Kölner Domdechant wünscht sich zum CSD Offenheit und Dialog in Kirche

"Frohe Botschaft zu allen Menschen tragen"

In Köln wird beim Christopher Street Day die größte Demo für queere Menschen in Europa gefeiert. An einigen katholischen Kirchen wurden im Vorfeld Regenbogenfahnen abgerissen. Stadtdechant Robert Kleine wünscht sich mehr Offenheit.

Autor/in:
Carsten Döpp
Hände halten Fahnen hoch, die für Queerfreundlichkeit stehen  (shutterstock)
Hände halten Fahnen hoch, die für Queerfreundlichkeit stehen / ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Im Vorfeld des Christopher Street Day (CSD) an diesem Wochenende hat es in Köln einige unschöne Vorkommnisse gegeben. An katholischen Kirchen wurden Regenbogenfahnen abgerissen. Wie nehmen Sie so etwas wahr? 

Dom- und Stadtdechant Msgr. Robert Kleine / © Beatrice Tomasetti (DR)
Dom- und Stadtdechant Msgr. Robert Kleine / © Beatrice Tomasetti ( DR )

Msgr. Robert Kleine (Kölner Stadt- und Domdechant): Natürlich betrifft mich das, weil es um Intoleranz geht. Ich muss nicht alles gutheißen, aber ich muss akzeptieren, dass Menschen Rechte haben und für die Rechte eintreten. Dafür steht diese sogenannte Regenbogenfahne. Die Kirchengemeinden, die diese Fahnen hissen, wollen damit zeigen, dass sie Menschen so annehmen, wie sie sind, und dass niemand wegen seiner sexuellen Orientierung ausgegrenzt wird. 

Ich denke, das ist eigentlich etwas, das wir als katholische Kirche mittragen: dass jeder von Gott geliebt ist und dass man niemanden diskriminieren darf. Wenn diese Fahne verstanden wird als ein Zeichen der Nicht-Diskriminierung, sondern der Toleranz und sie weggerissen wird, macht mich das betroffen. 

DOMRADIO.DE: Letztes Jahr hat die katholische Kirche beim CSD im Vorfeld an einer Podiumsdiskussion teilgenommen. Sie waren auch beim Format "God Meets Gays" dabei. In welcher Form ist die katholische Kirche diesmal beim CSD präsent? 

Kleine: Bei der Parade gibt es Aktionen von der Jugend. Man muss die Frage von queeren Menschen oder Homosexualität besonders betrachten. Wir haben die kirchliche Lehre, die sagt, dass es die Ehe nur zwischen Mann und Frau gibt. Wir kennen die Diskussionen über Fragen der Moraltheologie oder die Frage, ob man diese Lehre verändern kann. Das war auch ein Thema auf dem Synodalen Weg.

Robert Kleine

"Ich kann Menschen nicht absprechen, dass sie sich lieben und dass Gott sie liebt."

Klar ist, dass die Lehre das nicht vorsieht und dass Sexualität zwischen Mann und Frau das ist, was von der Kirche gutgeheißen wird. "Gutheißen", von "benedicere=segnen", kann man seit Papst Franziskus auch gleichgeschlechtliche Paare. Nicht im sakramentalen Bereich und auch nicht in einer liturgischen, kirchlichen Feier, sondern sozusagen "en passant" (im Vorbeigehen, d. Red.). 

Ich kann Menschen nicht absprechen, dass sie sich lieben und dass Gott sie liebt. Etwas anderes ist, wie die eigene Sexualität demonstriert und gezeigt wird. Dafür steht die morgige Parade. Da habe ich manche Anfragen. Aber grundsätzlich soll man überlegen, wie man als Kirche seelsorglich mit queeren Menschen umgeht. 

Es gibt so viele, die sich in unseren Gemeinden engagieren und das Leben der Kirche mittragen. Das ist für mich ganz selbstverständlich, dass wir im Dialog stehen und dass wir unsere frohe Botschaft zu allen Menschen tragen. 

DOMRADIO.DE: Viele werfen der katholischen Kirche vor, sie gehe auf queere Menschen nicht zu. Es ändere sich nichts. Was sagen Sie diesen Menschen? 

Kleine: Die Kirche bewegt sich in kleinen Schritten und wir müssen bedenken, dass wir eine Weltkirche sind. Hier in Westeuropa ist unter dem Aspekt der Toleranz einiges möglich, zum Beispiel in unserem Land die Ehe gleichgeschlechtlicher Art, die staatlicherseits erlaubt ist. 

Ich schaue nach Polen, wo das anders aussieht und dann nach Afrika, wo ein ganz anderes Verständnis besteht. Die Kirche muss Regeln aufstellen und ihre Lehre überall vertreten. Das ist ein Spagat und ich glaube, dass Papst Franziskus mit dieser kleinen Öffnung schon einen großen Schritt getan hat. 

Wichtig ist mir, dass wir als Kirche offen sind und in den Dialog eintreten. Manchmal geschieht das aber auch in der stillen Weise. Wir feiern keinen Gottesdienst nur für queere Menschen, wie es vielleicht in evangelischen Kirchen an diesem Wochenende der Fall ist. Aber natürlich haben sie in unseren Kirchen Platz. Mir geht es darum, zu zeigen, dass niemand ausgegrenzt ist. 

Robert Kleine

"Ich glaube, dass Papst Franziskus mit dieser kleinen Öffnung schon einen großen Schritt getan hat."

Der Christopher Street Day ist vom Grunde her eine Demonstration für Freiheit und Gleichheit und gegen Homophobie. Natürlich gibt es da auch Darstellungen, die mir nicht zusagen. Weil ich immer denke, dass die Liebe zwischen zwei Menschen und Sexualität zwischen Menschen etwas Intimes ist, was ich nicht zu groß in die Öffentlichkeit trage. Es gibt auch Formen, wo es um Unterwürfigkeit geht, wo ich wirklich nichts mit anfangen kann. 

Wichtig ist für mich, dass sich die Kirche, und gerade die katholische Kirche zeigen muss. Dass sie niemanden ausschließt, sondern dass sie im Dialog ist und dass diese Botschaft, dass Gott die Menschen liebt und jeden Menschen geschaffen hat, niemanden ausschließt. 

Das Interview führte Carsten Döpp.

Quelle:
DR

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