Papst schätzt die Mutter der katholischen Kirche in Kanada

Marie de l'Incarnation - eine der Aposteln Amerikas

Wenn Papst Franziskus bei seiner Kanada-Reise Quebec besucht, wird er überall auf Spuren der Ordensfrau Marie de l'Incarnation treffen. Eine Statue steht sogar vor dem Provinzparlament. Für ihn zählt sie zu den Aposteln Amerikas.

Autor/in:
Von Christiane Laudage
Marie de l'Incarnation, Ordensfrau der Ursulinen in Kanada / © Ursuline Sisters of the Canadian Union/Romano Siciliani (KNA)
Marie de l'Incarnation, Ordensfrau der Ursulinen in Kanada / © Ursuline Sisters of the Canadian Union/Romano Siciliani ( KNA )

Seit Ende April läuft in Quebec ein Gedenkjahr für Marie de l'Incarnation (1599-1672). Mit verschiedenen Veranstaltungen wird an ihren Tod vor 350 Jahren erinnert. Die Ordensfrauen der Ursulinen hat als erste Klostergründerin in der französischen Neuen Welt, dem späteren Kanada, mutig und unerschrocken Pionierarbeit geleistet. Die von ihr errichtete Mädchenschule gilt als die erste in ganz Nordamerika.

Marie de l'Incarnation: ein Sinnbild für die Anfänge der katholischen Kirche in Kanada. Papst Johannes Paul II. bezeichnete sie daher bei der Seligsprechung 1980 als "Mutter der katholischen Kirche in Kanada". Auch Papst Franziskus schätzt Marie hoch. Er nahm sie im April 2014 per Dekret, sogar ohne vorherigen Nachweis eines Wunders, in den Heiligenkalender auf. Für ihn zählt sie zu den Aposteln des amerikanischen Kontinents.

Papst Franziskus betet auf dem Friedhof der Ermineskin Cree Nation zwischen den Gräbern der Schüler der Ermineskin Indian Residential School. / © Paul Haring (dpa)
Papst Franziskus betet auf dem Friedhof der Ermineskin Cree Nation zwischen den Gräbern der Schüler der Ermineskin Indian Residential School. / © Paul Haring ( dpa )

Franziskus wird auf seiner Kanada-Reise auch Quebec besuchen. Doch ist der Anlass nicht etwa das Gedenken an die Ordensfrau, sondern eine Entschuldigung an Kanadas indigene Bevölkerung, die in sogenannten Residential Schools furchtbar leiden mussten. Dort sollte ihnen ihre indigene Herkunft ausgetrieben und sie an die Kultur der europäischen Einwanderer angepasst werden.

Schatten auf Ursuline

Diese Schuld der katholischen Kirche, die viele der Residential Schools betrieb, wirft auch einen Schatten auf das Werk der französischen Ursuline Marie de l'Incarnation. Sie betrieb Mission als Assimilation - wie es damals üblich war. Heute aber wird genau das - im Wissen um die Folgen - eher negativ bewertet.

Geboren als Marie Guyart im französischen Tours, entschied sie sich als Witwe für das Ordensleben. In diesem neuen Leben bewies sie großen Mut: 1639 reiste sie im Schiff gemeinsam mit zwei weiteren Ursulinen nach Kanada. Die Aufgabe der Nonnen: Mädchen für die Ehe oder das Kloster zu erziehen. Sie sollten die europäische Gesellschaft in den Kolonien reproduzieren.

Ursulinen bauten Schulen

In Quebec lebten damals nur ein paar hundert Menschen. Die Ursulinen bauten dort ein Kloster mit einer Schule, wo sie eine sehr unterschiedliche Gruppe junger Mädchen unterrichteten: die französisch geprägten Töchter der Siedler und die Mädchen aus den verschiedenen indigenen Gemeinschaften.

Marie de l'Incarnation lernte dafür sogar die Sprachen der Algonquin, Montagnais und der Irokesen, in denen sie Wörterbücher, Gebete und Katechismen verfasste. Die Ursulinen brachten den Mädchen Lesen und Schreiben in ihrer indigenen und der französischen Sprache bei.

Assimilation von Mädchen

Der Schwerpunkt der Ausbildung lag allerdings darauf, die Mädchen zu assimilieren. Sie schnitten ihnen die Haare nach französischem Vorbild, kleideten sie so und brachten ihnen Sticken und Malen nach französischer Art bei. Ziel war, dass die Mädchen auf Dauer zum christlichen Glauben übertraten und damit in ihre Gemeinschaften hineinwirkten; dass sie ihre traditionellen religiösen Gebräuche aufgaben oder - noch besser - ins Kloster eintraten.

Soweit bekannt, ist Letzteres nicht geschehen. Die Ursulinen und Marie de l'Incarnation ahnten, woran das liegen könnte: an der Klausur. Sie lebten abgetrennt von der Außenwelt, mit der sie nur durch ein Gitter kommunizieren konnten. Später kamen dann Missionarinnen für die Neue Welt aus Ordengemeinschaften, die weniger strenge Formen des Zusammenlebens praktizierten.

Eifrige Briefschreiberin

Schwester Marie war eine eifrige Briefschreiberin. Man schätzt, dass sie ungefähr 8.000 Briefe verfasste, in denen sie ihre Adressaten in Frankreich über das Leben in der Mission informierte; darüber, was die Ursulinen in der Neuen Welt leisteten oder welche Gefahren sie zu überstehen hatten. Diese Briefe sind eine unverzichtbare Quelle für das Leben im kolonialen Kanada.

Marie de l'Incarnation sah ihre französische Heimat nie wieder. Sie starb am 30. April 1672 mit 72 Jahren in Quebec. Sie wird zurecht dafür bewundert, dass sie weitergegangen ist als die meisten Frauen ihrer Zeit. Sie hat sich für die jungen, indigenen Mädchen in ihrer Obhut zudem intensiv mit ihren Sprachen und Kulturen beschäftigt. Andererseits legte sie mit dem Bemühen, die indigenen Mädchen zu europäisieren, mit die Grundlage für das, was später viel Unheil brachte.

Papst an Indigene: Kirche kniet nieder und bittet um Vergebung

Papst Franziskus hat mit einer ausführlichen Vergebungsbitte an Indigene seine "Bußwallfahrt" in Kanada begonnen. "Ich bitte demütig um Vergebung für das Böse, das von so vielen Christen an den indigenen Bevölkerungen begangen wurde", sagte das katholische Kirchenoberhaupt am Montagvormittag (Ortszeit) vor Überlebenden früherer "Residential Schools" auf dem Gelände einer der größten dieser Internatsschulen in Maskwacis/Alberta.

Papst Franziskus betet auf dem Friedhof der Ermineskin Cree Nation zwischen den Gräbern der Schüler der Ermineskin Indian Residential School. / © Paul Haring (dpa)
Papst Franziskus betet auf dem Friedhof der Ermineskin Cree Nation zwischen den Gräbern der Schüler der Ermineskin Indian Residential School. / © Paul Haring ( dpa )
Quelle:
KNA