Papst ruft Tschechiens Jugend zu christlichem Engagement auf

Achtungserfolge im Land der Atheisten

Mit einer überraschend gut besuchten Messe für junge Menschen hat Papst Benedikt XVI. am Montag seine dreitägige Tschechien-Reise beendet. Rund 50.000 Jugendliche jubelten ihm in Stara Boleslav (Altbunzlau) bei Prag zu, als er sie aufforderte, "gläubig und glaubwürdig" zu sein und in jedem Bereich der Gesellschaft für ihre christlichen Ideale und Prinzipien einzustehen. Nach der Messe in Brno (Brünn) vom Vortag - mit 120.000 die größte in der Geschichte der jungen Republik - waren allein schon die Zahlen für den Papst ein Achtungserfolg in einem Land mit weniger als fünf Prozent Kirchgängern.

Autor/in:
Ludwig Ring-Eifel
 (DR)

Den Erfolg hat sich Benedikt XVI. erarbeitet. Gedanklich fernab vom Nachwahl-Getöse in der deutschen Heimat tat er das, was er am besten
kann: Er argumentierte, lud zum Nachdenken ein, machte Menschen Mut zum Glauben.

Sprachlich präsentierte sich der Professoren-Papst in Bestform. Seine Sätze waren klar und eingängig. Selbst wenn er über den heiligen Augustinus dozierte, erging er sich nicht im Abstrakten, sondern erklärte, was der große Kirchenlehrer damals im Glauben gefunden hatte: Dass Christus die Antwort auf die Sehnsucht jedes Menschen nach einem glücklichen und sinnerfüllten Leben sei.

Klare und einfache Sprache
Ungewohnt konkret war auch seine Auseinandersetzung mit den alten und neuen Formen des Atheismus: Bei Menschen, denen es allein um materiellen Erfolg gehe, brauche man "nur an der Oberfläche zu kratzen, um festzustellen, dass in ihnen Traurigkeit und Unzufriedenheit herrscht".

Unklar ist, ob es seine Berater waren, die Benedikt XVI. eine einfache Sprache empfohlen haben, oder ob vielleicht die Fraktur der rechten Hand im Sommerurlaub ihn zwang, das Verfertigen der Gedanken beim Schreiben abzukürzen. Das Ergebnis ist jedenfalls beachtlich.

Sogar kurze, prägnante Formeln im Stil eines Obama prägte Benedikt XVI. auf seiner Reise. Europa sei nicht nur ein Kontinent, sondern ein Zuhause, war einer dieser Sätze. Für die Debatte um die christlichen Wurzeln hat dieses Bild Konsequenzen: Dem Papst geht es nicht um eine geistige Rückeroberung des einst christlichen Kontinents, sondern "nur" um seine Verankerung in den Begriffen der Freiheit, der Wahrheit und des Guten. Auf dieser Basis ist die Offenheit für die christliche Botschaft gegeben. Nicht weniger, aber auch nicht mehr.

"Kampf gegen die Moderne"
Damit widerlegte Benedikt XVI. auch jene, die ihm einen "Kampf gegen die Moderne" unterstellen. In seiner Grundsatzrede in der Prager Burg bekannte er sich zur Trennung von Staat und Kirche. Damit zeigte er sich moderner als sein Vorgänger, der zumindest in seiner polnischen Heimat ein enges Miteinander beider Bereiche befürwortete.

Als prägend könnte sich auch das griffige Wort erweisen, das er am Samstag im Anflug auf Prag sagte: Die Kirche müsse ihre Rolle als die einer "kreativen Minderheit" begreifen. Was der Papst da für das derzeit atheistischste Land Mitteleuropas formulierte, könnte schon bald für viele Länder Europas gelten, auch für Deutschland. Denn wenn dort - gefördert durch Kirchenaustritte, eine veränderte Kirchensteuerbasis und erstarkte Liberale in der Regierung - das institutionelle Gewicht der Kirche eines Tages abnehmen sollte, könnten die Prager Ideen des Papstes auch in seiner fernen Heimat Wirkung entfalten.

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