Mehrere Schulen setzen auf teure Corona-Bürgertests

Nochmalige Prüfung nach Kritik

In Nordrhein-Westfalen sollen mehrere Schulen, darunter auch sieben katholische, die verpflichtenden Corona-Selbsttests durch teurere Bürgertests ersetzt haben. Es wurde eine nochmalige Prüfung des Sachverhalts angestoßen.

Corona-Test in Schule / © Christoph Soeder (dpa)
Corona-Test in Schule / © Christoph Soeder ( dpa )

Mehrere Schulen in Nordrhein-Westfalen - darunter sieben katholische - sollen verpflichtende Corona-Selbst-Tests ihrer Schüler systematisch durch teurere Bürgertests ersetzt haben. Dafür seien gezielt Teststellen einer Kölner Firma vor oder in den Schulen eingerichtet worden, berichteten "Süddeutsche Zeitung", NDR und WDR (Dienstag). Schulleiter hätten die Eltern ihrer Schüler "dringend gebeten", das Testangebot der Firma wahrzunehmen. Teilweise seien Schüler klassenweise in die Testzentren gebracht worden. Betroffen seien mehr als ein Dutzend Schulen in Bonn, Köln und Düsseldorf, darunter sieben katholische Schulen des Erzbistums Köln.

Reihentestungen durch Bürgertestbetreiber

Systematische Reihentestungen durch Bürgertestbetreiber an Schulen sind in Deutschland laut den Medienberichten nicht vorgesehen - weder in Landes- noch in Bundesverordnungen. In NRW könnten private und staatliche Schulen auf einer eigens eingerichteten Internetseite Schnelltests bestellen, die dann auf Kosten des Landes geliefert würden. Das Gesundheitsministerium zahle derzeit 1,42 Euro pro Test inklusive Lieferung. Bürgertests, die der Bund bezahle, seien dagegen etwa achtmal so teuer.

"Anlassbezogene Abrechnungsprüfung"

Die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein, die für die Abrechnung der Bürgertests zuständig ist, führe derzeit bei der Firma "eine anlassbezogene Abrechnungsprüfung" durch, hieß es. Ein Anwalt der Firma habe die Vorwürfe zurückgewiesen. Auch die Stadt Köln habe erklärt, dass es keine reihenweisen Testungen von Schülern bei Bürgerteststellen gebe.

Weitere Prüfung des Angebots

Das Erzbistum Köln teilte auf Anfrage mit, es handele sich um "Bürgerteststellen im schulnahen Umfeld". Das Unternehmen habe im Frühjahr 2021 seine Unterstützung beim Testen angeboten. Das Erzbistum habe das Angebot geprüft und "als eine gute und vom Verordnungsgeber ausdrücklich zugelassene zusätzliche Alternative zu den Schultestungen" angesehen. Zudem sei die Kooperation von den jeweiligen Gesundheitsämtern genehmigt worden.

Nach Kritik habe man nun eine nochmalige Prüfung des gesamten Sachverhalts angestoßen, so das Erzbistum weiter. Aufgrund des geplanten Wegfalls der Testpflicht nach den Osterferien sei die Kooperationsvereinbarung mit der Firma bereits vor der aktuellen Berichterstattung einvernehmlich aufgelöst worden. Die Teststationen würden bis zum Monatsende abgebaut.

 

Stellungnahme des Erzbistums Köln

Auf Anfrage von DOMRADIO.DE antwortete das Erzbistum Köln in einer Stellungnahme wie folgt:

Die Kooperation des Erzbistums mit Sanicum zur Errichtung von Bürgerteststellen im schulnahen Umfeld ist relativ zu Beginn der schulischen Testverpflichtungen in der Pandemie im Frühjahr 2021 zunächst als Pilotprojekt entstanden. Zuletzt gab es im Umfeld von 7 Erzbischöflichen Schulen jeweils ein vom Gesundheitsamt nach Prüfung genehmigtes Bürgertestzentrum von Sanicum. Insgesamt ist das Erzbistum Träger von 33 Schulen.

Zur Entstehung

Als ehemalige Schülerin der Liebfrauenschule Bonn ist die Geschäftsführerin von Sanicum damals auf die Schulleitung zugegangen und hat ihre Unterstützung angeboten, da das eigenständige Testen für die Schulen Neuland war und mitten in der Pandemie zu weiterer Verunsicherung führte. Es erfolgten beim Schulträger verschiedene Prüfschritte, ob und in welcher Form eine Unterstützung durch Sanicum ggf. sinnvoll und möglich sein könnte. Geleitet von dem Ziel, den wichtigen Präsenzunterricht wieder möglich zu machen und gleichzeitig einen zuverlässigen Coronaschutz durch Testungen zu gewährleisten, wurde die Kooperation als eine gute und vom Verordnungsgeber ausdrücklich zugelassene zusätzliche Alternative zu den Schultestungen in Form einer Fremdtestung durch geschultes Personal angesehen. Gegenüber den Schulen hat das Erzbistum immer betont, dass die Tests freiwillig sind und als ergänzende, alternative Möglichkeit zu den Selbsttests fungieren und darum gebeten, dies auch so an die Schulgemeinschaft weiterzugeben. Die Schulen haben dann wie üblich in eigener Verantwortung die Elternschaft informiert.

