Russischer Priester bleibt wegen Kritik am Krieg in U-Haft

"Sie kommen in die Hölle"

Die russische Justiz hat die Beschwerde eines orthodoxen Geistlichen und Gegners des russischen Ukraine-Kriegs gegen seine Untersuchungshaft abgewiesen. Ein Gericht wirft ihm die wissentliche Verbreitung falscher Informationen vor.

Symbolbild Gefängnis / © holwichaikawee (shutterstock)
Symbolbild Gefängnis / © holwichaikawee ( shutterstock )

Das Stadtgericht Sankt Petersburg lehnte eine Freilassung des suspendierten Priesters Ioann Kurmojarow ab, wie sein Anwalt Leonid Krikun auf Facebook mitteilte.

Ein Gericht hatte am 9. Juni für zwei Monate Untersuchungshaft verfügt, weil Kurmojarow wissentlich falsche Informationen über die "militärische Spezialoperation", wie der Angriffskrieg in Russland genannt werden muss, verbreitet habe.

Video mit Anti-Kriegs-Äußerungen

Kurmojarow hatte im März in einem eigenen Video auf der Plattform YouTube den russischen Einmarsch in die Ukraine verurteilt. Jene, die den Krieg entfesselt hätten, kämen nicht in den Himmel, sondern in die Hölle, sagte er darin. Die Polizei nahm ihn am 7. Juni fest und beschlagnahmte unter anderem seinen Computer, seine Soutane, zwei Ikonen und ein Holzkreuz.

Drohende Gefahr eines Krieges zwischen Russland und der Ukraine / © Tomas Ragina (shutterstock)
Drohende Gefahr eines Krieges zwischen Russland und der Ukraine / © Tomas Ragina ( shutterstock )

Wer "falsche Informationen" über das russische Militär in der Ukraine in Umlauf bringt, dem drohen in Russland seit März bis zu 15 Jahre Haft. Das Parlament beschloss dies im Eilverfahren nach dem russischen Überfall auf die Ukraine von Ende Februar.

"Christlicher Pazifist"

Laut Online-Medien plädiert Kurmojarow auf unschuldig. Er sei ein "christlicher Pazifist". In dem Video habe er auf dem Gebot "Du sollst nicht töten" bestanden und deswegen einen Krieg abgelehnt.

Russische Staatsanwälte eröffneten nach Angabgen der Bürgerrechtsorganisation OWD-Info bereits gegen mehr als 170 Personen Strafverfahren wegen Protesten gegen den Ukraine-Krieg. In anderen Fällen wurden Geldbußen verhängt, so auch gegen zwei orthodoxe Priester.

Der russisch-orthodoxe Patriarch Kyrill I. unterstützt hingegen den Krieg gegen die Ukraine. Er ist ein Verbündeter des russischen Präsidenten Wladimir Putin.

Russisch-orthodoxe Kirche

Die russisch-orthodoxe Kirche ist mit rund 150 Millionen Gläubigen die mit Abstand größte orthodoxe Nationalkirche. In Russland bekennen sich gut zwei Drittel der Bevölkerung zu ihr - etwa 100 Millionen Menschen. Fast alle übrigen früheren Sowjetrepubliken zählt das Moskauer Patriarchat ebenfalls zu seinem kanonischen Territorium.

Russisch-orthodoxe Kirche mit Baugerüst / © Balakate (shutterstock)
Russisch-orthodoxe Kirche mit Baugerüst / © Balakate ( shutterstock )
Quelle:
KNA