Eine längere Lebensarbeitszeit darf aus Sicht der deutschen katholischen Bischöfe kein Tabu sein. Darüber hinaus fordern die Bischöfe einen fairen Lastenausgleich, nicht nur zwischen Jung und Alt.
Auch zwischen vermögenderen und ärmeren Senioren sei "eine moderate Umschichtung zwischen höheren und niedrigeren gesetzlichen Renten" denkbar. In ihrem am Donnerstag in Berlin vorgestellten Papier mit dem Titel "Zusammenhalt durch Reformen sichern" bekräftigen die Bischöfe die Errungenschaft des Sozialstaats, betonen aber zugleich die Notwendigkeit zügiger Reformen aller Sozialsysteme.
"Reformen ohne Spaltung, das ist der Leitgedanke unseres Textes", sagte der Hildesheimer Bischof Heiner Wilmer als Kommissionsvorsitzender. Es müsse um Lösungen gerungen werden, ohne sie zu diskreditieren; mit Respekt, einer neuen Sprache und ohne utopische Versprechen. Das von der Bundesregierung beschlossene Rentenpaket sei dabei ein schwieriger Kompromiss, so Wilmer weiter.
"Es kann nicht sein, dass die Lasten unverhältnismäßig auf die junge und jüngere Generation abgewälzt werden." Es dürfe aber ebenfalls nicht sein, dass die ältere Generation nach jahrelanger Arbeit und langem Einzahlen in die Altersarmut rutsche.
Kompromisse dringend nötig
Es gehe darum, Kompromisse zu finden, bekräftigte der Berater der Bischöfe, der Wirtschaftsweise Martin Werding. "Die Bischöfe machen keine ganz konkreten Vorschläge", so Werding. Aber sie stellten eine Reihe gut durchdachter Möglichkeiten vor.
Der Leiter der für das Papier zuständigen Arbeitsgruppe in der Kommission, Weihbischof Anton Losinger, fasste es so zusammen: "Mehr Zielgenauigkeit, weniger Gießkanne." Das gilt aus Sicht der Bischöfe auch für die Mütterrente, mit der vor allem Mütter unterstützt werden sollten, die vor besonderen Herausforderungen stünden.
Angesichts einer alternden Bevölkerung funktionierten zudem die bisherigen Systeme des Sozialstaats nicht mehr, etwa das Umlageprinzip bei der Rente. Eine zusätzliche Neuverschuldung lehnen die Bischöfe ab, dadurch drohe eine Verschuldungsspirale.
Kritisch bewerten die Bischöfe im aktuellen Reformpaket die parallele Erhöhung von Rente und Löhnen sowie eine generelle Haltelinie, also das Stabilisieren der Rente für alle. Auch eine allgemeine Erhöhung des Rentenniveaus halten sie für ungeeignet. Diese bekämpfe keine Altersarmut, sondern komme vor allem besser situierten Rentnern zugute. Stattdessen sei eine Haltelinie nur für Bezieher niedriger Renten denkbar. Auch die Beamtenversorgung müsse reformiert werden.
Politik keine Harmonieveranstaltung
Armutsbekämpfung sei wichtig, insbesondere der Kampf gegen versteckte Armut, bekräftigen die Bischöfe. Aber es sei eine von vielen Aufgaben. Wichtig sei es auch, "in der jetzigen Situation die Gewährung zusätzlicher Leistungen für Menschen zu vermeiden, die diese Leistungen gar nicht benötigen, weil sie bereits über auskömmliche eigene Mittel verfügen".
"Politik ist keine Harmonieveranstaltung", so die Mahnung der Bischöfe. Aber am Ende dürften in dem Reformprozess keine irrationalen Ängste geschürt und müssten Kompromisse gefunden werden.
Andernfalls missbrauchten die Ränder des politischen Spektrums die Verunsicherung in der Gesellschaft für ihre Interessen. Dabei gelte es, zu priorisieren. "Ökonomisches Handeln bedeutet immer, mit Knappheit zurechtzukommen", so der Augsburger Weihbischof Losinger. Das gelte auch für die soziale Absicherung.