Kuba warnt Kolumbien vor möglichem Guerilla-Attentat

Signal an Washington, Bogota und die ELN

Havanna schickt mit seiner Terror-Warnung gleich mehrere Signale nach Washington, Bogota und an die Guerilla. Dies könnte Auswirkungen auf die Diplomatie und möglicherweise auch auf die Friedensgespräche haben.

Autor/in:
Tobias Käufer
Junge mit kolumbianischer Flagge / © Leonardo Munoz (dpa)
Junge mit kolumbianischer Flagge / © Leonardo Munoz ( dpa )

Vor gut einem Monat setzte der abgewählte US-Präsident Donald Trump mit einer seiner letzten Amtshandlungen Kuba auf die Liste jener Staaten, die den Terror unterstützten. Sein Vorgänger Barack Obama hatte die kommunistisch regierte Karibikinsel von dieser Liste genommen. Damals herrschte Tauwetter zwischen Havanna und Washington.

Doch unter Trump verschlechterten sich die Beziehungen zwischen beiden Ländern wieder. Kubas Regierung weigerte sich weiterhin, oppositionellen Kräften und regierungsunabhängigen Gruppierungen aus der Zivilgesellschaft die von ihnen eingeforderten demokratischen Grundrechte wie Parteigründungen oder staatliche Zuschüsse zu gewähren. Der Republikaner im Weißen Haus schielte auf die Wählerstimmen der Exilkubaner, die der Tauwetter-Politik kritisch gegenüberstanden.

Vertrauliche Informationen über ein geplantes Attentat

Umso interessanter ist vor diesem Hintergrund, was die kolumbianische Tageszeitung "El Tiempo" nun berichtete. Havanna soll der Regierung Kolumbiens vertrauliche Informationen über ein geplantes Attentat der marxistische ELN-Guerilla zugespielt haben. Demnach habe der kubanische Botschafter in der kolumbianischen Hauptstadt dem Außenministerium entsprechende Hinweise auf ein bevorstehendes Attentat in Bogota zukommen lassen. Die sich in Havanna befindliche Verhandlungskommission der ELN-Guerilla versicherte den Angaben zufolge, von derartigen Planungen nichts zu wissen, und distanzierte sich von militärischen Entscheidungen der "ELN-Ostfrontkampfgruppe".

Laut "El Tiempo" haben auch ein Vertreter der Vereinten Nationen und zwei Mitglieder der katholischen Kirche ein entsprechendes Schreiben des kubanischen Botschafters Jose Luis Ponce Caraballo erhalten.

Friedensgespräche nach Bombenattentat gestoppt

Mit diesem Schachzug bringt Kuba neue Bewegung in die Dreiecksbeziehung. Zum einen liefert es der neuen US-Regierung unter Präsident Joe Biden eine Argumentationshilfe, Kuba wieder von der Terrorliste zu nehmen. Zum anderen signalisiert Havanna damit auch der rechten Regierung in Bogota Gesprächsbereitschaft mit Blick auf die festgefahrenen Friedensgespräche mit der ELN. Die begannen bereits im Februar 2017 noch unter dem damaligen kolumbianischen Präsidenten und Friedensnobelpreisträger Juan Manuel Santos. Im Mai 2018 wurden sie in die kubanische Hauptstadt verlegt.

Nach einem verheerenden Bombenattentat der ELN auf eine Polizeischule in Bogota, bei der im Januar 2019 insgesamt 22 Menschen starben und 66 verletzt wurden, stoppte Kolumbiens amtierender Präsident Ivan Duque die Gespräche. Er nannte als Bedingungen für eine Wiederaufnahme der Verhandlungen die Freilassung aller ELN-Geiseln sowie die Einstellung der kriminellen Aktivitäten der Guerilla.

Zudem solle Kuba die für das Bombenattentat verantwortlichen Anführer der ELN an Kolumbien ausliefern. Kuba weigert sich und verweist darauf, dass das Land als Garantiemacht der Friedensgespräche nicht dazu in der Lage sei. Zuletzt bekam Kuba von Friedensnobelpreisträger Santos Rückendeckung, der die Entscheidung Trumps kritisierte, Kuba auf die Terrorliste zu setzen.

Gewalt in Kolumbien hält weiter an

Im Jahr 2016 hatte die Regierung Santos bereits ein Friedensabkommen mit der größten Rebellenorganisation des Landes, der FARC, geschlossen. Es beendete den mehr als 50 Jahre andauernden Bürgerkrieg. Für seinen Einsatz erhielt Santos Ende 2016 den Friedensnobelpreis. Die entwaffnete FARC sitzt inzwischen als politische Partei im Parlament. Ein Teil ihrer Kämpfer verweigert sich allerdings dem Friedensprozess und setzt den bewaffneten Kampf fort.

Die Gewalt in Kolumbien hält ohnehin weiter an: In den Drogenhandel verstrickte rechte paramilitärische Gruppen und linke Guerilla-Banden sind für die Ermordung zahlreicher Sozialaktivisten und Menschenrechtsverteidiger verantwortlich. Trotz aller Versprechen schaffte es die Regierung Santos bislang nicht, das Leben dieser Aktivisten zu schützen. Auch ehemalige FARC-Rebellen, die dem bewaffneten Kampf entsagten, werde immer wieder zu Opfern von Mordanschlägen. Die UN fordert deshalb von Bogota effektivere Schutzmaßnahmen für die Menschenrechtler.


Kolumbiens Präsident Santos / © Orlando Barria (dpa)
Kolumbiens Präsident Santos / © Orlando Barria ( dpa )
Quelle:
KNA
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