Jesuiten-Generaloberer Arturo Sosa wird 75 Jahre alt

Lebenslange Nachfolge

Zwei der mächtigsten Männer der Kirche sind Jesuiten. Papst Franziskus ist der Nachfolger Petri, Arturo Sosa der des Heiligen Ignatius. Franziskus und Sosa vereint nicht nur ihre Herkunft. Beide Ämter gelten eigentlich auf Lebenszeit.

Autor/in:
Severina Bartonitschek
Arturo Sosa Abascal, Generaloberer der Jesuiten / © Stefano Dal Pozzolo/Romano Siciliani (KNA)
Arturo Sosa Abascal, Generaloberer der Jesuiten / © Stefano Dal Pozzolo/Romano Siciliani ( KNA )

"Christus ist auch nicht vom Kreuz herunterstiegen. Päpste und Generäle der Gesellschaft Jesu sterben im Amt." So soll Papst Johannes Paul II. einst Rücktrittsgesuche von Leitern des Jesuitenordens zurückgewiesen haben.

Bezeichnend ist diese Formulierung – galten doch die Ordensgeneräle wegen ihrer kirchenpolitischen internationalen Macht und wegen ihrer Ordenstracht als "schwarzer Papst". Ihr Amt gilt, wie das des "weißen Papstes", auf Lebenszeit.

Sosa ist trotz Krisen voller Tatendrang

Aber genauso wie beim Chef der Weltkirche gab es zuletzt auch schon Rücktritte vom obersten Leitungsamt der Jesuiten. In naher Zukunft dürfte ein Wechsel aber nicht vorgesehen sein.

Arturo Sosa Abascal, Generaloberer der Gesellschaft Jesu (Jesuitenorden), am 27. November 2019 in Rom / © Cristian Gennari/Romano Sicilian (KNA)
Arturo Sosa Abascal, Generaloberer der Gesellschaft Jesu (Jesuitenorden), am 27. November 2019 in Rom / © Cristian Gennari/Romano Sicilian ( KNA )

Seit 2016 steht der Venezolaner Arturo Sosa an der Spitze des weltgrößten katholischen Männerordens. Am Sonntag (12. November) vollendet der Ordensgeneral mit dem weißen Schnauzbart sein 75. Lebensjahr.

Trotz Krisen soll er voller Tatendrang sein, keinesfalls amtsmüde, heißt es aus Ordenskreisen. Seit rund einem Jahr beschäftigt der Fall des nun ehemaligen Jesuiten Marko Rupnik (68) öffentlich die Ordenszentrale in Rom.

Eine dunkle Wolke über dem Orden

Dem slowenischen Priester werfen rund ein Dutzend Ordensfrauen vor, sie unter Ausnutzung seiner geistlichen Autorität zu sexuellen Handlungen gebracht zu haben.

Der Jesuitenorden verhängte Auflagen gegen Rupnik, der als Mosaikkünstler auch zahlreiche Kirchen gestaltete. Der 68-Jährige verstieß mehrfach gegen die Anordnungen; die Jesuiten schlossen ihn aus.

Die Diskussionen auch rund um die Ermittlungen zu seinem Fall halten an; sie schweben weiter wie eine dunkle Wolke über dem Orden und belasten auch das Verhältnis zu Papst Franziskus.

Immer wieder steht die Frage im Raum, ob er Rupnik von Strafen verschont oder gar gedeckt habe. Nun hat Franziskus persönlich die Verjährungsfristen in dem Fall aufgehoben und die vatikanische Glaubensbehörde mit der Untersuchung beauftragt.

Vom linken Regime Nicaraguas unterdrückt 

Ganz andere Sorgen bereitet der Umgang mit den Jesuiten in Nicaragua. Erst hatte das sandinistische Regime die dortige Jesuitenuniversität konfisziert, wenig später den gesamten Orden im Land für illegal erklärt und die Beschlagnahmung des Vermögens angeordnet.

Ein Plakat wirbt am 8. April 2018 am Ufer des Nicaraguasees in Nicaragua für das sandinistische Präsidentenpaar Daniel Ortega und Rosario Murillo, Vizepräsidentin von Nicaragua. Christlich, sozialistisch, solidarisch steht ebenso darauf zu lesen wie "Tiempos de Victorias", dt. Zeiten des Sieges, und "Por Gracias de Dios", dt. durch die Gnade Gottes. / © Tobias Käufer (KNA)
Ein Plakat wirbt am 8. April 2018 am Ufer des Nicaraguasees in Nicaragua für das sandinistische Präsidentenpaar Daniel Ortega und Rosario Murillo, Vizepräsidentin von Nicaragua. Christlich, sozialistisch, solidarisch steht ebenso darauf zu lesen wie "Tiempos de Victorias", dt. Zeiten des Sieges, und "Por Gracias de Dios", dt. durch die Gnade Gottes. / © Tobias Käufer ( KNA )

Als Aggression und inszeniertes Komplott, um die Bevölkerung zu ersticken, verurteilte Sosa die Vorgänge und bat darum, die Maßnahmen rückgängig zu machen.

