Hisbollah droht mit Angriffen auf Tel Aviv

Erneute Angriffe auf Beirut

Israel hat die Angriffe auf den Libanon aus der Luft und am Boden ausgeweitet.  Kampfflugzeuge haben in der Nacht erneut Ziele im Süden Beiruts angegriffen. Bombardiert wurden Vororte der libanesischen Hauptstadt, die als Hochburgen der radikal-islamischen Hisbollah gelten. Die Armee bereitet sich darauf vor, den Südlibanon komplett einzunehmen.

 (DR)

Israel hat die Angriffe auf den Libanon aus der Luft und am Boden ausgeweitet.  Kampfflugzeuge haben in der Nacht erneut Ziele im Süden Beiruts angegriffen. Bombardiert wurden Vororte der libanesischen Hauptstadt, die als Hochburgen der radikal-islamischen Hisbollah gelten.
Die Armee bereitet sich darauf vor, den Südlibanon komplett einzunehmen. Luftlandetruppen lieferten sich Augenzeugen zufolge heftige Kämpfe in der ostlibanesischen Hisbollah-Hochburg Baalbek. Das israelische Kabinett hat im Prinzip einem Vorstoß bis zum Litanifluss im Libanon zugestimmt, doch vorläufig will die Armee offensichtlich eine Sicherheitszone einrichten, die mehr oder weniger jener Zone entspricht, aus der sich Israel im Jahr 2000 zurückgezogen hat. Diese Zone werde menschenleer sein, hieß es in Jerusalem, denn die gesamte Bevölkerung sei zur Flucht aufgefordert worden.

Auch die Hisbollah-Miliz hat weiter Raketen auf Israel abgeschossen. Der Chef der radikalislamischen Hisbollah-Miliz, Nasrallah, hat zudem erstmals mit Raketenangriffen auf Tel Aviv gedroht. Er bot in einer Fernsehansprache andererseits auch an, die Raketenangriffe auf israelische Städte einzustellen, wenn Israel seinerseits die Luftangriffe im Libanon beende. Darauf ging die israelische Regierung jedoch nicht ein.
Religiöse Führer von Christen und Muslimen im Libanon haben einen sofortigen Waffenstillstand und die Selbstbestimmung ihres Landes gefordert.

Israel gesteht Fehler im Dorf Kana ein
Israel hat bei der Bombardierung des Dorfes Kana einen Fehler eingestanden. In der libanesischen Ortschaft starben am Sonntag 28 Menschen, die meisten von ihnen Frauen und Kinder. 13 Personen werden noch vermisst.
In einem in Untersuchungsbericht zu dem weltweit Empörung auslösenden Vorfall werfen die israelischen Streitkräfte aber auch der Hisbollah-Miliz vor, Zivilpersonen als Schutzschilde für ihre Raketenangriffe zu nutzen. Man habe nicht gewusst, dass sich Zivilpersonen in dem angegriffenen Gebäude befunden hätten, heisst es in einer Zusammenfassung.

"Die Schlacht hat eine neue Richtung genommen"
Bereits am Mittwoch hatten sich die Kämpfe weiter ausgeweitet. Israel hat die Angriffe auf den Libanon aus der Luft und am Boden ausgeweitet. Luftlandetruppen lieferten sich Augenzeugen zufolge heftige Kämpfe in der ostlibanesischen Hisbollah-Hochburg Baalbek. Nach libanesischen Angaben wurden bei dem Einsatz mindestens zehn Zivilisten getötet. Die Hisbollah-Miliz reagierte und hat nach eigener Angabe 200 Raketen auf Israel abgeschossen.

Die schiitische Hisbollah-Miliz hat nach eigenen Angaben einen neuen Raketentyp eingesetzt, der eine Reichweite über die israelische Stadt Haifa hinaus haben soll. Die Geschosse mit der Bezeichnung Chaibar-1 hätten den Ort Afula 50 Kilometer südlich der israelisch-libanesischen Grenze getroffen. "Die Schlacht hat eine neue Richtung genommen", sagte ein Hisbollah-Funktionär in Beirut.