Da das Erzbistum Köln jegliche Kooperationen grundsätzlich vertraglich absichert, wurde ein Kooperationsvertrag aufgesetzt.

Zur rechtlichen Einordnung

In rechtlicher Hinsicht ergab die Überprüfung, dass die Kooperation entsprechend der damals geltenden Regelungen möglich war. Andernfalls hätte der Träger das Angebot abgelehnt. Dies gilt auch für die Zeit nach dem 19.02.2022 (Änderung der Corona-Test-Strukturverordnung), denn die von der Fa. Sanicum durchgeführten Tests sind keine Schultestungen im Sinne der Corona-Test-Strukturverordnung. Das ergibt sich aus § 3 Abs. 4 CoronaBetrV, wo genau definiert ist, was eine Schultestung ist, und auch aus § 3 Abs. 3 Satz 2 Ziff. 2 derselben Vorschrift, worin benannt ist, welche alternativen Testnachweise möglich sind. Die Testungen durch die Fa. Sanicum sind solche alternativen Nachweise, die anstelle einer Schultestung vorgelegt werden können.

Sonstige Grundlagen

Darüber hinaus war die Voraussetzung, dass eine Prüfung und Zertifizierung des Betreibers sowie seines Konzepts sowie der konkreten örtlichen Verhältnisse durch das jeweilige Gesundheitsamt vorliegt. Es war und ist Aufgabe von Sanicum, sich um die Zulassung einer Bürgerteststelle und die Erfüllung der Bedingungen der Gesundheitsämter zu kümmern. Die Rechtsbeziehung von Erlaubnisbehörde und Erlaubnisempfänger besteht zwischen dem Teststellenbetreiber und dem Gesundheitsamt. Vereinfacht: Wenn das Gesundheitsamt genehmigt, hat der Schulträger daran nichts auszusetzen, und wenn es die Teststelle nicht genehmigt, wird keine Teststellennummer vergeben und es findet kein Teststellenbetrieb statt. Die Kooperation war immer flexibel gehalten, um dem jeweiligen Pandemiegeschehen Rechnung tragen zu können. Uns ist bekannt, dass auch zwischenzeitlich geänderte Vorgaben einzelner Gesundheitsämter von Sanicum umgehend aufgegriffen wurden.

Wir haben bei der Kooperation nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt. Dabei war es unser Anliegen, in der Pandemie unsere Schülerinnen und Schüler durch zusätzliche Testangebote zu unterstützen und diese auch für die Menschen in unserem schulnahen Umfeld nutzbar zu machen.

Zu diesen Fragestellungen nehmen wir aktuell auch gegenteilige Auffassungen wahr, die im Rückblick andere Schwerpunkte in den Vordergrund rücken. Diese grundlegende Kritik und die darin enthaltenen Hinweise zu Veränderungsbedarfen nehmen wir sehr ernst. Deshalb haben wir auch eine nochmalige Prüfung des gesamten Sachverhalts angestoßen. Aufgrund der Ankündigung des Schulministeriums, das anlasslose Testen mit den Osterferien zu beenden und angesichts der inzwischen stark reduzierten Testnotwendigkeiten für die verschiedenen Zwecke des Alltagslebens, haben wir die Kooperationsvereinbarung mit Sanicum bereits vor der aktuellen Berichterstattung einvernehmlich aufgelöst. Die Teststationen werden bis zum Monatsende abgebaut.

Hintergrund: Neue Corona-Schutzverordnung in NRW

In Nordrhein-Westfalen gelten seit Mitte März auch für Ungeimpfte keine Corona-Kontaktbeschränkungen mehr. Ebenso sind Zuschauer-Obergrenzen für Veranstaltungen entfallen. Die Maskenpflicht in Innenräumen - etwa beim Einkaufen und in Schulen - ist dagegen bis zum 2. April verlängert worden. In Freizeitbereichen wie Theater, Museen, Kinos, Zoos, Hotels und Gastronomie bleibt die 3G-Regel (geimpft, genesen oder getestet) vorerst erhalten.

Eine Maske liegt auf einem Stuhl am Altar während einer Messe / © Harald Oppitz (KNA)
Eine Maske liegt auf einem Stuhl am Altar während einer Messe / © Harald Oppitz ( KNA )
Quelle:
KNA