Ein blauer Himmel ist wie ein blaues Wunder

Himmlische Gefühle

Farben senden Botschaften. Blau ist die wohl beliebteste Farbe - gerade in Sommerzeiten. Es symbolisiert Ferne und Unendlichkeit. Doch es kann auch Kälte ausstrahlen. Eine kleine Farbenkunde zu den heißen Tagen.

Autor/in:
Christoph Arens
Blauer Himmel / © Pakhnyushchy (shutterstock)

Wolkenloser Himmel, klares Wasser. Eine Fahrt ins Blaue: Wer jetzt freie Tage hat, sehnt sich nach Blau. Die Farbe steht für Weite und Frische, Horizont und Unendlichkeit. Der sommerliche Himmel und blau funkelnde Fluten wecken himmlische Gefühle.

Blaue Wunder aber gibt es auch andere: die mittelalterlichen Fenster der Kathedrale von Chartres beispielsweise, oder die von Marc Chagall geschaffenen Fenster der Stephanskirche in Mainz. Dass Blau als eine der vier Urfarben auf das Göttliche, Unendliche, Geistige verweist, lässt sich auch aus der mittelalterlichen Buchmalerei ablesen. So erscheint die Jungfrau Maria auf Gemälden oft in hell leuchtendem Blau.

Blau als Markenzeichen

Yves Klein hat das Blau zu seinem Markenzeichen gemacht. Nachdem er zunächst mit verschiedenen Farben experimentierte, konzentrierte er sich bald auf großflächige monochrome Bilder in tiefem Ultramarin. 1955 erfand er auf der Suche nach dem perfekten Blau ein neues Bindemittel, das die Leuchtkraft der blauen Farbpigmente nicht einschränkte. Das Blau, befindet er, "ist das sichtbar werdende Unsichtbare". Man wird förmlich in seine Bilder hineingesogen.

"Blau - Bezeichnung für jede vom Gesichtssinn vermittelte Farbempfindung, die durch Licht einer Wellenlänge zwischen 440 und 485 Nanometer oder durch additive Farbmischung von Grün und Violett beziehungsweise subtraktive Mischung von Blaugrün und Purpur hervorgerufen wird" - so heißt es im Lexikon. Marketing-Experten äußern sich da überschwänglicher.

"Rastlos vorwärtsdrängend"​

"Blau ist Geschmack" behauptete eine bayerische Molkerei in einer bundesweiten Werbekampagne. Die Werbefachleute wollten "Dynamik, Reinheit und Fortschrittlichkeit präsentieren". Bestätigt wird diese Einschätzung von der Farb-Psychologie: Menschen, die Blau bevorzugen, seien "rastlos vorwärtsdrängend" und liebten die Klarheit, hat der auch als "Farben-Papst" bezeichnete Psychologe Heinrich Frieling festgestellt.

Blau war schon im Mittelalter eine häufig anzutreffende Farbe, denn sie ist relativ leicht und günstig herzustellen. Wichtigste Grundstoffe waren der aus Indien stammende Indigo oder der etwas weniger intensiv färbende einheimische Färberwaid. Seine Blätter wurden in Kübeln mit menschlichem Urin und Alkohol vergärt. Dabei sprachen die Färber dem Alkohol auch selber fleißig zu. Sie waren "blau" und machten "blau".

Weit verbreitet - Blue Jeans

Blau ist eine Allerweltsfarbe: Als 1873 der deutsche Auswanderer Levi Strauss zusammen mit Jacob Davis seine Goldgräberhosen mit Metallnieten in den USA zum Patent anmeldete, waren die Jeans geboren. Sie waren robust, haltbar - und blau. Ein Stoff und eine Farbe für alle, spätestens seit den 1960er Jahren.

"Blaues Blut" dagegen steht für die vermeintliche Exklusivität des Adels. Vermutlich erklärt sich der Begriff dadurch, dass Adelige es sich leisten konnten, im Schatten zu ruhen statt auf dem Feld zu arbeiten. Auf ihrer blassen Haut erschienen die Venen bläulich.

Etwa eine Million unterschiedliche Farben kann das menschliche Auge unterscheiden. Rund 50.000 bis 100.000 Farbnuancen dürften als Blau zu bezeichnen sein, schätzt der Normenausschuss Farbe in Berlin. Von Himmelblau bis zum Preußischblau, vom Ultramarinblau bis zum Pariser Blau kennt die Farbpalette kaum eine Grenze.

Eine "schwierige" Farbe

Gerade deshalb ist die Auswahl des rechten Blautons ein Balance-Akt: "Blau ist die problematischste Farbe, die es gibt", warnt der Werbemanager Wolfgang Raczek. "Je dunkler, desto schwermütiger, und je heller, desto frostiger erscheint sie." Auch Harald Ackerschott, Wirtschaftspsychologe in Bonn, kann davon ein Lied singen. "Reines Blau ist eine kalte, technische Farbe, die man vor allem in großen Produktionsbetrieben oder Kernkraftwerken findet."

Raczek und Ackerschott hätten auch Goethe zitieren können: Der Meister beschrieb in seiner Farbenlehre die eigenartige Nähe des Blau zu den Extremen. Fast weiß strahlt es am Tageshimmel, fast schwarz schimmert es in der Nacht, und als Dunst verschleiert es das Wirkliche. Blau ist deshalb auch die Farbe des Dämonischen. Wer eine Fahrt "ins Blaue" unternimmt, fährt ins Unabsehbare. Und wer "ins Blaue hinein redet", spricht ins Ungewisse.


Quelle:
KNA