Santos wird Kolumbiens nächster Präsident

Vollblutpolitiker aus der Oberschicht

Juan Manuel Santos hat es geschafft. Mit 69 Prozent der gültigen Stimmen wurde er in der Stichwahl am Sonntag zum kolumbianischen Präsidenten gewählt. Begeisterung löst das aber nur bei seiner rechten U-Partei aus: 56 Prozent der Kolumbianer gingen erst gar nicht zur Wahl.

Autor/in:
Gerhard Dilger
 (DR)

Es war das erste Mal, dass sich der 58-jährige Ökonom, Journalist und mehrfache Minister dem Wählervotum stellte. Profitiert hat der Spross einer Hauptstädter Traditionsfamilie dabei von der anhaltend hohen Popularität Uribes, der in seiner achtjährigen Amtszeit der FARC-Guerilla schwere Niederlagen zufügte.

Als Verteidigungsminister von 2006 bis 2009 spielte Santos dabei eine entscheidende Rolle. Im März 2008 ordnete er den Luftangriff auf ein FARC-Lager auf ecuadorianischem Territorium an, bei dem der Rebellenkommandant Raúl Reyes getötet wurde. Einige Monate später konnte er medienwirksam die Befreiung der entführten Politikerin Ingrid Betancourt aus den Fängen der FARC feiern.

In Santos' Amtszeit fiel allerdings auch der Skandal der "falsos positivos", der falschen Gefallenen: Über 2.300 junge Zivilisten wurden in den vergangenen Jahren unter falschen Versprechungen aus städtischen Armenvierteln in Kriegsgebiete gelockt. Dort wurden sie von Soldaten ermordet und anschließend als getötete Guerilleros ausgegeben, um die Erfolgsstatistik der Armee aufzubessern.

Mächtige Politiker- und Journalistenfamilie
Der verheiratete Vater dreier Kinder stammt aus der mächtigen Politiker- und Journalistenfamilie Santos aus Bogotá. Großonkel Eduardo war von 1938 bis 1942 Staatschef, Vetter Francisco amtiert derzeit als Vizepräsident. Zusammen mit dem spanischen Planeta-Konzern kontrolliert die Dynastie die "El-Tiempo"-Mediengruppe um die gleichnamige Tageszeitung.

Seinen Schulabschluss absolvierte Juan Manuel Santos an der Marineakademie in der nördlichen Hafenstadt Cartagena. In den 70er Jahren vertrat er die kolumbianischen Kaffeefarmer in London, anschließend wurde er stellvertretender Chefredakteur von "El Tiempo". Seit 1991 widmet er sich ganz der Politik. Als Mitglied der Liberalen Partei amtierte er als Außenhandels- und Finanzminister.

Er steht für Kontinuität
Während Uribes erster Amtszeit verließ er die Liberalen und gründete für den Präsidenten die U-Partei, seit 2006 die größte Kraft im kolumbianischen Parlament. Als es so aussah, als würde Uribe nach einer Verfassungsänderung einen dritten Wahlsieg in Folge ansteuern, bereitete Santos bereits geduldig seine eigene Wahlkampagne vor. Ende Februar durchkreuzte das Verfassungsgericht die Wiederwahlpläne des Staatschefs - und Santos stand bereit.

Im März galt er vielen schon als der sichere Sieger, doch dann zog der Grünenpolitiker Antanas Mockus in den Umfragen überraschend gleich. Santos fasste sich schnell wieder, schmiedete diskret Allianzen und gab sich auch in den Fernsehdebatten keine Blöße. Im ersten Wahlgang Ende Mai verfehlte er nur knapp die absolute Mehrheit.

Der Wirtschaftsliberale steht zwar für Kontinuität, aber in Herkunft und Politikstil unterscheidet er sich klar von Uribe. Statt Polarisierung strebt er eine "Regierung der nationalen Einheit" an, in seiner Siegesrede versprach er Harmonie zwischen Regierung und Justiz. Auch die zerrütteten Beziehungen zu den links regierten Nachbarländern Venezuela und Ecuador will er wieder verbessern. Am 7. August wird Juan Manuel Santos seinen Amtseid ablegen.