Nach Papst-Treffen mit Islamvertretern: Kardinal Lehmann glaubt im domradio an nachhaltigen Erfolg

Papst will "Brücken der Freundschaft"

Erfolg für die Verständigungsoffensive von Papst Benedikt XVI.: Muslimische Teilnehmer würdigten das Treffen mit dem Oberhaupt der Katholischen Kirche als "Fortschritt für den christlich-islamischen Dialog". Benedikt hatte sich im September mit Botschaftern mehrheitlich islamischer Staaten in getroffen.

 (DR)


Erfolg für die Verständigungsoffensive von Papst Benedikt XVI.: Muslimische Teilnehmer würdigten das Treffen mit dem Oberhaupt der Katholischen Kirche als "Fortschritt für den christlich-islamischen Dialog". Benedikt hatte sich am Montag mit Botschaftern mehrheitlich islamischer Staaten in getroffen. In seiner Ansprache bezeichnete er den Dialog zwischen Christen und Muslimen als "lebensnotwendig". - Reaktionen: Der Journalist Paul Badde beschrieb im domradio-Interview die Atmosphäre des Treffens als "freundlich". Auch Kardinal Lehmann zeigte sich erleichtert im domradio-Interview.

Positive Reaktionen
Benedikt habe erneut seinen tiefen Respekt vor dem Islam ausgedrückt, sagte der irakische Vatikan-Botschafter Albert Yelda nach der Begegnung vor Journalisten. Nun sei es Zeit, weitere Brücken zwischen den Religionen zu schlagen. "Ich bete darum, dass die Krise nun hinter uns liegt", betonte Yelda. Zugleich betonte er, dass der vom Papst geforderte und auch von muslimischer Seite verfolgte Dialog Zeit erfordere. Die Brücken dazu ließen sich nicht in wenigen Tagen errichten.

Auch der Präsident des islamischen Dachverbands in Italien (UCOII), Mohammed Nour Dachan, begrüßte den erneuten Vorstoß des Papstes. Benedikt XVI. habe eine sehr "klare und brillante" Rede vor den Botschaftern gehalten. Für ihn seien die Kontroversen um die Regensburger Äußerungen nun überwunden, so Dachan. Dabei habe der Dialog zwischen den Religionen auch für Muslime Priorität.

Dr. Salim Al Bosta ist für die Gesellschaft für technische Zusammenarbeit (GTZ) in Saudi Arabien und schildert im domradio-Interview, die positive Resonanz auf das Treffen im arabischen Raum.

Von dem Austausch mit den Muslimen "hängt ein Teil unserer Zukunft ab"
Die Einladung zum direkten Dialog, an dem auch hochrangige italienische Muslime teilnehmen, ist der jüngste Akt einer Reihe von Maßnahmen, mit denen der Vatikan die Wogen glätten will. Inzwischen geht es schon weniger um Schadensbegrenzung als um einen Schritt zu neuen, tieferen Beziehungen zwischen der katholischen Kirche und der islamischen Welt.

Bei seiner Ansprache hat Papst Benedikt XVI. den Dialog zwischen Christen und Muslimen als "lebensnotwendig" bezeichnet. Von einem positiven Austausch der Anhänger beider Religionen "hängt ein Teil unserer Zukunft ab", betonte er in seiner Rede in Castelgandolfo. Christen und Muslime rief er dabei zu verstärkter Zusammenarbeit auf. "Interreligiöser Dialog ist nötig für den gemeinsamen Aufbau einer friedlichen Welt", sagte das Kirchenoberhaupt.

Papst unterstreicht erneut Respekt vor dem Islam
Bei dem Treffen unterstrich der Papst erneut seinen Respekt vor dem Islam. Gleichzeitig forderte er im Hinblick auf Einschränkungen für die Glaubensausübung von Christen in einigen islamischen Ländern Gegenseitigkeit bei der Gewährung der Religionsfreiheit. Christen und Muslime müssten zusammenarbeiten, "um Intoleranz zu vermeiden und gegen jede Form von Gewalt Widerstand zu leisten", sagte Benedikt.

