DOMRADIO.DE: Ein Theologe, der seinen Hund Theo nennt. Schon verdächtig, oder?
Jörg Stockem (Domvikar am Kölner Dom): Das hängt damit zusammen, dass er im vollen Namen Theophilus heißt. Wer Theologe ist, kennt den Namen aus dem Lukasevangelium und der Apostelgeschichte. Dem Theophilus sind diese beiden Schriften gewidmet. Aber der Kurzname Theo ist griffiger.
DOMRADIO.DE: Zu welche Rasse gehört Theo?
Stockem: Das ist ein Ungarischer Jagdhund, die heißen auf ungarisch Vizsla. Das heißt so viel wie Wedler. Das merkt man an der Rute. Das ist ein Vorstehhund. Dieses klassische auf drei Beinen stehen und mit der Nase auf die Beute zeigen nennt man Vorstehen. Ein ungarischer Jagdhund, mit dem ich jagen könnte, wenn ich Jäger wäre.
DOMRADIO.DE: Wie sind Sie auf den Hund gekommen?
Stockem: Im übertragenen Sinne dahingehend, dass ich immer mit großen Hunden oder überhaupt Hunden groß geworden bin. Meine Eltern hatten immer Hunde und die gehörten zur Familie dazu. Bis heute haben sie noch einen Hund, im Moment eine Hündin.
Ich habe mir das immer gewünscht, einen eigenen Hund zu haben. Das Dasein als Priester, Kaplan oder Pfarrer ist ein stressiges Dasein und lange war das nicht drin. Vor rund zehn Jahren sagte aber mein Hausarzt, dass ich dringend etwas tun müsste. Ich saß zu viel rum, in Sitzungen und in verschiedenen Treffen am Schreibtisch und so weiter.
Das habe ich zum Anlass genommen, als ich Pfarrer im Vorgebirge war, mitten in der Natur, wo viele Auslaufmöglichkeiten existieren. Außerdem hatte ich zwei Kapläne in einem Jahr, sodass ein bisschen Zeit war, sich auf das Tier einzulassen.
Wir hatten einmal einen solchen Ungarischen Vizsla auch zu Hause bei meinen Eltern. Die Rasse fand ich toll, die sind immer gut gelaunt und sehr menschenlieb. Man will als Priester niemanden, der andere Menschen verschreckt, die ins Haus kommen.
DOMRADIO.DE: Überträgt sich die gute Laune auch auf Sie?
Stockem: Ja, genau. Schon morgens, wenn wir aufstehen, wird erst mal geknuddelt. Er freut sich wahnsinnig, dass der neue Tag begonnen hat. Das färbt auf einen selber ab.
DOMRADIO.DE: Sie haben die Termine angesprochen, die Sie haben und deswegen auch viel herumsaßen. Darf Theo mit in solche Termine?
Stockem: Als Pfarrer war das so, dass er im Pfarrhaus immer dabei war und neben mir, dem Schreibtisch oder im Sitzungszimmer lag. Seitdem ich hier am Dom bin, ist das etwas schwieriger. In die Kirche habe ich ihn auch früher nicht mitgenommen. Das ist auch hier am Dom nicht möglich.
Er ist zum ersten Mal hier im Domforum, wo wir jetzt sind und wo ich auch mein Büro habe. Normalerweise ist aber das Mitbringen von Tieren nicht erlaubt. Wir machen heute eine Ausnahme. Ins Dombüro dürfte ich ihn nicht mitnehmen. Klar, da ist es eng und es gibt viel Publikumsverkehr. Es gibt auch nicht wenige Menschen, die Respekt oder sogar Angst vor Hunden haben. Da will man niemanden abschrecken.
DOMRADIO.DE: Welche Rolle übernimmt Theo für Sie? Treuer Begleiter, Freund, manchmal vielleicht auch Seelsorger auf vier Pfoten?
Stockem: Ja, könnte man so sagen. Er ist Mitbewohner, treuer Freund und Begleiter in allen Lebenslagen. Manchmal baut er einen auch wieder auf. Er ist nicht zuletzt mein Sportgerät. Ich habe ihn auch angeschafft, damit ich meine nötige Bewegung habe. Er ist schlank, hochbeinig und braucht viel Bewegung.
Er läuft auch viel am Fahrrad. Ich gehöre hier am Rhein, glaube ich, mittlerweile zum Stadtbild, wenn wir den Rhein rauf und runter flitzen. Bei jedem Wetter muss man raus. Wir Hundehalter sind die richtig Harten, die bei jedem Wetter unterwegs sind. Das hält einen fit und ist auch eine gute Sache. Ich habe darüber auch eine ganze Ecke abgenommen.
DOMRADIO.DE: Viele Menschen empfinden Tiere als Brücke zur Schöpfung. Wie erleben Sie das mit Theo?
Stockem: Ja, das kann ich in vielerlei Hinsicht auch sagen. Zum einen dadurch, dass ich mit ihm viel mehr in der Schöpfung, in der Welt und in der Natur unterwegs bin. Dadurch habe ich ein direkteres Verhältnis zur Schöpfung. Ich lebe mit den Jahreszeiten und den Vorgängen in der Natur.
Aber es ist auch ein Stück sich auf Schöpfung einzulassen, wenn man sich auf so ein Tier einlässt. Man muss die Körpersprache lesen lernen, man muss die Bedürfnisse kennen. Man muss einem Tier ermöglichen, seine Bedürfnisse auszuleben. Bei einem Jagdhund zum Beispiel ist das nicht nur seine Agilität, sondern auch die Affinität zur Nasenarbeit und Ähnliches. Das bedeutet, Schöpfung mehr zu verstehen, sich mehr auf sie einzulassen.
Er ist ein so liebes Tier, dass man schöpfungstheologisch sagen kann, da ist vielleicht auch ein Stück nicht wirklich gefallene Schöpfung bei ihm vorhanden.
DOMRADIO.DE: Gibt es noch eine besondere Geschichte oder Anekdote mit Theo, die Ihnen einfällt und zeigt, warum er wichtig für Sie ist?
Stockem: Ja, da gibt es viele Geschichten. Denn die Lebensgeschichte eines solchen treuen Begleiters ist mit einem sozusagen verwoben. Schön sind Geschichten aus seiner Welpenzeit, bei denen man miterlebt, wie er seine Welt entdeckt. Als ich ihn im Vorgebirge ins Pfarrhaus geholt habe, hat er zuerst das Terrain rundherum erkundet und die Stadt Bornheim, wo wir damals wohnten.
So ein kleiner Hund zieht jede Menge Menschen an. Ich habe unheimlich viele Gespräche geführt. Ich muss auch sagen, als Priester habe ich nie so viele Frauen mir zu Füßen liegen gehabt wie zu der Zeit, als ich einen Welpen hatte. Die stürzten auf mich oder eher auf den Hund zu und wollten ihn streicheln. Das waren schon sehr schöne Zeiten. Aber auch das jetzt ist ein neues Abenteuer für ihn, hier beim Domradio zu sein und er macht das mit mit Bravour.
Das Interview führte Tobias Fricke.