Es sei im Moment noch schwer vorstellbar, wie eine große Koalition aussehen soll. Franz Josef Jung, der als möglicher Nachfolger für Roland Koch im Gespräch ist, sei ein ganz enger Getreuer von Roland Koch und würde nicht unbelastet nach Hessen gehen. Sowas müsse "in Berlin entschieden werden", schätzt Robin Mishra.
Regierungsauftrag für die CDU?
Nach Ansicht der CDU wird Roland Koch (CDU) Ministerpräsident in Hessen bleiben. Es gehöre zur demokratischen Kultur, dass "die stärkste Partei den Regierungsauftrag hat", sagte CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla am Montag im ZDF-"Morgenmagazin". CDU und FDP hätten eine Mehrheit an Sitzen im hessischen Parlament, daher sei deutlich, dass kein Auftrag zur Regierungsbildung an die SPD und ihre Spitzenkandidatin Andrea Ypsilanti ergangen sei.
Der saarländische Ministerpräsident Peter Müller (CDU) unterstrich, der Auftrag zur Regierungsbildung liege bei der hessischen CDU als stärkste Partei. Müller betonte vor der CDU-Präsidiumssitzung, notwendig sei nun eine stabile Regierung mit einer "soliden Mehrheit" für Hessen. Müller bemängelte ebenfalls, dass die hessische CDU zu stark auf das Thema Jugendkriminalität gesetzt habe. "Eine stärkere Akzentuierung der Wirtschaftspolitik und Wirtschaftskompetenz wäre möglicherweise sinnvoll gewesen", sagte Müller.
SPD sieht sich in Regierungsverantwortung
Trotz der knappen Niederlage bei den Landtagswahlen in Hessen sieht SPD-Vize Andrea Nahles ihre Partei in der Regierungsverantwortung. "Der Wählerwille ist doch eindeutig, dass die SPD hier mit der Regierungsbildung auch beauftragt ist", sagte Nahles am Montag im RBB-Inforadio. Beim "brutalstmöglichen Absturz" von Ministerpräsident Roland Koch (CDU) habe es für die SPD nur um eine "Gnadenlänge" nicht zur stärksten Kraft gereicht. Allerdings stehe der hessischen SPD-Spitzenkandidatin Andrea Ypsilanti eine schwere Phase der Sondierung bevor.
Nahles lehnte ebenso wie Ypsilanti eine Zusammenarbeit mit der Linken ab. Es sei ein "Wermutstropfen", dass die Partei sich in zwei Landesparlamenten in Westdeutschland etablieren konnte. Mit Blick auf die große Koalition in Berlin sagte Nahles, die Auswirkungen der Wahlen würden sich in Grenzen halten.
Heil: "Ball liegt bei der SPD"
SPD-Generalsekretär Hubertus Heil hat an die hessische FDP appelliert, eine sogenannte Ampel-Koalition in Hessen nicht auszuschließen. Man müsse nun in Ruhe alles bereden, aber der "Ball liegt bei der SPD, den Grünen und auch der FDP", sagte Heil am Montag im ZDF-"Morgenmagazin". Er könne sich nicht vorstellen, dass die FDP im Wahlkampf antrete, um dann in die Opposition zu gehen.
Heil schloss erneut eine Koalition oder eine Tolerierung mit der Partei die Linke aus. "Die ist zu chaotisch", sagte Heil weiter. Er fügte hinzu, der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) habe keine Optionen mehr in Hessen. Es gebe eine "Koch muss weg"-Stimmung und die SPD-Spitzenkandidatin Andrea Ypsilanti werde die nächste Ministerpräsidentin sein, gab sich Heil überzeugt.
FDP gegen Ampel
Die FDP, lehnt ein Bündnis mit der SPD entschieden ab. Seine Partei sei nicht das "Stützrad" von Rot-Grün, sagte Hessens FDP-Landeschef Jörg-Uwe Hahn.
FDP-Parteichef Guido Westerwelle betonte: "Es ist uns gelungen, auch in Zeiten eines Linksrutsches uns als klare bürgerliche Kraft zu behaupten."
Option Jamaika?
Auch der FDP-Generalsekretär Dirk Niebel hat das Angebot der SPD zur Bildung einer Ampelkoalition in Hessen zurückgewiesen. "Es ist klar, dass die stärkste Partei die CDU geworden ist. Und deswegen hat sie die Aufgabe, Gespräche zu führen", sagte Niebel am Montag dem Fernsehsender N24. "Das ewige Anschleimen der Sozialdemokraten geht mir langsam wirklich auf den Zeiger. Die meinen, dass sie die Regierung bilden dürfen, und wollen uns die Verantwortung zuschieben."
Zugleich brachte Niebel eine mögliche "Jamaika-Koalition", bestehend aus CDU, FDP und Grünen, ins Gespräch. Wenn sich die Grünen bei den strittigen Themen in der Bildungs- und Energiepolitik sowie bei der Frage der Erweiterung des Frankfurter Flughafens bewegen würden, "hätte ich damit keine Probleme", sagte Niebel.
