Monsignore Austen berichtet von Herausforderungen für Kirche in Island

"Davon können wir in Deutschland viel lernen"

Island ist mit seiner unberührten Natur ein beliebtes Urlaubsziel. Aber wie ist es um das religiöse Leben im hohen Norden bestellt? Monsignore Georg Austen vom Bonifatiuswerk ist gerade auf der Insel und berichtet von der Kirche dort.

Autor/in:
Carsten Döpp
Eine Kirche in Island / © Theresa Meier (Bonifatiuswerk)

DOMRADIO.DE: Monsignore Austen, Sie waren schon oft auf Island. Was fasziniert Sie persönlich an dieser Insel? 

Monsignore Georg Austen (Generalsekretär und Hauptgeschäftsführer des Bonifatiuswerks der deutschen Katholiken): Zum einen ist es natürlich die Landschaft aus Vulkanen, Eis, Wasser und den großen Entfernungen, die es auf Island gibt. Es ist wirklich ein Abenteuer, diese Landschaft zu sehen. Zum anderen fasziniert mich an Island, dass gerade die katholische Kirche dort sehr lebhaft ist und in einer großen Diasporasituation als Minderheit wächst. Es gab vor 20 Jahren etwa 3.400 registrierte Katholiken auf Island, heute sind es über 16.000. 

Monsignore Georg Austen / © Wilfried Hiegemann (Bonifatiuswerk)

Das heißt, die Zahl der Katholiken ist immer noch sehr klein, aber sehr stark gestiegen. Das sind etwa vier Prozent der Bevölkerung der Insel. Die Kirche in Island steht vor der gewaltigen Herausforderung, als eine Migrantenkirche mit über 170 Nationen, vielen Menschen eine Beheimatung als Geflüchtete oder Arbeitsmigranten zu geben. So verbindet sich das Abenteuer der Landschaft mit dem Abenteuer des Lebens.

DOMRADIO.DE: Das Bonifatiuswerk unterstützt schon seit langem Projekte für die kleine katholische Minderheit in Island. Unter welchen Bedingungen glauben Katholikinnen und Katholiken dort? 

Austen: Es gibt weite Entfernungen sowie natürlich einen Reichtum an Nationalitäten und auch an Glaubensformen, die sich dort verbinden. Das merkt man etwa an den Sprachen: Von Polnisch über Philippinisch bis zu Kroatisch kommt dort sehr viel zusammen. Aber diese Sprachenvielfalt ist auch ein großes Problem. Die Kirche auf Island ist eine junge und wachsende Kirche, aber auf der anderen Seite auch materiell sehr arm und finanziell auf unsere Solidarität angewiesen. Seit über 50 Jahren unterstützen wir als Bonifatiuswerk die katholische Kirche in Nordeuropa – und das ist dringend nötig. 

Georg Austen

"Die Kirche in Island schaut, dass sie nicht nur als eine Migrantenkirche gesehen wird. Sie fragt sich auch, wie die Inkulturation in die isländische Gesellschaft gelingen kann."

DOMRADIO.DE: Sie haben auf Ihrer aktuellen Reise den Bischof von Reykjavík getroffen. Wo sieht er aktuell die größten Herausforderungen für die katholische Kirche auf Island? 

Austen: Ein wichtiger Punkt ist natürlich, eine Beheimatung zu bieten und die Menschen zu begleiten. Das gilt besonders für Geflüchtete, etwa aus der Ukraine. Die Kirche in Island schaut, dass sie nicht nur als eine Migrantenkirche gesehen wird. Sie fragt sich auch, wie die Inkulturation in die isländische Gesellschaft gelingen kann. 

Katholiken sind in Island eine Minderheit / © Theresa Meier (Bonifatiuswerk)
Katholiken sind in Island eine Minderheit / © Theresa Meier ( Bonifatiuswerk )

Es kommen auch immer mehr Isländer zum Glauben und wachsen in die Kirche hinein. Dann gibt es ein personelles Problem: Es gibt nur 17 Priester, die hier wirken. Kaum einer von ihnen hat auch isländische Wurzel. Gleichzeitig muss die Kirche angesichts der großen Entfernungen Räumlichkeiten schaffen, denn die Kirchen- und Gemeinderäume sind zu klein. Es gibt also viele Probleme.

DOMRADIO.DE: In Island spielen die Orden eine wichtige Rolle für das Glaubensleben. Welche Gemeinschaften haben Sie besucht? 

Austen: Wir haben beispielsweise in Stykkishólmur eine Gemeinschaft besucht, die wir die "blauen Schwestern” nennen. Sie sind sehr engagiert in der Pastoral. Eine Schwester kommt von den Philippinen, eine andere aus Argentinien. Für Katechese und Gottesdienst müssen sie sehr viele Kilometer zurücklegen. Es ist beeindruckend zu erleben, mit welchem Glaubenszeugnis, mit welchem Engagement sie auch unter den klimatischen Bedingungen Islands leben. 

Georg Austen

"Die Kirche in Island schaut, dass sie nicht nur als eine Migrantenkirche gesehen wird. Sie fragt sich auch, wie die Inkulturation in die isländische Gesellschaft gelingen kann."

Sie bekommen allerdings praktisch keinen Lohn für ihre Tätigkeit. In der Kirche müssen sie das, was sie brauchen – etwas drastisch ausgedrückt – erbetteln. Und die Lebenshaltungskosten auf Island sind sehr hoch. Wir haben aber natürlich auch noch weitere Ordensleute besucht.

Christus-der-König-Kathedrale im isländischen Reykjavik, die einzige katholische Kathedrale Islands / © Cormac W. Walsh (shutterstock)
Christus-der-König-Kathedrale im isländischen Reykjavik, die einzige katholische Kathedrale Islands / © Cormac W. Walsh ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Noch sind Sie auf Island. Können Sie uns aber jetzt schon sagen, welche Eindrücke oder Erkenntnisse Sie dieses Mal aus dem hohen Norden mit nach Hause nehmen werden? 

Austen: Zum einen das Hineinwachsen in die isländische Kultur. Ich besuche später noch einen Ort, in dem eine Kirche mit einem neuen Gemeindezentrum gebaut wird. Seit fast 15 Jahren wartet die Gemeinde darauf. Im Moment feiern die Gläubigen dort in zwei kleinen Räumen im Wohnzimmer die Gottesdienste. Dafür müssen sie teilweise über 150 Kilometer weit fahren. Es ist ein riesiges Projekt, das wir vom Bonifatiuswerk mit über einer Million Euro fördern. 

Die Gesamtkosten belaufen sich auf etwa 3,6 Millionen Euro. Aber es ist unbeschreiblich, die Freude der Menschen zu sehen, dass diese Kirche jetzt endlich wächst und man dort ein Gemeindezentrum bekommt. Dort können sie ihren Glauben leben. Ich erlebe hier sehr viel Gastfreundschaft und Freundlichkeit, trotz dieser schwierigen Verhältnisse. Davon können wir in Deutschland viel lernen. 

Das Interview führte Carsten Döpp.

Quelle:
DR

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