Esten freuen sich auf Seligsprechung des Jesuiten Profittlich

"Wohl seiner Gemeinde in den Blick genommen"

Am 6. September wird der Jesuit Eduard Profittlich als erster Este seliggesprochen. Thomas Schwartz vom Hilfswerk Renovabis erklärt, wie bedeutend die Seligsprechung des gebürtigen Deutschen nicht nur für Gläubige in Estland ist.

Autor/in:
Marcus Poschlod
Unterlagen zum Seligsprechungsverfahren / © Cristian Gennari/Romano Siciliani (KNA)
Unterlagen zum Seligsprechungsverfahren / © Cristian Gennari/Romano Siciliani ( KNA )

DOMRADIO.DE: Was bedeutet die Seligsprechung von Eduard Profittlich für die katholische Kirche in Estland?

Thomas Schwartz / © Dieter Mayr (KNA)
Thomas Schwartz / © Dieter Mayr ( KNA )

Dr. Thomas Schwartz (Hauptgeschäftsführer der Solidaritätsaktion Renovabis): Zunächst einmal glaube ich, dass die Kirche jetzt in der estnischen Nation angekommen ist. Er ist nicht nur ein Symbol für den ersten Märtyrer und ersten Seligen aus Estland. 

In Estland stehen starke Säkularisierungstendenzen und eine große evangelische sowie orthodoxe Mehrheit einer geringen katholischen Minderheit gegenüber. Das ist ein Zeichen, dass die Katholiken in der Bevölkerung und auch in der Mitte der Gesellschaft angekommen sind und zu Estland gehören.

Thomas Schwartz

"Er muss das ein unglaublich sympathischer und lebensfroher Mensch gewesen sein." 

DOMRADIO.DE: Was machte den Jesuiten als Menschen aus?

Schwartz: Wenn man seine Lebensbeschreibungen und Briefe liest, die er an seine Familie geschrieben hat, dann muss das ein unglaublich sympathischer und lebensfroher Mensch gewesen sein. Er schreibt öfter über sein gutes Verhältnis zum evangelischen Bischof von Tallinn. 

Das geht nur dann, wenn man neben theologischer Klarheit menschliche Qualität mitbringt. Dadurch wurde er auch als Moselaner, als einer aus dem Bistum Trier und als einen Menschen aus dem Westen, bei den Menschen im Osten Europas willkommen geheißen. Ich glaube, er war ein sympathischer und netter Mensch.

Thomas Schwartz

"Er war einer, der nicht auf sich schaut, sondern auf die Bedürfnisse seiner Gemeinde."

DOMRADIO.DE: Was denken Sie, worin besteht sein Vorbild im Glauben?

Schwartz: Er ist ein guter Hirte gewesen. Er war einer, der nicht auf sich schaut, sondern auf die Bedürfnisse seiner Gemeinde. Der Papst hat ihm 1941 einen Brief geschrieben und gesagt, dass er immer das Wohl seiner Gemeinde in den Blick nehmen sollte. 

Für Profittlich war seine Gemeinde so wichtig, dass er sein eigenes Schicksal hinter das Wohl und das Wehe seiner Gemeinde zu stellen hatte und deswegen im Land blieb. Auch wenn ihm klar sein musste, dass er verfolgt und gegebenenfalls mit seinem Leben bezahlen muss.

Thomas Schwartz

"Die Esten sehen das als ein Zeichen, dass Menschen zu ihnen in einer Bedrohungssituation stehen und zu ihnen gestanden haben."

DOMRADIO.DE: Feiern nur die Katholiken die Seligsprechung oder ist das auch ein landesweites Ereignis?

Schwartz: Allein die Tatsache, dass die Seligsprechung auf dem zentralen Markt in Tallinn stattfindet und nicht in der kleinen überschaubaren diözesanen Kathedrale, ist ein Zeichen dafür, dass das ein Geschehen ist, dass die ganze Nation dort interessiert und involviert.

Die Esten sehen es als ein Zeichen, dass Menschen in einer Bedrohungssituation zu ihnen stehen und zu ihnen gestanden haben. Auch heute braucht Estland die Unterstützung wegen der Nähe zum Ukraine-Krieg und Russland.

Es ist ein Beispiel für ganz Estland und die ganze Nation feiert mit.

Das Interview führte Marcus Poschlod.

Eduard Profittlich

Eduard Profittlich wurde im heutigen Rheinland-Pfalz geboren.

Nach dem Studium der Philosophie und der Theologie wirkte er zunächst in Polen. 1930 folgte die Entsendung nach Estland. Sein Auftrag war der Aufbau der katholischen Kirche in dem baltischen Land. 1936 wurde Eduard Profittlich, der mittlerweile die estnische Staatsbürgerschaft angenommen hatte, durch Papst Pius XII. zum Erzbischof von Tallinn ernannt. Unter seiner Ägide gewannen die katholische Kirche und ihre pastorale Arbeit für die Esten immer mehr an Bedeutung.

Erzbischof Eduard Profittlich (KNA)
Erzbischof Eduard Profittlich / ( KNA )
Quelle:
DR

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