Sozialverbände wenden sich gegen allgemeine Dienstpflicht

"Nicht nötig"

Dienstpflicht oder freiwilliges Engagement? In der Debatte um die Wiedereinführung der Wehrpflicht und damit verbundene allgemeine Dienstpflicht beziehen die Sozialverbände in Deutschland klar Position. Die Caritas ist nicht dabei.

Soldaten der Bundeswehr / © Torsten Kraatz/Bundeswehr (dpa)
Soldaten der Bundeswehr / © Torsten Kraatz/Bundeswehr ( dpa )

Die großen deutschen Sozialverbände sind gegen eine allgemeine Dienstpflicht, wie sie für den Fall einer möglichen Wiedereinführung der Wehrpflicht diskutiert wird. "Aus unserer Sicht ist ein Pflichtdienst die falsche Antwort", sagte der Präsident der Arbeiterwohlfahrt (AWO), Michael Groß, "Süddeutsche Zeitung Dossier" (Mittwoch). 

Der Präsident der Diakonie Deutschland, Rüdiger Schuch, hält eine Dienstpflicht für "nicht nötig", wenn die Freiwilligendienste gestärkt würden. Derzeit leisten etwa 100.000 junge Menschen Dienste, etwa im Bundesfreiwilligendienst oder als ökologisches Jahr.

Diakoniepräsident Rüdiger Schuch / © Thomas Meyer (Diakonie Deutschland)

Die Anbieter der Freiwilligendienste fordern unter anderem ein Freiwilligengeld auf dem Niveau der Ausbildungsförderung (BAföG) und eine Einladung und Beratung aller jungen Menschen. In diesem Fall sähen sich "die zivilgesellschaftlichen Zentralstellen einschließlich der Diakonie in der Lage, die Zahl der Freiwilligendienste bis 2030 auf mindestens 200.000 pro Jahr zu verdoppeln", sagte Schuch.

Hasselfeldt für Gesellschaftsjahr

Ein "Jahr für die Gesellschaft" fordert die Präsidentin des Deutschen Roten Kreuzes (DRK), Gerda Hasselfeldt: "Es soll freiwillig, pragmatisch und für alle Jugendlichen offen sein." Die frühere Bundesgesundheitsministerin ergänzte, man müsse weg von den jährlichen Debatten über Haushaltsmittel hin zu einem verlässlichen Angebot. 

Die CSU-Politikerin ergänzte, mit einem "Jahr für die Gesellschaft" werde der Gedanke von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) zum Wehrdienst aufgegriffen, aber erweitert. "Die jungen Menschen sollten neben der Bundeswehr auch Informationen der Freiwilligendienstträger erhalten, die sie gleichermaßen annehmen können", sagte sie.

Gerda Hasselfeldt / © Matthias Balk (dpa)
Gerda Hasselfeldt / © Matthias Balk ( dpa )

Die Debatte um eine allgemeine Dienstpflicht hält Diakonie-Präsident Schuch angesichts der großen gesellschaftlichen Herausforderungen für "durchaus nachvollziehbar". Schuch ist aber wie seine Kollegen aus anderen Verbänden dafür, bestehende Formate zu stärken. "Freiwilligendienste sind ein Motor für die Demokratie", betonte er.

"Es ist eine hartnäckige Fehleinschätzung, dass junge Menschen zum Engagement gezwungen werden müssen" sagte AWO-Chef Groß. Allerdings brauche es dafür mehr öffentliche Förderung und nicht Haushaltskürzungen wie zuletzt. Kürzungen "zwingen unsere Träger, Plätze und pädagogisches Personal abzubauen", so Groß. Es sei gut, dass zumindest im Koalitionsvertrag hier eine Wende angekündigt worden sei. "Die Politik sollte die Rahmenbedingungen verbessern, statt über Zwang nachzudenken."

Quelle:
KNA