In Hessen gilt diese Lösung aber als unvorstellbar. Die hessischen Grünen pflegen eine tiefe Feindschaft mit der CDU. Ihr Spitzenkandidat Tarek Al-Wazir wollte dem Ministerpräsidenten bei der Fernsehdebatte nicht einmal die Hand geben.
Grüne wollen die Ampel
Auch Grünen-Fraktionschef Fritz Kuhn. Zugleich schloss er eine "Jamaika"-Koalition mit CDU und FDP in Hessen aus. "Wer den Wahlkampf angeguckt hat, der weiß, dass das außerhalb des Vorstellbaren ist", sagte er.
Die Grünen-Spitze macht sich für eine Ampelkoalition mit SPD und FDP in Wiesbaden stark. "Eine Partei, die von sich sagt, sie sei liberal, hätte die Möglichkeit, ein Bündnis mit SPD und Grünen zu schließen", sagte Grünen-Chefin Claudia Roth am Montag vor Beratungen der Spitzengremien ihrer Partei in Berlin.
Ihr Co-Vorsitzender Reinhard Bütikofer betonte, der Regierungsauftrag in Hessen gehe "eindeutig an die SPD", mit der seine Partei nun zunächst reden werde. Wenn man die Wahlergebnisse von Hessen und Niedersachsen bundespolitisch analysiere, komme man zu dem Ergebnis, dass Schwarz-Gelb nicht gestärkt worden sei. "Es sieht nicht so aus, als wolle Deutschland das so genannte bürgerliche Lager als Ersatz für die große Koalition".
Einer etwaigen Zusammenarbeit mit der Linkspartei erteilten Roth und Bütikofer eine klare Absage. "Was vor dem Wahltag gesagt ist, muss auch nach dem Wahltag gelten. Es kann da keine Koalition oder Tolerierung geben", sagte Bütikofer.
Kritik an Koch
In der CDU werden derweil die kritischen Stimmen lauter. Der nordrhein-westfälische Sozialminister und Chef des CDU-Arbeitnehmerflügels, Karl-Josef Laumann, distanzierte sich indirekt von Koch. "Ich glaube, dass der Politikstil von Christian Wulff, Reformen konsequent zu machen und dann einen argumentativen, differenzierten Wahlkampf zu führen, die richtige Linie ist."
Auch der Vorsitzende der Jungen Union, Philipp Mißfelder, kritisiert den Wahlkampf von Ministerpräsident Roland Koch (CDU). "Es ist sicherlich so, dass gerade die Themen wie Generationengerechtigkeit und Bildungspolitik eine sehr große Rolle für viele junge Menschen spielen, und da müssen wir überlegen, ob wir auch im plakativen Wahlkampf die richtigen Antworten geben", sagte Mißfelder am Montag im RBB-Inforadio. "Das ein oder andere hätte im Wahlkampf besser herausgestellt werden können", fügte er hinzu.
Nach den Wahlerfolgen der Linken will Mißfelder aber nicht verstärkt auf das Thema soziale Gerechtigkeit setzen. "Das ist ein sehr schwieriger Spagat, weil wir in der großen Koalition auch Wirtschaftsreformen machen wollen, und weil wir auch gleichzeitig weiter das Land reformieren müssen", sagte er. Andererseits gebe es in der Gesellschaft offenbar ein Bedürfnis nach besserer Verteilung. "Deshalb muss man immer abwägen: Wie weit kann Verantwortung gehen und wie weit letztendlich auch Wahlkampf?", sagte der Chef der Jungen Union.
Beckstein forderte die Union auf, das Soziale stärker zu betonen. "Die Union darf der SPD und der Linkspartei das Thema Soziale Gerechtigkeit nicht allein überlassen. Wir müssen das stärker wieder in den Mittelpunkt stellen", sagte Beckstein. Die soziale Marktwirtschaft sei ein Erfolgsmodell der Union.
Schwierige Regierungsbildung - kommt die Lösung aus Berlin?
Wahlnachlese
Die Spitzengremien der Bundesparteien beraten an diesem Montag in Berlin über den Ausgang der Landtagswahlen am Sonntag in Hessen und Niedersachsen. Auch die Spitzenkandidaten aus Hessen und Niedersachsen werden in Berlin erwartet. CDU-Generalsekretär Pofalla betonte, dass die stärkste Partei den Auftrag zur Regierungsbildung habe. Die Hoffnungen der SPD hängen an der FDP. Führende Sozialdemokraten forderten die hessische FDP zum Kurswechsel auf. Robin Mishra, Hauptstadt-Korrespondent des Rheinischen Merkur, sieht in einer großen Koalition für Hessen die einzig realistische Alternative. Allerdings wohl nicht unter der Führung von Roland Koch, so der Journalist im domradio-Interview.
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