Für rund 14.000 Ordensmitglieder in aktuell 122 Ländern ist Sosa verantwortlich. Die Aufgabenfelder der Jesuiten sind hauptsächlich Schulen, Universitäten und Medienarbeit.

Intellektuelle Elite und Avantgarde des Katholizismus

Wegen ihrer exzellenten Ausbildung und ihrer strengen geistlichen Übungen (Exerzitien) gilt die Gesellschaft Jesu als intellektuelle Elite und Avantgarde des Katholizismus.

Wie andere katholische Orden befinden sich auch die Jesuiten in einem Strukturwandel. Während die Zahl der Mitglieder in Europa und Nordamerika stetig abnimmt, steigt sie vor allem in afrikanischen Staaten und in Asien.

Der aktuelle Papst Franziskus ist der erste Jesuit an der Spitze der Weltkirche. Sein Amtssitz liegt nur einen Steinwurf von dem seines jesuitischen Mitbruders entfernt.

Der erste "weiße" und der erste "schwarze" Papst

Kurz nacheinander kamen beide in die Ewige Stadt. Der eine ist der erste "weiße", der andere der erste "schwarze Papst" aus Lateinamerika.

Papst Franziskus empfängt die Kommunion von Arturo Sosa Abascal, Generaloberer der Gesellschaft Jesu, bei einem Gottesdienst zum 400. Jahrestag der Heiligsprechung fünf bedeutender Heiliger am 12. März 2022 in der Kirche Il Gesu in Rom  / © Vatican Media/Romano Siciliani/K (KNA)
Papst Franziskus empfängt die Kommunion von Arturo Sosa Abascal, Generaloberer der Gesellschaft Jesu, bei einem Gottesdienst zum 400. Jahrestag der Heiligsprechung fünf bedeutender Heiliger am 12. März 2022 in der Kirche Il Gesu in Rom / © Vatican Media/Romano Siciliani/K ( KNA )

Seit 2014 arbeitet Sosa in der Generalkurie in Rom. Bis zu seiner Wahl zum 30. Nachfolger des Ordensgründers Ignatius von Loyola war er dort für die internationalen Häuser und Institutionen der Gesellschaft Jesu zuständig.

Schon zuvor arbeitete er als wichtiger Berater für seinen Amtsvorgänger – mit Sitz in Venezuela. In der Hauptstadt Caracas wurde Sosa 1948 geboren, trat 1966 in den Orden ein und wurde 1977 zum Priester geweiht.

Amtsverzicht noch nicht in Sicht

Acht Jahre lang stand er den Jesuiten in Venezuela vor und leitete bis zu seiner Berufung nach Rom die katholische Universität in San Cristobal.

Mit 75 Jahren wird er, anders als Diözesanbischöfe, Kurien- sowie manche Ordensleiter, nicht seinen Amtsverzicht anbieten.

Seine beiden Vorgänger zogen sich mit etwa 80 Jahren von ihrer Position zurück. Eine Übereinkunft oder Absprache gebe es dafür aber nicht, heißt es bei den Jesuiten.

Man könne davon ausgehen, dass Generäle individuell und je nach Situation entscheiden, ob und wann sie den Papst um Entbindung von ihrem Amt bitten.

Jesuiten - Eine Chronologie

1521: Bei einer Belagerung von Pamplona wird der junge baskische Landadlige Inigo Lopez de Onaz de Loyola (Ignatius, 1491-1556) schwer verletzt; seine Militärkarriere ist dahin. Fortan will er Heiliger statt Ritter werden.

1534: Ignatius legt mit Francisco de Xavier (Franz Xaver, 1506-1552) und weiteren Gefährten auf dem Pariser Montmartre geistliche Gelübde ab - die Geburtsstunde der Jesuiten. Die Ziele: geistliche Erneuerung durch Christus-Beziehung und Gehorsam gegenüber dem Papst.

Ignatius von Loyola / © Maria Irl (KNA)
Ignatius von Loyola / © Maria Irl ( KNA )
Quelle:
KNA