DOMRADIO.DE: Wofür werden die Spendengelder verwendet?
Pfarrer Prof. Dr. Thomas Schwartz (Hauptgeschäftsführer des Osteuropa-Hilfswerks Renovabis): Die Spenden sind für die Priesterausbildung bestimmt. In vielen Ländern Osteuropas sind die Berufungszahlen noch etwas höher als bei uns – in manchen sogar deutlich. Aber junge Menschen, die sich auf einen Priester- oder Ordensberuf vorbereiten, brauchen eine gute Ausbildung, um den vielfältigen Herausforderungen in ihren Ländern gewachsen zu sein. Gerade mit Blick auf die Ukraine wird das deutlich. Und genau dabei möchten wir mit unserer Kollekte helfen.
DOMRADIO.DE: Sie haben es schon erwähnt: In Westeuropa herrscht Priestermangel. In Mittel- und Osteuropa scheint das anders zu sein?
Schwartz: Das muss man differenziert sehen. Nach einem Berufungsboom in den 1990er-Jahren sind die Zahlen auch dort in manchen Ländern zurückgegangen – etwa in Polen, Ungarn oder Kroatien. Aber in der Ukraine ist das anders. Dort sind die Priesterseminare voll.
In Lviv studieren rund 150 junge Männer für das Priestertum, in anderen Seminaren sind es ähnlich viele. Das ist ein Hoffnungszeichen, und es liegt nicht nur am Krieg, sondern auch daran, dass die Kirche dort noch sehr nah bei den Menschen ist.
DOMRADIO.DE: Sie waren selbst mehrfach in der Ukraine, zuletzt im Frühjahr. Welche Rolle spielen die Priester dort, die – wie Sie sagen – den Menschen nahe sind?
Schwartz: Eine sehr große. Besonders die Priester der katholischen und der griechisch-katholischen Kirche genießen großes Vertrauen. Sie sind Hoffnungsträger, weil sie die Menschen nicht verlassen haben. Viele sind als Militärseelsorger tätig oder kümmern sich um Binnenvertriebene und Gemeindemitglieder. Keiner ist geflüchtet – alle sind geblieben.
Das hat dazu geführt, dass sich die Menschen von der Kirche begleitet fühlen. Diese Nähe soll auch mit fachlicher Qualität verbunden sein – deshalb ist die Ausbildung so wichtig. Themen wie Prävention von Missbrauch oder seelsorgliche Kompetenz gehören dort noch stärker in die Ausbildung.
DOMRADIO.DE: Allerseelen fällt in diesem Jahr auf einen Sonntag. Was bedeutet das für Sie?
Schwartz: Wir hoffen natürlich auf eine etwas höhere Kollekte, weil sonntags mehr Gläubige in den Gottesdienst kommen. Und wenn sie wissen, dass ihr Beitrag nicht in der allgemeinen Gemeindekasse landet, sondern konkret der Priesterausbildung in Osteuropa zugutekommt, ist die Motivation sicher größer.
Es geht um Frauen und Männer, die sich auf ein Leben im Dienst der Kirche vorbereiten – oft unter schwierigen Bedingungen. Da darf es ruhig auch mal ein Schein statt nur eine Münze sein.
DOMRADIO.DE: Es gibt viele Krisenherde und Hilfswerke, die um Spenden bitten. Warum sollte man sich gerade für dieses Anliegen engagieren?
Schwartz: Weil die Priester und Ordensleute in Osteuropa Hoffnungsträger für die Menschen sind. Und genau das brauchen diese Länder am dringendsten: Hoffnung.
Das Interview führte Uta Vorbrodt.