DOMRADIO.DE: Schrille Gitarren, Heavy Metal und Rock in der Kirche - das ist das Konzept der Headbanger' Church. Warum finden Sie, dass Rock und Kirche gut zusammenpassen?
Matthias Fuchs (Pastoralreferent in der Kirchengemeinde Bruchsal-Michaelsberg): Das ist für mich ganz einfach: Jesus hat gesagt, er sei gekommen, um das Leben in Fülle zu bringen. Das ist immer dann, wenn das Leben tobt und wir Menschen von diesem Leben in Fülle eine Vorahnung bekommen und spüren, dass er dabei mit im Boot ist. Ich erlebe genau das in der Musik und wenn wir so miteinander Gottesdienst feiern. Deswegen passt das für mich ganz gut zusammen.
DOMRADIO.DE: Wie gestalten Sie diese Gottesdienste?
Fuchs: Ich lege Wert darauf zu betonen, dass es ein Gottesdienst ist. Es ist kein Konzert in unserer Kirche, sondern ein wirklich geistlich-spirituelles Geschehen. Der Gottesdienst besteht aus einem klassischen Beginn mit Kreuzzeichen, aus Musik, natürlich einem oder zwei Bibeltexten, einer Predigt, dem Vaterunser als gemeinsames Gebet und einem Segen zum Abschluss. Das sind Elemente, auf die ich im Gottesdienst nicht verzichten will.
DOMRADIO.DE: Und wie gut besucht ist die Kirche bei solchen Gottesdiensten?
Fuchs: Unsere Kirche hat etwa 400 Plätze, die bei unseren bisherigen zwei Gottesdienst belegt waren. Es war rappelvoll.
DOMRADIO.DE: Wen sprechen diese Gottesdienste an? Kommen da ausschließlich Fans dieser Musikrichtungen?
Fuchs: Es kommen viele aus unserer Kerngemeinde und viele kommen mit ihren Kutten, mit den schwarzen T-Shirts, mit Tattoos. Aber es kommen aber auch Menschen aus dem Umkreis, die einfach neugierig sind und sehen wollen, wie das abläuft und wie die Resonanz ist. Deswegen sind wir dabei bunt gemischt.
DOMRADIO.DE: Sie hatten die Idee für diesen Headbanger-Gottesdienst. Wie kam Ihr Vorschlag am Anfang bei der Gemeindeleitung an?
Fuchs: Ich habe gedacht, dass es vielleicht schwierig wird, die Menschen bei dieser Idee mit ins Boot zu holen. Aber ich wurde überrascht: Sowohl mein Dienstvorsitzender, unser leitender Pfarrer vor Ort, war sofort einverstanden, als auch der Pfarrgemeinderat und unser Dekan. Und von der Erzdiözese gab es nun sogar eine finanzielle Förderung für dieses Projekt. Ich bin echt glücklich, dass wir so eine gute Resonanz bekommen haben.
DOMRADIO.DE: Was macht Hard Rock mit Ihnen persönlich?
Fuchs: Ich stehe manchmal vor der Bühne, zum Beispiel beim Festival in Wacken und kann diese Musik so spüren und in mich aufnehmen, dass ich mich frage, woher diese Lebendigkeit in dem Moment kommt. Ich kann das schier nicht fassen vor Glück. Als Theologe und gläubiger Mensch bin ich überzeugt, dass das etwas mit Gott zu tun haben muss. Wenn ich vor Lebensfreude, vor Lebensfülle platzen könnte, dann ist das für mich eine religiöse Erfahrung.
DOMRADIO.DE: Die Band, die in Ihrer Kirche spielt, hat sich im letzten Jahr extra für den ersten "Headbanger-Gottesdienst" gegründet. Das Projekt scheint also eine Zukunft zu haben. Was haben Sie weiter geplant?

Fuchs: Wir wollen dieses Jahr im Dezember die nächste große "Headbangers' Church" feiern. Dann mit einem Akzent auf Advent und Weihnachten, also spielen wir vielleicht das ein oder andere ruhige Lied. Wir haben vor Kurzem in der Nachbargemeinde Gottesdienst gefeiert und haben Motorradfahrerinnen und Motorradfahrer eingeladen und sie im Anschluss gesegnet. Wir waren im vergangenen Dezember in einer Kneipe und sind dort mit Menschen ins Gespräch gekommen. Wir haben uns über Tattoos und Glaube unterhalten und die Menschen zu unserer Musik gesegnet. Wir haben noch einige Ideen.
DOMRADIO.DE: Sind Sie schon Vorbild für andere katholische Kirchengemeinden geworden?
Fuchs: Ich habe schon viele positive Rückmeldungen bekommen. Ich weiß, dass es im Kleinen, etwa im Rahmen einer Andacht, schon Versuche gibt, Heavy Metal in Kirchen zu bringen. Wir müssen aber ehrlich zugeben, dass das große Vorbild die evangelischen Kollegen aus der Schweiz sind. Da gibt es einen reformierten Pfarrer, der eine halbe Stelle als Metal-Pfarrer hat. Ich habe mir seine Arbeit auch schon angeguckt. Dort feiert man anders als wir es jetzt tun, aber das war sicherlich auch eine Quelle der Inspiration.
Das Interview führte Carsten Döpp.