Jüdischer Karnevalist erklärt Geheimhaltung an Rosenmontag

"Das ist sehr, sehr schade"

Beim Kölner Rosenmontagszug fuhren auch die Kölschen Kippa Köpp mit. Das war vorher nicht bekannt. Präsident Aaron Knappstein erklärt, was es mit der Geheimhaltung auf sich hatte und wie Juden im Kölner Karneval verwurzelt sind.

Die Kölschen Kippa Köpp auf dem Rosenmontagszug 2023: links Präsident Aaron Knappstein, rechts Schriftführer Volker Scholz-Goldenberg / © Kölsche Kippa Köpp
Die Kölschen Kippa Köpp auf dem Rosenmontagszug 2023: links Präsident Aaron Knappstein, rechts Schriftführer Volker Scholz-Goldenberg / © Kölsche Kippa Köpp

DOMRADIO.DE: Die Kippa Köpp waren erstmalig im Rosenmontagszug vertreten – und keiner durfte es wissen?

Aaron Knappstein (Präsident der "Kölsche Kippa Köpp e.V. vun 2017"): Ja, das ist richtig. Wir wurden gebeten, das Ganze aus Sicherheitsgründen geheim zu halten und deswegen wurden wir dementsprechend auch nicht angekündigt.

Aaron Knappstein, Präsident des jüdischen Karnevalsvereins "Kölsche Kippa Köpp" / © Julia Steinbrecht (KNA)
Aaron Knappstein, Präsident des jüdischen Karnevalsvereins "Kölsche Kippa Köpp" / © Julia Steinbrecht ( KNA )

DOMRADIO.DE: Wie ist das, sich im Karneval so inkognito bewegen zu müssen?

Knappstein: Das ist sehr, sehr schade. Und es lag, muss man dazu sagen, hauptsächlich an unseren Gästen, die wir mit an Bord hatten. Mit dem israelischen Botschafter und auch mit Abraham Lehrer, dem Zentralrats-Vizepräsidenten waren zwei Personen an Bord, die unter Personenschutz stehen. Das macht das LKA besonders nervös und deswegen wurden wir darum gebeten. Wir Kippa Köpp selber haben ja vor kurzem auch eine öffentliche Veranstaltung gehabt, die ohne solche Vorkehrungen funktionierte. Aber es war ganz verständlich, dass wir das gestern so machen mussten.

DOMRADIO.DE: Und das LKA ist auch mitgelaufen?

Knappstein: Ja, wir sind begleitet worden. Ich habe selber nicht alle sofort erkannt. Beim ein oder anderen Superman habe ich erst danach gewusst, dass der vom LKA war.

DOMRADIO.DE: Ursprünglich sollten Sie vor zwei Jahren schon mitfahren und -laufen, eben nicht zum 200-jährigen Karnevalsjubiläum, sondern zu einem jüdischen Jubiläum.

Knappstein: Ja, ganz genau. Auch gestern waren wir Gäste vom ehemaligen Verein 321-2021, also dem Verein, der das Festjahr "1.700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland" organisiert hat. Das war auch unser Motto und unser Grund, warum wir gestern mitgefahren sind.

DOMRADIO.DE: Der Karnevalswagen, mit dem Sie unterwegs waren, trug die Aufschrift "1.700 Jahre fest verwurzelt in Deutschland – Schalömche un Alaaf". Inwiefern waren die Juden in den vergangenen 200 Jahren auch am Kölner Karneval beteiligt?

Der Wagen, mit dem die Kölschen Kippa Köpp auf dem Rosenmontagszug 2023 unterwegs waren / © Kölsche Kippa Köpp
Der Wagen, mit dem die Kölschen Kippa Köpp auf dem Rosenmontagszug 2023 unterwegs waren / © Kölsche Kippa Köpp

Knappstein: Schon im zweiten Jahr des Karnevals, also 1824, wurde ja der Vorläufer der Jungfrau eingeführt, die Venetia. Und diese wurde dargestellt von Simon Oppenheim, einem jüdischen Kaufmann aus Köln. Das zeigt, wie verwurzelt die Juden damals in der Stadt gewesen sein müssen, denn sonst hätte man ihnen sicherlich nicht ein solches Amt angetragen vom "Festordnenden Komitee", wie es ja damals hieß.

So kann man sehen, dass von Anfang an Juden und Jüdinnen im Karneval aktiv waren, dann später auch durch den jüdischen Karnevalsverein. Und es gab natürlich eine Unmenge an jüdischen Menschen, die einfach Karneval gefeiert haben, so wie die Menschen gestern auch auf der Straße.

Aaron Knappstein (Präsident der "Kölsche Kippa Köpp e.V. vun 2017")

"Es gab natürlich eine Unmenge an jüdischen Menschen, die einfach Karneval gefeiert haben."

DOMRADIO.DE: Und in der Zeit des Nationalsozialismus ließen sich dann aber auch die Kölner Karnevalisten von der braunen Ideologie anstecken, oder?

Knappstein: Ja, leider. Und auch sehr, sehr früh. Der Karneval war kein Hort des Widerstands, wie das bis vor einigen Jahrzehnten ja so ein bisschen transportiert wurde. Die Angleichung an das Machtsystem der Nationalsozialisten ging relativ schnell vonstatten. Und es gibt auch Beispiele, wo schon vor 1933 Karnevalsvereine Juden die Mitgliedschaft verboten hatten.

DOMRADIO.DE: Wie war es für Sie persönlich, gestern beim Rosenmontagszug dabei gewesen zu sein?

Knappstein: Als Kölner ist man immer wahnsinnig happy, wenn man so eine Gelegenheit hat. Ich durfte das zweite Mal mitgehen, früher mal bei der Stadtgarde und jetzt bei den Kippa Köpp. Das war ein riesengroßes Erlebnis, das ich sofort wiederholen könnte.

Das Interview führte Tobias Fricke.

Quelle:
DR