Das Zweite Vatikanische Konzil der sechziger Jahre mit seiner Betonung der Achtung vor Muslimen sei die "Magna Charta des christlich-islamischen Dialogs", erklärte der Papst. Gegenseitiges Verständnis zwischen den Glaubensgemeinschaften sei in der heutigen, von Relativismus geprägten Welt, die das Religiöse auszuschließen drohe, um so wichtiger, mahnte das Kirchenoberhaupt.

Vatikan geht in die Informationsoffensive
Noch am Abend der Rückkehr des Papstes aus Bayern wies der vatikanische Pressesaal jede beleidigende Absicht des Kirchenoberhaupts zurück. Dennoch eskalierten die Proteste. Marokko bestellte den Vatikan-Botschafter ein, vielerorts kam es zu Gewalt, in Somalia ermordeten islamische Extremisten eine katholische Ordensfrau. Anlass für Benedikt XVI., sich persönlich an die Welt zu wenden. Er tat es zwei Mal: beim Angelusgebet am Sonntag vergangener Woche und nochmals bei der Generalaudienz am Mittwoch.

Dabei beteuerte der Papst seinen tiefen Respekt vor den anderen Religionen. Seine Worte sollten zu einem "positiven und auch selbstkritischen Dialog zwischen den Religionen" ermutigen. Er habe - auch mit der schroffen Anekdote aus dem 14. Jahrhundert - unterstreichen wollen, "dass nicht Religion und Gewalt, sondern Religion und Vernunft zusammengehen". Angesichts von Attentatsdrohungen wirkte es fast wie eine Demonstration des Glaubens an die Vernunft der Menschen, dass Benedikt XVI. bei seiner Audienz wie gewohnt im offenen Wagen durch die Menge fuhr. Allerdings waren die Sicherheitsvorkehrungen auf dem Petersplatz merklich erhöht; auch in anderen Kirchen Italiens herrschte Terror-Warnstufe.

Die päpstlichen Botschafter in der arabischen und islamischen Welt sollten den Regierungen neben dem vollständigen Text der Ausführungen in arabischer Übersetzung auch die entsprechende Erklärung von Kardinal-Staatssekretär Tarcisio Bertone sowie die Bedauernsäußerung des Papstes persönlich vortragen. Das halbamtliche Presseorgan des Heiligen Stuhls, der "Osservatore Romano", brachte die Entschuldigung Benedikt XVI. in Arabisch als Titelstory - ein Unikum in der fast 150-jährigen Geschichte des Blatts.

Proteste flauen ab - Verständnis wächst
Während die Proteste abflauten und zunehmend Verständnis für die Ansprache des Papstes wächst, zeigt sich ein wachsendes Interesse an mehr Information: Beim vatikanischen Buchverlag häuften sich Anfragen nach Übersetzungen der umstrittenen Rede, die auf den päpstlichen Webseiten nur in vier Sprachen - Deutsch, Italienisch, Englisch und Französisch - abrufbar ist. Kurienkardinal Paul Poupard erwägt, bedeutendere Papst-Ansprachen von vornherein auch auf Arabisch zu veröffentlichen, um künftig Missverständnisse zu vermeiden.

Türkeibesuch im November findet statt
Für Benedikt XVI. steht nach dem Diplomatentreffen in Castelgandolfo schon bald eine weiterer Kontakt mit Muslimen auf dem Programm: die Türkei-Reise, die für Ende November geplant ist. Nach den Verstimmungen der vergangenen Tage gab es zwar Spekulationen, ob der Besuch vielleicht aus Sicherheitsgründen abgesagt würde. Sowohl vatikanische Stimmen als auch der im türkischen Iskenderun residierende Bischof Luigi Padovese wiesen dies jedoch zurück. Auch wenn einige Hitzköpfe während der Papstreise wohl nicht ruhig bleiben würden, fände das katholische Oberhaupt in der Türkei jetzt doch mehr Aufmerksamkeit denn je, hofft Padovese. Insofern sei die Debatte um das Regensburger Zitat auch "in gewissem Sinn eine Fügung".
(dr, epd, KNA)

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