Israelische Behördensprecher bestätigten den Einschlag von fünf Raketen in Feldern in der Umgebung Afulas. Es habe keine Verletzten gegeben. Der Angriff kam zwei Tage nach der Ankündigung von Hisbollah-Führer Scheich Hassan Nasrallah, im Kampf gegen Israel werde eine neue Phase mit Waffen eröffnet, die weiter als das bereits mehrfach getroffene Haifa fliegen können. Das Gebiet von Afula wurde bereits mehrfach angegriffen.

Krieg geht bereits in die vierte Woche
Über den Zeitpunkt einer möglichen Waffenruhe gibt es weiter unterschiedliche Aussagen.
Israels Armee erklärte am Morgen, sie habe bei dem Vorstoß in Baalbek "einige Terroristen" gefangen genommen. Sie seien nach Israel gebracht worden. Auf israelischer Seite habe es bei dem Einsatz keine Verletzten gegeben. Weitere Details zu den Gefangenen wurden nicht mitgeteilt. In libanesischen Sicherheitskreisen hieß es, mindestens drei Mitglieder der Hisbollah von eher niedrigem Rang seien gefasst worden.

Israels Justizminister Haim Ramon hatte am Dienstag gesagt, nach Ablauf der am frühen Montag ausgerufenen Feuerpause von 48 Stunden würden auch die Luftangriffe am Mittwoch wieder in voller Stärke aufgenommen.

Der Krieg in der Region geht inzwischen in die vierte Woche. Während Israel Ziele im Libanon angreift, feuert die Hisbollah Raketen auf Israel. Bislang sind im Libanon mindestens 631 und in Israel 54 Menschen getötet worden. Hunderttausende sind auf der Flucht. Die UN wollen vermutlich noch in dieser Woche über die Entsendung einer internationalen Schutztruppe in den Libanon beraten.

Christen und Muslimen: Erste gemeinsame Erklärung seit zehn Jahren
Die religiösen Führer von Christen und Muslimen haben einen sofortigen Waffenstillstand und die Selbstbestimmung ihres Landes gefordert. Dabei kritisierten sie indirekt die Hisbollah. Das Gewaltmonopol des Staates müsse gewahrt bleiben, hieß es in einer Erklärung der Religionsführer, die nach ihrem Treffen am Dienstag am Sitz des maronitischen Patriarchen nördlich von Beirut veröffentlicht wurde. Damit wandten sich die christlichen und muslimischen Religionsführer im Libanon erstmals seit zehn Jahren gemeinsam an die Öffentlichkeit.

Sie appellierten, der libanesische Staat müsse "seine vollständige Souveränität über das gesamte Staatsgebiet zurückerhalten". Dies wird als Kritik an der Hisbollah gewertet, die außerhalb staatlicher Kontrolle im Südlibanon aktiv ist. Zugleich kritisieren die Religionsführer Israel. Dessen Armee sei für Kriegsverbrechen verantwortlich. An dem Treffen nahmen der maronitische Kardinal Nasrallah Sfeir, der sunnitische Mufti Mohammed Kabbani und der Vorsitzende des obersten schiitischen Rates, Abdel Amir Kabalan, teil.
(KNA, dr)

Dr. Reinhard Voß von der katholischen Friedensorganisation, Pax Christi,  verurteilt auf das Schärfste alle Angriffe, die Zivilisten und Städte treffen, ebenso die ungerechtfertigte und unverhältnismäßige Gewaltanwendung Israels im Libanon und in Gaza. Der Zyklus von Gewalt und Gegengewalt muss beendet werden.

Hören Sie im domradio-Interview Nahost-Korrespondent Ulrich Sahm zur aktuellen Lage in Israel und im Libanon: "Es ist schwer, die Lage richtig einzuschätzen; noch schwerer ist es, ein Ende dieses Krieges vorherzusagen."

Dieser „Krieg macht keinen Sinn", meint der evangelische Pfarrer Uwe Weltzien. Er arbeitet seit 1999 in der evangelischen Gemeinde in Beirut. Hören Sie den Geistlichen hier im domradio-Interview.