Parteitag in Dresden mit ökumenischem Gottesdienst eröffnet - Merkel mahnt Ende des Flügelstreits an

CDU will Partei der Mitte sein

In Dresden ist am Montagvormittag der 20. Parteitag der CDU eröffnet worden. Die CDU-Vorsitzende, Bundeskanzlerin Angela Merkel, forderte in einer Grundsatzrede von ihrer Partei einen Kurs der Mitte. Am Nachmittag wird die Parteiführung neu gewählt. - Bei einem ökumenischen Gottesdienst am Vormittag hat der katholische Dresdener Bischof Joachim Reinelt einen Relativismus in der westlichen Gesellschaft beklagt.

 (DR)


Reinelt beklagt Relativismus in der Gesellschaft
Vor allem die Jugend sei oft hilflos Stimmungen und Meinungen ausgeliefert, sagte der Bischof am Montagmorgen. In der voll besetzten Frauenkirche hatten sich zahlreiche Delegierte und die gesamte Parteispitze eingefunden, darunter die Vorsitzende und Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Mit Blick auf die Gewalttaten von Jugendlichen an deutschen Schulen beklagte der Bischof, dass zu viele Eltern ihre Kinder "geistig verhungern lassen". Der Mensch brauche ein Mindestmaß an Wahrheit und Werten, die er sich selbst nicht erfinden könne. Der Bischof verwies auf die christlich-jüdische Tradition und mahnte, sich dazu auch in der Öffentlichkeit zu bekennen. Der Bischof erinnerte auch an die Wiedervereinigung Deutschlands und nannte den Parteitag in Dresden ein Geschenk. Allerdings werde auch nach 16 Jahren über Demokratie, Freiheit und Wohlstand noch zu oft in alten Kategorien gedacht.

Unverzichtbare Werte
Der Staat hat nach den Worten Reinelts die Aufgabe, das Miteinander der Menschen zu ordnen. Er dürfe sich aber nicht anmaßen, das Glück der Menschen schaffen zu wollen, wie es die Ideologen der DDR beansprucht hätten. Als unverzichtbare Werte für ein geordnetes Miteinander nannte er eine von Wahrheit und Recht getragene Freiheit, die Achtung der Menschenwürde von der Empfängnis bis zum natürlichen Tod sowie die  soziale Gerechtigkeit.

Der Bischof der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsen, Jochen Bohl, mahnte die Politik, einen Beitrag gegen das verbreitete Gefühl von Angst und Unsicherheit in der Bevölkerung zu leisten. Politiker müssten sich stets von der Überzeugung leiten lassen, dass der Mensch im Mittelpunkt ihres Handels stehe. Politik sei aber immer auch die Kunst des Kompromisses, sagte Bohl.

Merkel mahnt Ende des CDU-Flügelstreits an
Mit Hinweis auf die beiden Anträge des Sozial- und Wirtschaftsflügels für den Bundesparteitag betonte Merkel am Montag auf dem Parteitag in Dresden, als Physikerin wisse sie, dass Flügel Auftrieb verleihen. Als Politikerin fügte sie hinzu: „Das gelingt aber nur, wenn die Flügel nicht gegeneinander stehen." Wirtschaft und Soziales seien in der CDU nie Gegensätze gewesen, betonte Merkel. Die CDU sei die „große Volkspartei der Mitte" sowie von Arbeitnehmern und Arbeitgebern. Schichtendenken sei der CDU fremd. Beide Anträge zusammen zeigten, dass die CDU eine „Politik für alle" mache.

Die nordrhein-westfälische CDU fordert eine längere Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes I für langjährig Versicherte. Merkel verteidigte den Antrag, weil das Risiko für Ältere, keinen neuen Job bei Arbeitslosigkeit zu finden, größer sei als für Jüngere. Als Gegengewicht hat der baden-württembergische Landesverband einen Antrag vorgelegt, der Lockerungen des Kündigungsschutzes und die Forderung nach Schaffung betrieblicher Bündnisse für Arbeit beinhaltet.

Merkel betonte weiter, die Union habe 2005 für ein anderes Regierungsbündnis gekämpft. Jetzt gebe es aber die große Koalition, sie wolle auch das Beste aus dem Wählerauftrag machen. Merkel fügte aber hinzu, große Koalitionen müssten „die Ausnahme in unserer parlamentarischen Demokratie" bleiben.

Seit Wochen Rüttgers-Debatte
Die CDU debattiert seit Wochen über ihren Kurs. Insbesondere der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers und sein saarländischer Amtskollege Peter Müller dringen auf ein sozialeres Profil. Als Gegengewicht hat der baden-württembergische Landesverband einen Antrag vorgelegt, der Lockerungen des Kündigungsschutzes und die Forderung nach Schaffung betrieblicher Bündnisse für Arbeit beinhaltet. Zu beiden Anträgen wird eine Mehrheit erwartet, auch weil die jeweiligen Landesverbände ihre Anträge gegenseitig unterstützen wollen.

Am Nachmittag wird die Parteiführung neu gewählt. Neben Merkel als Parteichefin stellen sich Rüttgers, die Ministerpräsidenten von Niedersachsen und Hessen, Christian Wulff und Roland Koch, sowie Bundesbildungsministerin Annette Schavan für die Stellvertreterposten zur Wahl. Koch bewirbt sich erstmals für den Vizeposten. Der bisherige Stellvertreter Böhr tritt nicht erneut an. Zum neuen Schatzmeister soll der Bundestagsabgeordnete Eckart von Klaeden gewählt werden.