Rückkehr zu G9 wirkt sich auch auf Freiwilligendienste aus

"Sprechen vermehrt Menschen über 27 Jahre an"

Ab nächstem Jahr machen Schülerinnen und Schüler in Nordrhein-Westfalen wieder nach 13 statt nach zwölf Jahren Abitur. Dadurch fällt ein ganzer Abschlussjahrgang weg. Für soziale Dienste fehlt dadurch auch ein Jahrgang Freiwilliger.

Autor/in:
Uta Vorbrodt
Altenpflege (Symbolbild) / © PRASAN MAKSAEN (shutterstock)
Altenpflege (Symbolbild) / © PRASAN MAKSAEN ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Es soll 2026 rund 40.000 Abiturientinnen weniger in NRW geben. Universitäten senken deshalb ihren Numerus clausus und die IHK rät Betrieben, schon frühzeitig auch junge Leute mit anderen Abschlüssen in den Blick zu nehmen. Welche Rolle spielen die Abiturientinnen und Abiturienten für die sozialen Dienste?

Monika Fecht (Referentin für Medienpädagogik und Öffentlichkeitsarbeit des Freiwilligen sozialen Dienstes im Erzbistum Köln): Bei uns liegt der Anteil an Abiturienten bei circa 60 Prozent. Wir haben auch viele Schüler von Real- und Hauptschulen. Wichtig ist zu erwähnen, dass nur der gymnasiale Abiturjahrgang im nächsten Jahr wegbricht, bei Gesamtschulen und Berufskollegs bleibt er bestehen. Daher rechnen wir im Erzbistum Köln mit ungefähr 25 Prozent weniger Freiwilligen, die uns im nächsten Jahr zur Verfügung stehen. Manche Träger rechnen mit mehr. 

Das unterscheidet sich, je nachdem welche Schulen im Einsatzgebiet besonders häufig vertreten sind, also ob es viele Gesamtschulen, Berufskollegs oder Gymnasien in einem Gebiet gibt.

DOMRADIO.DE: Wie ist aktuell das Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage?

Fecht: Das sieht gut aus. Die Zahlen von Freiwilligen steigen gerade wieder und wir haben ein großes Angebot an Einsatzstellen. Im Moment können wir jedem Freiwilligen auch eine Einsatzstelle vermitteln. Wir haben Einsatzstellen in Kitas, Senioreneinrichtungen und Schulen. Wir haben zudem die Bahnhofsmission hier in Köln, die Obdachlosen- oder Suchthilfe. Unsere Einsatzstellen sind ganz vielfältig.

DOMRADIO.DE: Wie geht jemand am besten vor, der oder die Interesse an einem Freiwillige Soziale Jahre hat?

Fecht: Wir haben einmal im Monat eine Online-Infoveranstaltung. Dort informieren wir erst einmal über die Rahmenbedingungen. Wenn dann Interesse besteht, gibt es noch ein persönliches Gespräch. Dabei kann man beispielsweise den Wunsch äußern, in eine Kita zu gehen. 

Dann schauen wir gemeinsam, welche Kita in Frage kommt. Dann kann man sich bewerben. Das FSJ muss kein ganzes Jahr lang sein, es können sechs oder zwölf Monate sein, man kann auch verlängern.

DOMRADIO.DE: Wenn im kommenden Jahr weniger Abiturientinnen und Abiturienten abgehen, gibt es dann Konkurrenz zwischen den Organisationen, die Freiwillige Soziale Jahre vermitteln?

Fecht: Nein, das Freiwillige Soziale Jahr ist eine Lern- und Orientierungsphase und ein Angebot für die Jugendlichen. Jeder Träger stellt sich anders auf. Wir haben zum Beispiel auch ein Angebot für Menschen über 27 Jahre, für Menschen, die keinen Schulabschluss haben und das bei uns im Freiwilligendienst nachholen können sowie auch für Menschen mit besonderer Begleitung.

Wir sind vielfältig aufgestellt. Wir im Erzbistum Köln haben auch Bildungsseminare, in denen sich den Freiwilligen gute Lernphasen bieten und wo sie sich weiterentwickeln können. Das ist sehr gut für die Persönlichkeitsentwicklung.

DOMRADIO.DE: Wie bereiten Sie selbst sich auf die sinkenden Freiwilligenzahlen vor? Machen Sie in besonderer Weise auf sich aufmerksam? 

Fecht: Wir machen natürlich vermehrt Werbung - auch in Hauptschulen, Gesamtschulen und Berufskollegs. Die Einsatzstellen sind informiert, dass es möglicherweise weniger Freiwillige im kommenden Jahr geben wird. Und wir kümmern uns jetzt auch vermehrt um die Menschen, die über 27 Jahre alt sind. 

Das Interview führte Uta Vorbrodt.

Quelle:
DR

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