Caritas über beschleunigte Zulassung von Pflegekräften

So einfach ist das nicht

In der Coronakrise gehen manche Dinge unbürokratisch und im Eilverfahren. Warum also nicht schnell die zugewanderten Pflegekräfte in Deutschland zulassen? Der Deutsche Caritasverband hat dazu eine differenzierte Meinung.

In Deutschland fehlen Pflegekräfte / © anju901 (shutterstock)
In Deutschland fehlen Pflegekräfte / © anju901 ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Wie finden Sie den Vorschlag, ausländische Pflegekräfte, die sich in Deutschland befinden, schneller die Zulassung zu erteilen?

Nora Roßner (Deutscher Caritasverband, Referat Alter, Pflege, Behinderung): Generell ist die schnelle Zulassung wichtig, weil die bürokratischen Verfahren schon immer sehr aufwendig waren. Aber wir glauben nicht, dass es in der aktuellen Situation wirklich zu einer Entlastung führen kann. Denn es werden sich Zulassungsverfahren in unterschiedlichen Stadien befinden. Es besteht die Möglichkeit, dass einige Verfahren schnell abgeschlossen werden. Bei anderen, die erst am Anfang sind, wird es sicher nicht der Fall sein.

Es gibt auch schon in den letzten Jahren immer wieder Bemühungen, diese bürokratischen Verfahren unbürokratischer zu regeln, was bisher auch nicht funktioniert hat. Aber was wir jetzt brauchen, ist natürlich die sehr schnelle Entlastung des Pflegepersonals.

DOMRADIO.DE: Gäbe es dann ein Ad-hoc-Verfahren, das man anwenden könnte?

Roßner: Nein, einfach, weil die Voraussetzungen sehr unterschiedlich sind. Sie müssen bedenken, da sind ja Zulassungen auf ganz unterschiedlicher Ebene erforderlich. Da ist die Übersetzung von Abschlüssen notwendig und vieles mehr. Und in der derzeitigen Situation darf man auch nicht vergessen, dass die Arbeitsämter, die Arbeitsagenturen seit einiger Zeit auch Notfallbetrieb haben. Das heißt, dass da gar kein Personal zur Verfügung steht, was jetzt ad hoc ganz schnell ganz viele Anträge bearbeiten könnte.

DOMRADIO.DE: Dann nochmal kurz zusammengefasst: Was sind die Knackpunkte, warum so eine Beschleunigung der Zulassung jetzt nicht funktionieren kann?

Roßner: Zum einen ist sehr aufwendig. Es ist ja nun nicht nur ein Land, das ausgebildet hat, sondern es sind verschiedene Abschlüsse auf verschiedenen Ebenen, die sind nicht unbedingt mit den deutschen Abschlüssen zu vergleichen.

Wir haben das Riesenproblem, vor allem in der Altenpflege, mit fehlenden Sprachkenntnissen. Ohne entsprechende Sprachkenntnisse sind neu zugezogene Arbeitskräfte in eher patientenfernen oder sehr technischen medizinischen Bereichen, wie der Intensivpflege, einsetzbar oder sofort einsetzbar. Aber in anderen Bereichen scheitert es daran.

Und man darf auch nicht vergessen, es ist ja nicht so, dass neues Personal sofort leistungsfähig ist. Es bedarf immer einer gewissen Einarbeitung, und das ist in der derzeitigen Situation auch nicht zu gewährleisten.

DOMRADIO.DE: Jetzt ist der Bedarf an Pflegepersonal aber da - gibt es denn Alternativen, wie die Krankenhäuser schnell entlastet werden können?

Roßner: Ich kann für die Pflege sprechen, vor allem für die Altenpflege. Und da haben wir auf verschiedenen Ebenen schon die Idee gehört, man könne überlegen, ob man Auszubildende stärker einbezieht, ob man ehemalige FSJler (Absolventen des Freiwilligen Sozialen Dienstes, Anm. d. Red.) einbezieht oder Personen aus dem Bundesfreiwilligendienst. Wobei natürlich auch da das Problem ist, dass dieser Personenkreis zu einer Gruppe gehört, der ja nun eher den Kontakt zu älteren Menschen vermeiden sollte.

Aber es wäre wichtig, dass Pflege generell entlastet wird, und zwar von allen Aufgaben, die nicht unbedingt mit dem direkten Patientenkontakt, mit der direkten Pflegetätigkeit zu tun haben. Es geht im Moment darum, dass gerade sehr, sehr viel zu desinfizieren ist. Es müssen Lager aufgefüllt werden, so denn überhaupt die Lieferung klappt.

Das ganz vordringliche Problem aber, von dem ich gerade von allen Bundesländern höre, ist Schutzkleidung. Wenn die Dienste und die Einrichtungen nicht arbeitsfähig sind, dann nützt es auch nichts, wenn wir Personal haben. Also es geht darum, die Pflege arbeitsfähig zu halten.

DOMRADIO.DE: Was wäre Ihr Wunsch, was sich im Pflegebereich auch jetzt sofort angesichts dieser Corona-Epedemie ändern sollte?

Roßner: Ganz, ganz dringend das Thema Schutzkleidung. Das ist das Allerwichtigste, das bekomme ich immer wieder zurückgemeldet, und an zweiter Stelle steht natürlich die Entlastung von allen bürokratischen Verfahren, etwa Anträge auf Verordnung, dass es da einfach Möglichkeiten gibt, das unbürokratisch zu verlängern, bestimmte Dinge wie Qualitätsprüfung jetzt auch auszusetzen und - in dem Zusammenhang ganz wichtig - es braucht verbindliche Zusagen, verbindliche Anordnungen. Die Einrichtungen und Dienste brauchen Verbindlichkeit.


Akuter Mangel: Schutzkleidung in der Coronakrise / © Video Image Guy (shutterstock)
Akuter Mangel: Schutzkleidung in der Coronakrise / © Video Image Guy ( shutterstock )
Quelle:
DR