Kardinal Müller kritisiert seinen Nachfolger Fernandez

"Theologischer Fehler"

Der frühere Chef der Glaubensbehörde im Vatikan hat eine theologische Entscheidung seines Nachfolgers scharf kritisiert. Die Glaubensbehörde habe bezüglich der Beichte bei einem Ehebruch eine "überraschende Behauptung" aufgestellt.

Kardinal Gerhard Ludwig Müller / © Francesco Pistilli (KNA)
Kardinal Gerhard Ludwig Müller / © Francesco Pistilli ( KNA )

Das schreibt der frühere Chef der Glaubensbehörde im Vatikan, Kardinal Gerhard Ludwig Müller, in einem Offenen Brief an den Prager Kardinal Dominik Duka. Demnach könnten die Sünder nun selbst entscheiden, ob sie die Freisprechung von ihrer Sünde erhalten, und müssten nicht, wie bisher gelehrt wurde, demütig um Verzeihung der Sünde bitten. Das laufe auf eine "Selbst-Absolution" hinaus, die sich kaum von protestantischen Vorstellungen unterscheide.

Papst Franziskus und Erzbischof Victor Manuel Fernandez / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Papst Franziskus und Erzbischof Victor Manuel Fernandez / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )

Weiter schreibt Müller: "Es ist erstaunlich, dass das Glaubensdikasterium dem Heiligen Vater einen Text mit derartigen theologischen Fehlern zur Unterschrift vorlegen konnte und damit die Autorität des Heiligen Vaters kompromittierte."

Sakramente für Wiederverheiratete 

In der Sache geht es um die Auslegung des Papstschreibens Amoris laetitia von 2016. Darin war angedeutet worden, dass wiederverheiratete Geschiedene unter bestimmten Umständen wieder zu den Sakramenten zugelassen werden könnten, obwohl ihre erste Ehe kirchenrechtlich weiter besteht. Unter welchen Umständen dies möglich ist, wird seither von Moraltheologen, Kirchenrechtlern und Bischöfen kontrovers diskutiert.

Eine eher liberale Auslegung hatten im September 2016 die Bischöfe der Region Buenos Aires festgeschrieben. Diese wiederum hatte Papst Franziskus offiziell schriftlich gutgeheißen. Daraufhin hatte Kardinal Duka Zweifelsfragen ("dubia") zur Verbindlichkeit dieser Auslegung an die vatikanische Glaubensbehörde geschickt. Deren neuer Präfekt, Kardinal Fernandez, hatte ihm geantwortet, dass diese Auslegung verbindlich sei und dass sie in ungebrochener Kontiunität von Franziskus' Vorgängern im Amt stehe.

Bruch mit der Lehre 

Auch diesen Teil des Bescheids von Fernandez kritierte Müller in seinem Schreiben. Die Antwort und die "Auslegung von Buenos Aires" zeugten von einem Bruch mit der Lehre von Johannes Paul II. (1978-2005) und Benedikt XVI. (2005-2013). Außerdem widerspreche die Antwort von Fernandez anderen Lehren der Kirche, die auf definitive Weise als Bestandteil der kirchlichen Glaubenswahrheiten gelehrt worden seien.

Fernandez (61) leitet seit einem Monat das sogenannte Dikasterium für die Glaubenslehre im Vatikan und ist seit Ende September Kardinal. Müller (75) leitete die Glaubensbehörde von 2012 bis 2017 und wurde dann von Papst Franziskus nicht mehr in diesem Amrt bestätigt. Derzeit nehmen beide Kardinäle an der Weltsynode im Vatikan teil. Sie handelt von einem neuen Umgang innerhalb der Kirche.

Glaubenskongregation

Die Glaubenskongregation ist die älteste und in dogmatischen Fragen höchste vatikanische Kurienbehörde. 1542 unter Papst Paul III. als "Kongregation der Römischen und Universalen Inquisition" ins Leben gerufen, sollte sie nach der Reformation den katholischen Glauben rein erhalten, Glaubensverstöße untersuchen und gegebenenfalls bestrafen. 1908 wurde die Inquisitions-Kongregation zum "Heiligen Offizium".

Gebäude der Kongregation für die Glaubenslehre, Palazzo del Sant Uffizio / © Romano Siciliani (KNA)
Gebäude der Kongregation für die Glaubenslehre, Palazzo del Sant Uffizio / © Romano Siciliani ( KNA )
Quelle:
KNA