den Nachbarssohn entwickelt. Da dieser sie ebenfalls mag, aber mit Religion oder gar Keuschheitsgelübden nichts anfangen kann, stürzt sie das in tiefe Gewissenskonflikte.
Timotheus wiederum hat sich in seinen Freund Jonas (gespielt von Lennox Halm) verliebt. Im Glauben, damit gegen Gottes Willen zu verstoßen und besessen von der Angst, seinen Vater zu enttäuschen, kämpft er verzweifelt gegen seine Gefühle an und begibt sich schließlich in ein "Seelsorgeseminar", das "Heilung" von seinen vermeintlich unreinen Gedanken verspricht.
Ein Jahr Recherche in der Freikirche
Regisseurin Frauke Lodders hat für ihren Spielfilm ein Jahr lang im Milieu der Freikirchen recherchiert. Nicht alle seien so erzkonservativ, erklärt sie im Interview mit DOMRADIO.DE. Aber sie sei überrascht gewesen, dass es diese evangelikalen Gemeinschaften die man in ihrer Radikalität bislang vor allem aus den USA und von den Anhängern Trumps kenne, auch in Deutschland gebe: "Dass es auch hier in Deutschland so fundamentalistische Gruppen gibt, war mir nicht bewusst", sagt sie.
Im Laufe ihrer Recherchen fand sie den Zugang in eine evangelikale Gruppe, indem sie vorgab, auf Glaubenssuche zu sein. Kein ungefährliches Unterfangen: "Ein Aussteiger hatte mich gewarnt und mir geraten, unter falschem Namen dort aufzutreten", erzählt sie. Andere Journalisten hätten nach ihren Recherchen Morddrohungen erhalten.
Attraktives Angebot
Sie besuchte zunächst Großveranstaltungen und gelangte so immer tiefer in die Szene. "Wir haben an einer 'Holy Spirit Night' teilgenommen", erzählt sie, "die Musik ist gut, die Gottesdienste regen zum Mitmachen an. Besonders für junge Menschen ist das sehr ansprechend." Heute versteht sie sehr gut, was Freikirchen für manche Menschen so attraktiv macht: Es gebe ein breites Angebot an gemeinschaftlichen Aktionen, Partys und Social-Media-Inhalten.
Der Auftritt sei immer hochprofessionell, groß und modern, mit der Botschaft: "Lasst uns zusammen Spaß haben. Lasst uns zusammen was bewegen!" Und schließlich werde jeder zunächst mit offenen Armen empfangen: "Man ist willkommen und wenn es dir schlecht geht, ist immer jemand da, der dir zuhört und für dich betet." Sie selbst habe berührende Begegnungen gehabt.
Viele Klischees
Diese können aber nicht über das erzkonservative, patriarchale Weltbild hinwegtäuschen, das in vielen Freikirchen gepredigt wird und in dem Homosexualität Sünde und Keuschheit eins der obersten Gebote ist. Der Film "Gotteskinder" führt vor Augen, wie das zu Selbsthass und einem Klima der Angst führen kann, in dem sich ein Jugendlicher bereits die Frage stellt: "Bin ich überhaupt gut genug für Gott?" Beklemmend ist die Szene, in der der frisch getaufte Timotheus für seine "sexuelle Missprägung" gescholten und gezwungen wird, seine schambesetzten Gedanken laut in der Gruppe vorzutragen.
Es hätte sicherlich auch weniger Eindeutigkeit gebraucht, um die Zwänge aufzuzeigen, in denen die beiden Teenies groß werden. Vieles im Film "Gotteskinder" kommt klischeehaft daher, wie etwa die Darstellung von Lobpreis singenden, Gitarre spielenden Christenguppen, deren Gespräche sich fast ausschließlich um Jesus, den Glauben und eine rigide Sexualmoral drehen. Die Realität ist – wie immer – deutlich vielschichtiger. Trotzdem ist der Film ein Einblick in ein Milieu, das viele der Zuschauer gar nicht kennen oder nur vom Hörensagen durch Geschichten aus dem Amerika Donald Trumps. Er deutet an, welche inneren Kämpfe gerade junge Menschen durchmachen müssen, wie schwer es ist, aus einem solchen Umfeld und einer solchen Erziehung auszubrechen.
Der Film "Gotteskinder" von Regisseurin Frauke Lodders ist vom 28. August 2025 an als Video-on-Demand zu sehen.