Islands Bischof sieht seine katholische Kirche im Wachstum

"Menschen suchen die Nähe zu Gott"

Das Libori-Fest zieht Tausende Gäste an, auch aus anderen Ländern. In diesem Jahr feiern unter anderem der isländische Bischof und sein Sekretär mit den Paderbornern mit. Ihre Gemeinden seien zwar klein, aber sie wachsen auch schnell.

David Tencer (Bischof von Reykjavik) und Agnar Óli Snorrason (Bischofssekretär und Finanzdirektor der Diözese) (DR)
David Tencer (Bischof von Reykjavik) und Agnar Óli Snorrason (Bischofssekretär und Finanzdirektor der Diözese) / ( DR )

Interview im Original-Ton:

DOMRADIO.DE: Sie sind von Island nach Deutschland gereist, um an den Libori-Festlichkeiten teilzunehmen. Sie nehmen nicht zum ersten Mal teil. Wie waren ihre Erfahrungen bisher?

Festandacht und Beisetzung der Reliquien des heiligen Liborius / © Nicolas Ottersbach (DR)
Festandacht und Beisetzung der Reliquien des heiligen Liborius / © Nicolas Ottersbach ( DR )

David Tencer (Bischof von Reykjavik): Ich nehme zum zweiten Mal an der Libori-Feier teil. Es war damals eine tolle Erfahrung und ich sehe schon, dass es in diesem Jahr noch besser wird. Es ist sehr schön.

David Tencer

"Wir in Island sind die größte dynamische Kirche in Europa."

DOMRADIO.DE: In Island gibt es nur wenige Katholiken. Deswegen gibt es dort vermutlich keine Veranstaltung, die Tausende von Menschen zusammenkommen lässt, um zu feiern, oder?

Tencer: Nicht Tausende, aber wir können sagen, dass wir in Island die größte dynamische Kirche in Europa sind. Das bedeutet, dass sich die katholische Kirche in Europa verkleinert. In Island jedoch wächst sie schnell. 

Ich muss jedoch auch sagen, dass es daran liegt, dass viele Ausländer nach Island kommen. Unter den Einwanderern sind viele Katholiken, vor allem aus Polen, Litauen und den Philippinen.

David Tencer

"Die Menschen suchen etwas Besonderes und die Nähe zu Gott." 

DOMRADIO.DE: Die Zahl von isländischen Katholiken steigt ebenfalls. Ungefähr die Hälfte sind Isländer und die andere Hälfte Immigranten. Ist es schwierig, Menschen vom katholischen Glauben zu überzeugen?

Tencer: Nein, aber wir betreiben auch keinen Proselytismus. Das bedeutet, dass wir die Menschen nicht werben, sondern ihnen eine offene Tür bieten. Jedes Jahr treten in Island ungefähr 20 Erwachsene der katholischen Kirche bei. 

Das bedeutet, dass diese Menschen etwas Besonderes und die Nähe zu Gott suchen. Außerdem sind unsere Sakramente und unsere Feiern sehr attraktiv.

DOMRADIO.DE: Sie bauen sogar neue Kirchen mit der Hilfe des Bonifatiuswerks.

Tencer: Das ist ein weiteres neues Phänomen. In Europa werden die alten Kirchengebäude geschlossen. In Island haben wir keine alten Kirchen. Deswegen müssen wir neue Orte für die Gemeinden bauen. 

Es geht voran bei dem Bau der neuen Kirche in Selfoss: Bischof Tencer zeigt Mitglieder der Diözese Reykjavík die Baustelle / © Ivan Sović (Bonifatiuswerk)
Es geht voran bei dem Bau der neuen Kirche in Selfoss: Bischof Tencer zeigt Mitglieder der Diözese Reykjavík die Baustelle / © Ivan Sović ( Bonifatiuswerk )

Ein attraktives Projekt gibt es in Selfoss. Dort entsteht eine neue Pfarrgemeinde: die Pfarrgemeinde "Saint Cross" (Heilig Kreuz, Anm. d. Red.). Wir danken allen Unterstützern, weil sie eine große Hilfe sind. Ohne ihre Hilfe könnten wir nichts bauen.

David Tencer

"Der einzige Weg ist, nah an den Menschen zu sein."

DOMRADIO.DE: Was kann man von den isländischen Gemeinden lernen? Wie können Europäer den Glauben wiederfinden?

Bauarbeiten in Selfoss, Island / © Ivan Sović (Bonifatiuswerk)

Tencer: Der einzige Weg ist, nah an den Menschen zu sein. Der Zugang zu den Menschen ist wichtig und die Erreichbarkeit der Menschen, die in der Kirche arbeiten. Diesen Kontakt schätzen die Menschen wert.

DOMRADIO.DE: Wie funktioniert eine Kirche mit so wenigen Leuten? Wie werden diese Kirchen finanziert?

Agnar Óli Snorrason (Bischofssekretär und Finanzdirektor der Diözese): Es gibt eine verpflichtende Steuer für arbeitende Isländer. Ein Teil davon geht an die Kirche, der sie zugehörig sind. Außerdem gibt es Sponsoren aus dem Ausland, die uns maßgeblich unterstützen.

Agnar Óli Snorrason

"Ich wollte religiöser und meinen christlichen Glauben ernsthafter leben."

DOMRADIO.DE: Sie persönlich sind zum Katholizismus konvertiert. Warum haben Sie sich entschieden, Katholik zu werden?

Snorrason: Ich wollte religiöser und meinen christlichen Glauben ernsthafter leben. Ich habe versucht, zu Messen der Isländischen Staatskirche zu gehen. Die bietet jedoch kein Leben mit einer wöchentlichen Messe und einer festen Gemeinschaft, die einen unterstützt. 

Außerdem habe ich angefangen, die Evangelien und die Bibel erneut zu lesen. Bei der Art, wie der Herr über Sakramente spricht, wurde mir klar, dass eine Kirche, die keine echten Sakramente hat, nicht die wahre Kirche sein kann.

Das Interview führte Renardo Schlegelmilch.

Bonifatiuswerk der deutschen Katholiken

Das 1849 gegründete Bonifatiuswerk ist das Hilfswerk für den Glauben und die Solidarität. Es unterstützt katholische Christinnen und Christen dort, wo sie in einer extremen Minderheitensituation, in der Diaspora, ihren Glauben leben. Mit seiner Bau-, Verkehrs-, Kinder- und Glaubenshilfe fördert es jährlich mehr als 1000 Projekte in Deutschland, Nordeuropa und dem Baltikum.

Bonifatiuswerk / © Andreas Kühlken (KNA)
Bonifatiuswerk / © Andreas Kühlken ( KNA )
Quelle:
DR

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