Das Comeback der Natur in der Corona-Pandemie

Nachhaltig oder Strohfeuer?

Vor fünf Jahren, am 24. Mai 2015, veröffentlichte Papst Franziskus seine Enzyklika "Laudato si" zum Thema Klimawandel. Jetzt zeigt die Corona-Krise: Ist der Mensch weg, erholt sich die Natur überraschend schnell.

Autor/in:
Michael Lenz
 (DR)

In Thailand kehren Schildkröten an die leeren Touristenstrände zurück, und Korallenriffe zeigen erste Anzeichen der Erholung. Weil in Neu Delhi durch den Lockdown der Autoverkehr fast zum Erliegen kam, wurde die Luft so klar, dass erstmals seit Jahrzehnten in der Ferne wieder die schneebedeckten Berge des Himalaya sichtbar wurden. In den Bosporus wagten sich wieder Delfine, und in den Kanälen von Venedig wurden wieder Quallen gesichtet.

Folgen der Pandemie für die Umwelt

In normalen Zeiten stört durch die Bewegungen von Verkehrsmitteln und Industrieanlagen eine Art Grundrauschen die seismologischen Messungen unter der Erde. Durch die globalen Ausgangs- und Verkehrsbeschränkungen war dieses Störgeräusch still geworden - und bot so die Chance für genauere Erdbebenmessungen, wie der belgische Seismologe Thomas Lecocq im April dem Wissenschaftsmagazin "Nature" sagte.

Die Internationale Energieagentur IEA berichtet in ihrem Ende April veröffentlichten Global Energy Review vom größten Rückgang der Nachfrage nach Energie seit dem Zweiten Weltkrieg. Der CO2-Ausstoß werde in diesem Jahr um acht Prozent oder 2,6 Milliarden Tonnen sinken, schätzt die IEA.

Entgegen allerlei Verschwörungstheorien wurde Covid-19 von Tieren auf den Menschen übertragen, wie schon zuvor HIV, SARS oder das Ebola-Virus. Für viele Wissenschaftler ist der Grund dafür der rapide schwindende Lebensraum der Tiere durch Urbanisierung, Abholzung von Wäldern und Ausbeutung der Natur. Anders ausgedrückt: Tier und Mensch rücken immer enger zusammen.

Lockdown zeigt auch Chancen auf

Mit einem Mal wird durch den Lockdown für jedermann erlebbar: Der Mensch hat es tatsächlich in der Hand, Umwelt- und Klimazerstörung gegenzusteuern. Papst Franziskus, Umweltorganisationen und Klimaschützer sehen daher in der Corona-Pandemie eine Chance für eine ökologische Umkehr. Franziskus hatte dies bereits in seiner vor fünf Jahren veröffentlichten Umweltenzyklika "Laudato si" angemahnt. Jetzt sei die Zeit, von der Heuchelei zum Handeln überzugehen und einen grundlegenden Wandel in Politik, Wirtschaft und persönlichem Handeln einzuleiten, betonte der Papst nun im Interview der britischen Zeitung "The Tablet".

Als einer der ersten katholischen Führungspersönlichkeiten in Asien zog der indonesische Kardinal Ignatius Suharyo Hardjoatmodjo in seiner Osterbotschaft eine Verbindung zwischen der "ökologischen Sünde" und Covid-19. "Das bedeutet, der Ausbruch ist geschehen, weil die Menschen die Harmonie der Natur zerstört haben", sagte der Erzbischof von Jakarta.

Corona-Krise als Chance

Der Direktor der Internationalen Energieagentur, Fatih Birol, ist skeptisch, ob die neuen Verhaltensweisen aus der Corona-Ära nachhaltig sein werden. "Niemand sollte irgendwas von dem für selbstverständlich halten", mahnte Birol bei der Vorstellung des Energieberichts. Die Regierungen forderte der Experte auf, jetzt die politischen und finanziellem Weichen für CO2-arme Technologien in den Mittelpunkt ihres wirtschaftlichen Wiederaufbaus zu stellen.

Das Netzwerk Philippine Misereor Partnership (PMPI) nutzt die Corona-Krise als Chance, mit noch mehr Nachdruck die Natur als eigenständige juristische Person im Recht der Philippinen zu verankern. Der Gesetzentwurf "Rights of Nature" (RoN) liegt bereits dem Parlament vor. Im Zentrum der RoN-Strategie für die Post-Corona-Zeit stehe die Verbindung von sozialer Gerechtigkeit und ökologischer Erneuerung, sagt Yolanda Esguerra, Chefin des vom Hilfswerk Misereor geförderten PMPI. "Grundelemente sind die Achtung und Anerkennung der Rechte der Natur sowie die Fürsorge und Gerechtigkeit für die am stärksten marginalisierten und verletzbaren Gruppen der Gesellschaft."

Beim "Petersberger Klimadialog" Ende April betonte UNO-Generalsekretär Antonio Guterres, die "internationale Gemeinschaft hat die profunde Chance die Welt auf einen nachhaltigeren und inklusiveren Weg zu steuern". Das könne aber nur durch eine weltweite Zusammenarbeit gelingen, mahnte Guterres und fügte hinzu: "Wie das Coronavirus respektieren auch die Treibhausgase keine Grenzen... Kein Land kann alleine erfolgreich sein."


Quelle:
KNA
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