Reaktionen auf Falschaussage von Benedikt XVI.

Kirchenvertreter erschüttert

Der frühere Papst Benedikt XVI. hat eine wesentliche Aussage zum Münchner Missbrauchsgutachten korrigiert. Die Äußerung des emeritierten Papstes löste innerhalb der Kirche eine breite Debatte aus.

Archivbild: Rücktritt von Papst Benedikt XVI. - während eines Konsistoriums am 11. Februar 2013 / © Osservatore Romano (KNA)
Archivbild: Rücktritt von Papst Benedikt XVI. - während eines Konsistoriums am 11. Februar 2013 / © Osservatore Romano ( KNA )

Demnach räumt Benedikt XVI. ein, doch an der Münchner Ordinariatssitzung am 15. Januar 1980 teilgenommen zu haben. Allerdings sei darin nicht über den Einsatz eines wegen Missbrauchstaten verurteilten Priesters entschieden worden. Das geht aus einer Stellungnahme seines Privatsekretärs Georg Gänswein für die Katholische Nachrichten-Agentur hervor. Wie fallen die Reaktionen aus?

Bischof Rudolf Voderholzer sieht "gesamtgesellschaftliches Versagen" 

Bischof Rudolf Voderholzer / © Julia Steinbrecht (KNA)
Bischof Rudolf Voderholzer / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer verteidigte Benedikt XVI. und erklärte, die Kirche und der frühere Papst würden zu Sündenböcken und Blitzableitern für ein gesamtgesellschaftliches Versagen gemacht. Im Vergleich zum Schulwesen oder dem Sport sei die Kirche "meilenweit voraus".

Voderholzer äußerte den Verdacht, dass das Thema Missbrauch instrumentalisiert werde, um die Kirche zu verändern. Die Empörung über den Missbrauch sei "das Feuer, auf dem die Suppe des Synodalen Weges gekocht wird".
 

Bischof Peter Kohlgraf erschüttert und beschämt

Bischof Peter Kohlgraf / © Harald Oppitz (KNA)
Bischof Peter Kohlgraf / © Harald Oppitz ( KNA )

Für den Mainzer Bischof Peter Kohlgraf haben viele frühere Bischöfe ihre Vorbildfunktion eingebüßt. "Sie können nicht mehr meine Vorbilder sein", schreibt Kohlgraf am Montag in Mainz auch unter Verweis auch auf den 2017 gestorbenen Kölner Kardinal Joachim Meisner. "Es erschüttert durchaus meinen Glauben, wenn auch ich heute wegen des augenscheinlichen Versagens kirchlicher Amtsträger kritisiert werde. Aus dem Stolz, für Jesus Christus unterwegs zu sein, ist bei mir immer wieder auch Scham geworden und der Wunsch, die Erde möge sich unter mir auftun."

Bischof Stephan Ackermann spricht von "schweren Verfehlungen"

Bischof Stephan Ackermann / © Julia Steinbrecht (KNA)
Bischof Stephan Ackermann / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Der Trierer Bischof Stephan Ackermann zeigte sich ebenfalls erschüttert über die Vorwürfe gegen Benedikt XVI. "Dass hier auch einem ehemaligen Papst schwere Verfehlungen vorgeworfen werden, ist für viele Gläubige kaum mehr zu fassen und zu ertragen", so Ackermann.

Bischof Oster ist verwundert über Benedikt-Erklärung

Bischof Stefan Oster / © Maria Irl (KNA)
Bischof Stefan Oster / © Maria Irl ( KNA )

Der Passauer Bischof Stefan Oster hat sich verwundert über die Erklärung des emeritierten Papstes Benedikt XVI. zum Münchner Missbrauchsgutachten geäußert. "Ich frage mich natürlich, wie diese 82-seitige Stellungnahme, die seine Unterschrift trägt, entstanden ist", sagte Oster der "Passauer Neuen Presse" (Dienstag). Persönlich habe er Benedikt als grundehrlichen Menschen kennengelernt, der auch seinen bischöflichen Wahlspruch, "Mitarbeiter der Wahrheit" sein zu wollen, sehr ernst nehme.

Zentralkomitee der deutschen Katholiken kritisiert "Salamitaktik"

Thomas Sternberg und Irme Stetter-Karp / © Harald Oppitz (KNA)
Thomas Sternberg und Irme Stetter-Karp / © Harald Oppitz ( KNA )

Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) warf Benedikt XVI. eine "Salamitaktik" bei der Korrektur seiner Aussagen vor. "Es ist einfach nicht glücklich, dass er entgegen seiner anderslautenden schriftlichen Aussage lediglich etwas eingesteht, was nicht mehr zu verleugnen ist", sagte die Präsidentin des ZdK, Irme Stetter-Karp, den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Dies sei "noch immer kein Schuldeingeständnis". Der Forderung, Benedikt möge seinen päpstlichen Namen ablegen und sich wieder Ratzinger nennen, erteilte die ZdK-Präsidentin eine Absage. "Der Titel steht für mich nicht im Mittelpunkt. Mir ist es wichtiger, dass der emeritierte Papst Benedikt persönlich und moralisch Verantwortung übernimmt."

Ratzinger-Schüler Beinert fordert Zeichen der Reue

Wolfgang Beinert (KNA)
Wolfgang Beinert / ( KNA )

Auch der frühere Regensburger Theologieprofessor Wolfgang Beinert (88) hält eine Entschuldigung von Benedikt XVI. bei Missbrauchsbetroffenen für "unbedingt notwendig". Dem emeritierten Papst bleibe nur übrig zu sagen: "Ja, ich habe einen Fehler begangen und bereue ihn bitterlich", sagte Beinert der "Augsburger Allgemeinen". "Anschließend müsste er ein Zeichen setzen - so er das noch kann." Beinert war Assistent von Joseph Ratzinger in Tübingen und Regensburg. Er zählt zu dessen Schülerkreis.

Der Regensburger Theologe verwies darauf, dass es weitere "erschütternde« Aussagen in Benedikts Einlassungen gebe. So habe der emeritierte Papst sinngemäß bemerkt, dass damals Missbrauchsfälle nicht so ernst genommen worden seien. "Das geht nicht", kommentierte Beinert. "Denn in der Kirche waren sexuelle Vergehen immer eine schwere Sünde."

Maria 2.0 fordert Verzicht auf Titel und Insignien

Aktivistinnen der katholischen Reformbewegung "Maria 2.0" forderten den früheren Papst auf, seinen päpstlichen Namen abzulegen. Er habe den sexuellen Missbrauch Minderjähriger "auf geradezu dreiste Weise verharmlost".

Die Initiative "Wir sind Kirche" forderte ein persönliches Schuldeingeständnis von Benedikt XVI.

Matthias Katsch / © Julia Steinbrecht (KNA)
Matthias Katsch / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Der Sprecher der Betroffeneninitiative Eckiger Tisch, Matthias Katsch, sagte, Ratzinger gebe immer nur das zu, was nicht mehr geleugnet werden könne. Statt Verantwortung zu übernehmen, schiebe der frühere Papst die Schuld auf andere. "Die Opfer haben ihn nie interessiert."

Quelle:
KNA
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