Moskauer Patriarch suspendiert Europa-Bischof

Angebliche Teilnahme an Pokerspielen

Ein wichtiger russisch-orthodoxer Bischof soll an mehreren Poker-Turnieren teilgenommen haben. Der Moskauer Patriarch Kyrill I. hat ihn nun vorläufig des Amtes enthoben, aber ohne die Vorwürfe publik zu machen.

Patriarch Kyrill / © Oleg Varov/Russian Orthodox Church Press Service/AP (dpa)
Patriarch Kyrill / © Oleg Varov/Russian Orthodox Church Press Service/AP ( dpa )

Das Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche, Patriarch Kyrill I., hat seinen leitenden Bischof für Westeuropa suspendiert, Metropolit Nestor (Sirotenko). Als Grund nannte das Moskauer Patriarchat am Wochenende ein kirchliches Gerichtsverfahren, das gegen den 51-Jährigen laufe. Was Nestor vorgeworfen wird, wurde nicht bekannt gegeben. 

Am Pokertisch (shutterstock)

Der in Moskau geborene Metropolit leitete seit Oktober 2022 das Exarchat Westeuropa mit Sitz in Paris, das neben Frankreich unter anderem die Schweiz, die Niederlande, Belgien und Großbritannien umfasst. Zudem stand er der spanisch-portugiesischen Eparchie (Diözese) und den italienischen Gemeinden vor.

Anlass für Nestors Suspendierung ist Kirchenexperten zufolge seine Teilnahme an Poker-Turnieren. Die orthodoxe Theologin Natallia Vasilevich sagte am Montag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA): "Es gibt viele Fotos davon. Und er meldete sich unter seinem eigenen Namen zu den Turnieren an."

Kriegsgegner

Das sei eine "sehr bequeme Anschuldigung für Kyrill, um den Metropoliten aus dem Amt zu entfernen", so Vasilevich. Denn das russisch-orthodoxe Kirchenrecht verbietet Glücksspiele wie Turnierpoker. 

Natallia Vasilevich

"Würde er aktiv den Krieg befürworten, hätte es keinerlei Maßnahmen gegen ihn gegeben."

Als wahren Grund für die Suspendierung sieht sie allerdings, dass Nestor gegen Krieg gewesen sei und Priester unterstützt habe, die den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine ablehnten. "Würde er aktiv den Krieg befürworten, hätte es keinerlei Maßnahmen gegen ihn gegeben", zeigt sie sich überzeugt.

Nestors Aufgaben übertrug der Patriarch vorläufig Metropolit Mark (Golowkow). Der 61-Jährige hat bereits Erfahrung mit der Leitung von Eparchien in West- und Mitteleuropa. Von 2009 bis 2015 stand er der damaligen Diözese für Österreich und Ungarn vor. Seit Ende Dezember 2024 verwaltet er vorübergehend die Eparchie Ungarn.

Zuvor war der dortige Metropolit Hilarion seines Amtes enthoben worden. Die Vorwürfe gegen ihn reichten von sexuellen Übergriffen auf einen Assistenten bis zu einem unangemessenen Luxusleben sowie einem selbstherrlichen Umgang mit Spendengeldern.

Russisch-orthodoxe Kirche

Die russisch-orthodoxe Kirche ist mit rund 150 Millionen Gläubigen die mit Abstand größte orthodoxe Nationalkirche. In Russland bekennen sich gut zwei Drittel der Bevölkerung zu ihr - etwa 100 Millionen Menschen. Fast alle übrigen früheren Sowjetrepubliken zählt das Moskauer Patriarchat ebenfalls zu seinem kanonischen Territorium.

Russisch-orthodoxe Kirche mit Baugerüst / © Balakate (shutterstock)
Russisch-orthodoxe Kirche mit Baugerüst / © Balakate ( shutterstock )
Quelle:
KNA